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Pollenalarm: Heuschnupfensaison hat begonnen Die Fehler der Allergiker

Mit Medikamenten lassen sich die Beschwerden einer Pollenallergie in den Griff bekommen. Sie müssen nur richtig eingesetzt werden. Mythen und Irrtümer rund um den Heuschnupfen.

Von RICARDA DIECKMANN 16.04.2024, 06:00
In manchen Fällen kann Nasenspray sinnvoll sein, wenn Patienten vom Heuschnupfen gequält werden.
In manchen Fällen kann Nasenspray sinnvoll sein, wenn Patienten vom Heuschnupfen gequält werden. Foto: DPA

Heuschnupfen, das klingt niedlich und harmlos. Alle Menschen mit einer Pollenallergie wissen aber: Das ist er nicht. Bei der einen sind die Nächte katastrophal, weil die Nase durchgehend dicht ist. Der andere hat in der Pollensaison bei jeder Autofahrt Angst, vom endlosen Niesen überfallen zu werden. Und viele kennen ihn: Den Wunsch, im Grünen unterwegs zu sein, ohne dass das Immunsystem „Alarmstufe Rot“ signalisiert.

Denn genau das tut die körpereigene Abwehr von Allergikern, wenn umherfliegende Pollen auf Schleimhäute treffen. Der Körper wehrt sich – mit einer laufenden Nase, mit tränenden und juckenden Augen, mit Niesen. Aber es gibt Medikamente, die diese Reaktionen unterbinden. Fragen und Antworten dazu.

Wie funktionieren solche antiallergische Medikamente überhaupt?Dafür muss man wissen, wie im Körper eine allergische Reaktion entsteht. Genauer gesagt: dass der Botenstoff Histamin dabei eine entscheidende Rolle spielt. „Er wird bei Allergien immer wieder in Haut und Schleimhäuten ausgeschüttet“, erklärt der Allergologe Professor Torsten Zuberbier von der Berliner Charité.

Damit dieser Botenstoff eine allergische Reaktion auslösen kann, muss er an bestimmte Rezeptoren andocken können. Allergie-Medikamente, sogenannte Antihistaminika, unterbinden das. Zuberbier vergleicht ihren Wirkmechanismus gern mit der Kindersicherung an der Steckdose. „Der Stecker passt dann nicht mehr hinein, das Histamin wird unschädlich.“

Antihistaminika gibt es als Tabletten, aber auch als Augentropfen oder Nasensprays. Der Unterschied: Tropfen und Sprays wirken in aller Regel lokal, während Tabletten erst einmal vom Körper aufgenommen werden müssen, der Wirkstoff an den Ort des Geschehens transportiert werden muss. So erklärt es Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein.

Wie gut wirken Antihistaminika und wo kommen sie an ihre Grenzen? Antihistaminika wirken Zuberbier zufolge gut gegen Niesanfälle, gegen eine laufende Nase, gegen das Kribbeln. Eine Schwachstelle haben sie aber: „Sie wirken weniger gut bei einer verstopften Nasenatmung. Hier kommen als zusätzliche Therapie antiallergische Nasensprays zum Zuge.“

Diese Sprays machen sich die Wirkung von Kortison zunutze, einem Hormon, das antientzündlich wirkt. „Es wirkt auf alle Entzündungsreaktionen in der Nasenschleimhaut ein, führt also dazu, dass die Abwehrzellen insgesamt weniger aktiv sind“, sagt Zuberbier. So wird Durchatmen wieder möglich. Es gibt auch Medikamente, die die Wirkweisen von Antihistaminika und Kortison kombinieren. Welches Medikament ist das richtige für mich?In der Gruppe der Antihistaminika gibt es verschiedene Wirkstoffe. Sie heißen zum Beispiel Bilastin, Cetirizin, Desloratadin oder Fexofenadin. Viele Präparate bekommt man ohne Rezept in der Apotheke. Ganz auf eigene Faust durchprobieren? Das hält Apotheker Hoffmann für keine gute Idee. „Bei einer Pollenallergie sollte man sich immer in der Apotheke beraten lassen.“ Die Fachleute vor Ort fragen zum Beispiel ab, wie sich die Beschwerden genau äußern und wissen, welches Präparat individuell gut helfen kann. „Meist steigt der Patient mit einem niedrig dosierten Antihistaminikum ein“, sagt Hoffmann. Weil jeder Körper anders tickt, ist es aber möglich, dass erst das zweite oder dritte Medikament, das probiert wird, wirklich Linderung bringt. Kann ich mir den Arztbesuch mit meiner Pollenallergie also sparen? Es gibt gute Gründe, nicht nur auf die Selbstmedikation zu setzen, sondern einen Arzt mit ins Boot zu holen. Und zwar nicht nur, weil Fachleute eine Diagnostik anstoßen und feststellen können, ob sich bereits ein allergisches Asthma entwickelt hat.

Ein weiterer Grund: Der Patient muss die frei verkäuflichen Allergie-Medikamente dann womöglich nicht aus eigener Tasche zahlen. „Diese Präparate dürfen auch zulasten der gesetzlichen Krankenkasse verschrieben werden, wenn schwere Symptome vorliegen“, sagt Zuberbier. Schwere Symptome liegen vor, wenn etwa die Leistungsfähigkeit im Alltag wegen der Allergie einknickt oder der Schlaf leidet.

Stimmt es, dass Antihistaminika müde machen? Früher, bei den Antihistaminika der ersten Generation war das eine starke Nebenwirkung. Dafür muss man wissen: Nach dem Einnehmen einer Tablette verteilen sich die Wirkstoffe im Körper. Dabei blockieren sie nicht nur die Histamin-Rezeptoren in den Schleimhäuten von Nase und Augen, sondern wirken zum Beispiel auch auf das zentrale Nervensystem, wie Apotheker Hoffmann erklärt. Die Folge bei den älteren Präparaten: Müdigkeit und Schläfrigkeit.

Die Präparate, die mittlerweile in Apotheken verkauft werden, gehören zur zweiten und dritten Generation. Sie seien so weiterentwickelt worden, dass sie zum einen weniger an die Rezeptoren des zentralen Nervensystems gehen, sagt Hoffmann. Zum anderen seien sie potenter, könnten also niedriger dosiert werden.

Dass die Allergietablette müde macht, lässt sich aber dennoch nicht ausschließen: „Bei einem Arzneimittel gilt immer: Es ist ein fremder Stoff im Körper, das kann immer zu Nebenwirkungen führen. Aber prinzipiell sind Antihistaminika arm an Nebenwirkungen.“ Vorausgesetzt natürlich, der Patient überschreitet die empfohlene Dosis nicht. Jeden Tag oder nur bei Bedarf: Wann nehme ich die Medikamente? Es gibt einen Fehler, den viele Menschen mit einer Pollenallergie machen: Sie schlucken die Allergietablette erst in dem Moment, in dem die Augen brennen oder die Nase läuft.

In der Saison sollten Betroffene antiallergische Tabletten allerdings vorbeugend jeden Tag einnehmen, also nicht nur bei Bedarf. „Sonst laufen Sie dem Geschehen hinterher. Denn: Die Histamin-Rezeptoren werden immer empfindlicher und damit werden die Beschwerden stärker im Laufe der Zeit“, sagt Zuberbier. Auch kortisonhaltige Nasensprays sollten vorbeugend eingenommen werden. In aller Regel sprüht man sie zweimal pro Tag in die Nase. Und wann im Jahr fange ich mit den Antihistaminika an?„Es kann nicht schaden, zwei Wochen vor der erwarteten Saison zu beginnen“, empfiehlt Zuberbier. „Denn oft sind dort, wo man lebt, doch schon Allergene in der Luft, auch wenn die Pollenflug-Messstationen noch nichts anzeigen.“ Einen Überblick geben Allergen-Kalender und die Pollenflugvorhersage des Deutschen Wetterdienstes. Zu welcher Tageszeit nehme ich Antihistaminika am besten ein? Die modernen Antihistaminika wirken 24 Stunden lang. „Allerdings haben sie ihre hauptsächliche Wirkung in den ersten zwölf Stunden“, sagt Zuberbier. „Diejenigen, die eher nachts Beschwerden haben, können überlegen, die Tablette vorzugsweise am Abend zu nehmen.“ Wer eher am Tag Probleme hat, nimmt die Tablette am besten am Morgen.Was kann ich tun, wenn die Pollenallergie mich trotz der Medikamente weiterhin quält? Unbedingt einen Arzt aufsuchen, empfiehlt der Mediziner, und auf keinen Fall aufgeben. „Dass es sich nicht behandeln lässt, das gibt es nicht“, sagt Zuberbier. Der Arzt kann er der Frage nachgehen, ob andere – möglicherweise rezeptpflichtige – Medikamente helfen. Und vor allem kann er prüfen, ob eine sogenannte Hyposensibilisierung sinnvoll ist. Dabei handelt es sich um eine Therapie, die die Pollenallergie an ihrer Wurzel packt.

Pollenflug aktuell: Infos des Deutschen Wetterdienstes unter www.dwd.de