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Helmut Lachenmann Helmut Lachenmann: Wie Steine sinken die Töne zu Grunde

Von Sigrid Neef 09.05.2003, 13:33

Leipzig/MZ. - Moderator Steffen Schleiermacher nutzt die Gunst der Stunde für ein Bonmot über die "wichtigsten Helmuts in Deutschland, gemeinsam im Leipziger Gewandhaus: Lotti im Großen Saal, Lachenmann im Kleinen". Der Komponist und seine Frau, die Pianistin Yukiko Sugawara sind am Mittwochabend Gäste der musica nova-Reihe.

Helmut Lachenmann, Jahrgang 1935, zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten zeitgenössischen Komponisten. "Gigantisches Hörabenteuer, sinnenbetörender Klangkosmos" - die Liste der Superlative ist so lang wie die der Ablehnungen schroff. Dass er mitunter nicht verstanden wird, liegt möglicherweise daran, dass man ihm nicht richtig zuhört. Aufs Hören kommt es ihm an. Lachenmann spürt Tönen bis zu ihrer Wurzel nach. Er kappt sie nicht, aber er reduziert sie und legt sie frei bis aufs Geräusch. Neben den eigenen stellt Helmut Lachenmann in Leipzig Klavierwerke von Toshio Hosokawa (Jahrgang 1955), Brice Pauset (1965) und seinem Schüler Manuel Hidalgo (1956) vor. Im Gespräch redet er leise, eher lieber wenig und ist überhaupt wohltuend uneitel. Seine "Wiegenmusik" (1963) und "Guero" (1970) spielt er selbst, dann setzt sich Yukiko Sugawara an den Flügel. Sie gehört zu den großen Pianistinnen der Neuen Musik und brachte bereits viele Stücke zur Uraufführung.

Yukiko Sugawara strahlt ungeheure Kraft aus. Es ist nicht nur die Kraft ihres Zugriffs, sondern auch die des Klangs. Ihre Skala ist breit: Unwirsch bis behutsam entfaltet sie die Poesie der Stücke, bringt jeden Ton zum Leuchten. Dreißig Minuten enorme Konzentration verlangt der Konzertabschluss: Helmut Lachenmann hat "Serynade" 1998/2000 für seine Frau geschrieben. "Unterarmgriffe" wechseln mit Akkordkaskaden und der Lachenmannsche Ernst der Heiterkeit ist im "Schlußspiel" mit 53 Tönen zu finden. Yukiko Sugawara sinnt den Tönen nach. Wie Steine sind sie auf den Grund gesunken. Noch hinterlassen sie Spuren.