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  7. Granaten-Attrappe verloren: Druck auf Innenministerin Zieschang steigt

Landtag soll Rüge aussprechen Verschwundene Granaten-Attrappe setzt Innenministerin Zieschang unter Druck

Erst eine Kalaschnikow-Nachbildung, die es gar nicht mehr hätte geben dürfen - jetzt eine offenbar gestohlene Granaten-Attrappe: Das Durcheinander in Asservatenkammern der Polizei belastet Landesinnenministerin Tamara Zieschang. Jetzt fordert die Linke Konsequenzen.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 16.04.2024, 17:01
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Magdeburg/MZ - Nach einem weiteren Fall von Schlamperei in einer Asservatenkammer der Polizei fordert die Linke, dass der Landtag Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) eine Missbilligung ausspricht. Gerügt werden sollen nicht nur die „schwerwiegenden Mängel“ in der Asservatenverwaltung, sondern auch eine Behinderung der Aufarbeitung.

Zieschang habe versucht, die Aufklärungsbemühungen des Landesrechnungshofes „als ungenau, überspitzt und nicht den Tatsachen entsprechend zu diskreditieren“, heißt es in dem Antrag, den die Linksfraktion zur Landtagssitzung in der kommenden Woche eingereicht hat.

Granatenattrappe lag im Privatauto eines Polizisten

Aktueller Anlass der Kritik ist der Umgang mit einer Handgranaten-Attrappe. Diese sollte eigentlich in der Asservatenkammer des Polizeireviers Harz unter Verschluss sein, lag aber bis zum vergangenen Donnerstag im Privatauto eines Polizisten. Über den Vorgang hat zuerst die Magdeburger Volksstimme berichtet - den Recherchen zufolge wurde der Beamte als Konsequenz versetzt.

Die Polizeiinspektion Magdeburg hat gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet, wie eine Sprecherin der MZ sagte. Zudem prüft die Staatsanwaltschaft Halberstadt, ob sie gegen den Mann ein Ermittlungsverfahren einleitet – das fragliche Delikt heißt „Verwahrungsbruch“ und kann mit bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet werden.

Innenministerin Zieschang sagte am Mittwoch, die Granaten-Attrappe hätte längst vernichtet sein müssen. Sie habe am vergangenen Freitag einen Bericht angefordert, wo und wie das Beweismittel seit dem 3. März 2022 aufbewahrt wurde – an jenem Tag hatte die Polizeiinspektion Zentrale Dienste die Harzer Asservatenkammer inspiziert.

Schon Ende Januar hatte der Landesrechnungshof chaotische Zustände im Asservatensystem der Polizei gerügt. Bei ihrer Kontrolle hatten die Prüfer unter anderem eine Kalaschnikow (AK 47) gefunden, die laut offizieller Dokumentation bereits vernichtet war. Später stellte sich heraus, dass es sich um eine nicht schussfähige, aber echt wirkende Attrappe handelte. Innenministerium und Landesrechnungshof lieferten sich darüber einen öffentlichen Schlagabtausch, an dessen Ende Innenstaatssektretär Klaus Zimmermann (CDU) eine Falsch-Information einräumen und sich entschuldigen musste.

„Das beschädigt das Vertrauen“, rügt die Linksfraktion

Die Linke spricht von einem Vertrauensverlust. „Das wiederholte öffentliche Vorbringen unwahrer beziehungsweise unvollständiger Behauptungen durch das Ministerium für Inneres und Sport, sowohl zum Bericht des Landesrechnungshofes, als auch zum einzelnen Verbleib von darin erwähnten Asservaten, beschädigt das Vertrauen in die Landespolizei“, heißt es wörtlich.

Dabei sei es unerheblich, dass es sich nicht um scharfe Waffen, sondern um Attrappen handele. „Beide hätten längst vernichtet worden sein sollen, zu beiden ist es offensichtlich nicht möglich, konsistente Informationen aus dem Ministerium für Inneres und Sport zu bekommen“, kritisiert die Linksfraktion.

Der Innenausschuss des Landtags will das Thema in der kommenden Woche in einer Sondersitzung aufgreifen. Das haben die Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP beantragt.