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Seminar in Aschersleben Seminar in Aschersleben: Stephan Strobl gibt die "Stunde des Loslassens"

Von Marko Jeschor 06.04.2016, 15:39
Die Figur umarmt scheinbar die Welt vor Glück. Dieses Gefühl wollte Strobl den Damen vermitteln.
Die Figur umarmt scheinbar die Welt vor Glück. Dieses Gefühl wollte Strobl den Damen vermitteln. Frank Gehrmann

Aschersleben - Stephan Strobl nimmt eine Figur in die Hand, um zu beschreiben, wie sich schlechte Gedanken manifestieren können. Zu einer großen, schweren Kugel nämlich, die der Mensch nur mit Kraft und Mühe vor sich einen Hang hinauf schiebt. Den Blick dabei nach unten gerichtet. Strobl, Geschäftsmann und Motivator, nahm sich in dieser Woche wieder Zeit, um einigen Menschen aus der Region die Last etwas zu nehmen - mit der „Stunde des Loslassens“. Das erklärte Ziel des kostenfreien Seminars war, die Alltagssorgen der Menschen etwas in den Hintergrund zu rücken, um gedanklich mehr Platz für die schönen Momente des Lebens zu schaffen. Oder wie er sagte: Der Kraft des Unterbewusstseins eine andere Richtung zu geben.

"Frühjahrsputz des Innenlebens" zwischen Boutique-Mode

Ausschließlich Damen waren der Einladung zum „Frühjahrsputz des Innenlebens“ Anfang der Woche gefolgt, sechs an der Zahl. Sie nahmen am frühen Montagabend auf Stühlen inmitten aktueller Damenmode seiner Boutique Platz. Über ihnen hing ein stattlicher Kronleuchter von der Decke. Vor ihren Füßen stand eine weitere Zinnfigur, die ihren Kopf allerdings nach oben streckt und die Arme ausbreitet, als ob sie vor Glück die Welt umarmen möchte.

Von diesem Gefühl waren die ausschließlich älteren Damen offenbar weit entfernt. Über eine Stunde erzählten die Teilnehmerinnen ihre ganz persönlichen Geschichten, die, so stellte Strobl fest, zum Teil eigentlich von einem Psychiater aufgearbeitet werden müssten. Probleme, die man jedenfalls nicht mit einem Treffen aus der Welt schaffen kann, „weil man in der Runde nur an der Oberfläche kratzt“, wie Strobl gestand. Dennoch gewährten ihm die Damen Einblick in ihr Seelenleben.

Für das Leben entschieden

Da war zum Beispiel Wenke (Namen aller Teilnehmerinnen geändert), eine Frau mit jugendlichen Gesicht, deren Alter höchstens die grauen Haare verraten. Sie berichtete etwa von einer schlechten ersten Ehe und vom Verlust ihres einen Sohnes, der bereits vor Jahren bei einem Verkehrsunfall starb. „Ich stand vor der Wahl: Bringst du dich um oder willst du weiter leben.“ Sie entschied sich für das Leben, die Qualen nahmen aber kein Ende. Im Gegenteil: Mobbing auf Arbeit und Ärger mit dem Nachbarn kamen hinzu. Und bei allem half die Familie nicht, wie sie sagt. Ihre Mutter nahm sie nur einmal in den Arm. „Ich bin jetzt 60 und mein Konto ist aufgebraucht“, sagte Wenke. Längst streike ihr Körper, von Schlafstörungen und Magenproblemen berichtete sie. Aktuell befindet sie sich wieder in einer Beziehung, von der sie weiß, dass „die mir nicht gut tut“.

Warum wandte sich Wenke mit solch tiefgreifenden Problemen nun ausgerechnet an Strobl? Weil ihre Freundin Elma sie zu diesem Seminar „schleppte“, wie sie sagte. „Ich habe den Verdacht, dass sie sich nicht selbst ändern will und ein grundunglücklicher Mensch ist.“ Elma selbst versprach sich allerdings auch Hilfe von Strobl. Sie wollte wieder in die Tiefe ihrer Seele vordringen, an jene Stelle also, zu der sie es bereits vor Jahren bei einem autogenen Training schaffte, seitdem aber nie wieder. Weil sie, die nach eigenem Befinden mit Job und eigenem Haus alles erreicht hat, seit 2000 jedoch geschieden ist und auch die zweite große Liebe als „vollkommen falsch“ bezeichnete, vor fünf Wochen wohl eine Art Schlaganfall hatte, wie sie sagte. Ihr Körper habe ihr damit signalisieren wollen, dass sie die Dinge eben nicht mehr allein in den Griff bekommt. Obwohl ihr selbst eine Ärztin vor einiger Zeit sagte, sie könne sich aus allen Lagen allein befreien: „Es hieß immer nur: Du schaffst das.“

Gesunder Egoismus

Strobl riet beiden Damen konkret, ihre Beziehungen zu beenden. Es sei in dem Fall ein gesunder Egoismus notwendig, der zu mehr Lebensglück führen könne. Dafür müsse man eben an bestimmten Stellen die Reißleine ziehen. Man könne es nicht jedem Recht machen, sagte der Motivator. Wenke gab er zudem mit auf den Weg, sich einen Zettel zu schreiben, „mit allem, was Sie lieben“. Und sei es nur der Sonnenaufgang, der Duft von frischem Kaffee am Morgen, ein Tanzabend oder ein Würfelspiel, bei dem man die Zeit vergisst.

Strobl selbst schreibe sich immer auf, was er am nächsten Tag erreichen wolle. „Das Abhaken der Ziele kann ungemein befriedigend wirken.“ Zudem mache er sich immer wieder bewusst, wie gut es ihm doch gehe - trotz der vielen alltäglichen Probleme, die auch ihn plagen. „Dankbarkeit relativiert so viel Negatives. Dankbarkeit ist die größte Quelle des Glücks.“

Dann wurde der Motivator generell, um auch die anderen Frauen zu erreichen. „Der beste Zeitpunkt, um etwas zu ändern, ist immer jetzt.“ Denn morgen könne man ja bereits tot sein. Auf der anderen Seite sagte Strobl, sich wirklich zu ändern, sei eine Lebensaufgabe, Trainer wie er könnten dafür höchstens Hilfestellungen geben. Grundsätzlich solle man ebenso wie beim Essen darauf achten, „was wir zu uns nehmen“. Um das zu unterstreichen, bot er ein rotes Pulver an, das, wie sich herausstellte, aus einer der schärfsten Chilischoten der Welt hergestellt wurde. Nur eine Dame hätte es probiert, ohne zu wissen, worum es sich handelt. Der Rest lehnte ab.

Zum Abschluss, draußen war es längst dunkel geworden, nahm Strobl die Teilnehmerinnen mit zu einem Ort, an dem alle ihre Probleme in eine Kristallschale fließen können, wie Wasser. Dafür dimmte er das Licht und legt Musik mit sanften Klängen auf. Die Damen konzentrierten sich mit geschlossenen Augen auf ihre Atmung, die Musik und seine Stimme. Ein paar Minuten dauerte die Reise im Kopf, sie führte jede Teilnehmerin an einen anderen Ort, wie sie später sagten. Manche waren am Meer, manche auf einer Blumenwiese. Einige wollten ein Kribbeln in den Armen gespürt haben, eine Frau merkte, wie ihre chronischen Schmerzen weniger wurden. Für den Moment waren die Sorgen wie verflogen. Strobl freute sich, dass „in der Runde so viel möglich ist“. Und, dass er Menschen wieder helfen konnte. Denn auch das sei ja ein großes Glück. (mz)

Stephan Strobl
Stephan Strobl
Frank Gehrmann