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Ein imposanter Heidemaler

Von Felix Saul 18.01.2007, 16:51

Bad Schmiedeberg/MZ. - Hoch geachteter Bürger

Zschimmer war im Rentenalter in Bad Schmiedeberg ein hoch geachteter, stattlicher Bürger von imposanter Erscheinung, stets korrekt gekleidet mit Gehrock, Stock und Zylinder, dazu ein markantes Gesicht mit fülligem weißen Haar und Vollbart. Er war Besitzer einer Villa im Kurviertel, hier war sein Atelier, hier lebte er mit seiner Frau Cäcilie und verbrachte die letzten 20 Jahre seines Lebens. Zschimmer's Vorfahren waren über mehrere Generationen im Forstdienst tätig. Zunächst in sächsischen, nach 1815 in königlich-preußischen Diensten. Er selbst wurde am 14. September 1842 in Großwig als Sohn des Rittergutsbesitzers Johann August Zschimmer und dessen Ehefrau Auguste Henriette geb. Baentsch geboren. Nach der Grundschule besuchte er von 1853 bis 1859 die Waisenhaus-Realschule in Halle, danach erlernte er die Musterzeichnerei in einer Kattunfabrik in Eilenburg. Zielstrebig auf seinem Weg bezog das Talent die Kunstschule in Weimar. Fleißig, wissbegierig und immer die Natur im Kopf, die er in jungen Jahren hier in der Dübener Heide intensiv erfahren konnte, studiert Zschimmer unter bekannten Professoren. Unterbrochen werden seine Studien durch den Einzug zum Militärdienst bei den 4. Jägern in Sangerhausen und durch die Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg.

Ein erster beachteter Durchbruch als Maler gelingt Zschimmer 1872 auf einer Schau an der Akademischen Kunstausstellung in Berlin mit dem Ölbild "Im Hochwalde". 1875 geht Emil Zschimmer als Lehrer an die Zeichenschule Weimar. 1882 wird er als Lehrer für Freihandzeichnen an die Weimarer Kunstschule berufen. Gleichzeitig wirkt er als Lehrer am Königlichen Gymnasium in Erfurt. Er ist oft Gast am Hofe zu Weimar, man kennt ihn in den Künstlerkreisen in Hamburg und Bremen. Mit dem bekannten Kunstliebhaber Reeder Loesener war er eng befreundet. Im Jahre 1890 wird sein künstlerisches Schaffen, sein Wirken in der Ausbildung und Förderung junger Menschen, mit der Verleihung des Titels "Professor" durch den Landesherren Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach gewürdigt. Bald darauf wirft Professor Emil Zschimmer alles über Bord. Er gibt seine Lehrämter und Privilegien in Erfurt und in Weimar auf und zieht sich endgültig an die Stätte seiner Kindheit zurück. Hier kann er nun frei sein Leben als Maler und Künstler beginnen. Zschimmer nummeriert seine Bilder. Ein vom Bad Schmiedeberger Wohltätigkeitsverein erworbenes Werk hängt im Hauswaldsalon des Kurmittelhauses. Es trägt die Nummer 117. Die Werke Zschimmers sind weit verstreut. Sie hängen in Museen, sind im Privatbesitz und nehmen an Wert ständig zu. Seine Bilder und Gemälde werden mit steigender Tendenz auch auf internationalen Auktionen gehandelt. Im vergangenen Jahr wurde bei Sotheby's in Amsterdam ein Zschimmer für 6 000 Euro verkauft.

Vielseitige Fähigkeiten

Ein Beleg vielseitiger künstlerischer Fähigkeiten von Professor Zschimmer findet sich heute in der Gedächtnishalle der evangelischen Stadtkirche. Nach dem Kirchturmbrand am 17. Februar 1904 fand man auf dem Kirchboden, in der so genannten Marterkammer, ein schwer beschädigtes hölzernes "Cruzifix". Über die Wiederherstellung schreibt Oberpfarrer Hellwig 1905 in einer Denkschrift: "Herr Professor Zschimmer, unser heimischer Künstler, in Malerei und Schnitzerei gleich hochbedeutend, hat sich in liebenswürdiger Weise der Herstellung dieses verstümmelten Christuskörpers angenommen und ihn unter Aufwand eines bedeutenden Teils seiner kostbaren Zeit an Haupt, Händen und Füßen so glücklich wieder ergänzt, dass alle ihre Freude daran haben."

Fast 75-jährig starb Professor Emil Zschimmer. Seine Frau Cäcilie führte das Künstlerhaus noch einige Jahre unter dem Namen "Villa Professor Zschimmer", als Pension für Kurgäste. Die Zschimmer'sche Grabstätte befindet sich auf dem Bad Schmiedeberger Friedhof, vorderer Teil, direkt am Hauptweg. Der Bad Schmiedeberger Wohltätigkeitsverein widmet sich mit der Friedhofsverwaltung dankenswerterweise der Pflege der Grabstelle.

In der Umbenennung einiger Straßennamen nach 1990 wurde, auf Vorschlag einiger Heimatfreunde, eine Straße nach dem bedeutenden Sohn der Stadt benannt. Damit bleibt Zschimmer unvergessen.