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Straßenverkehr Straßenverkehr: Da wackelt nicht nur die dicke Berta

Von CLAUS BLUMSTENGEL 24.09.2009, 15:30

CHÖRAU/MZ. - Das Chörauer Maskottchen ist nur reichlich zwei Meter von der Dorfstraße entfernt, wie ein Stück weiter das Wohnzimmer der Familie

Niemann. "Bei uns wackeln die Gläser im Schrank, und der Putz ist auch schon gerissen", klagt Hans-Werner Niemann. Um 5 Uhr gehe der Lärm los und dauere bis tief in die Nacht. Vor dem Verkehrslärm unmittelbar an seinem Haus kann er noch nicht einmal tagsüber flüchten; denn der Rentner wurde gerade erst operiert.

Dabei ist Chörau eigentlich ein ruhiger Ort. "Da fahren nur morgens die Leute aus Chörau, Reppichau und Kleinzerbst zur Arbeit nach Dessau und abends kommen sie wieder, ansonsten ist es erträglich", schildert Gemeinderatsmitglied Christian Passek den Normalzustand. Doch seit Anfang August reißt der Fahrzeugstrom kaum ab. Grund ist eine Straßensperrung wegen Bauarbeiten an der B 185 in Mosigkau, die laut Dessauer Tiefbauamt voraussichtlich noch bis zum 20. November dauert. "Wir waren erschrocken, wir sind ja viel zu spät informiert worden", sagt Bürgermeisterin Renate Heenemann.

Der Ort Chörau dürfte eigentlich davon gar nicht betroffen sein; denn offiziell wird der Verkehr über Köthen, Quellendorf und Kochstedt nach Dessau umgeleitet und umgekehrt. Doch Ortskundige und Kraftfahrer mit Navigationsgerät nehmen den kürzeren Weg über die Erich-Weinert-Straße in Mosigkau und die Dorfstraße in Chörau, die beide für ein solches Verkehrsaufkommen gar nicht geschaffen sind. Seit die B 185 auch zwischen dem Abzweig Elsnigk und Rosefeld wegen Fahrbahnerneuerung gesperrt ist, hat der Verkehr in Chörau und Reppichau noch mehr zugenommen. Die Arbeiten dort dauern voraussichtlich bis 9. Oktober.

"Die Tonnagen und die Geschwindigkeit der Fahrzeuge" seien ihrer Meinung nach das Problem, so die Bürgermeisterin. "Die Rentner im Ort kommen kaum über die Straße zum Fleischer- oder Bäckerwagen", schildert Gemeinderätin Anita Pessel die Situation,

und für die Kinder sei der Weg zum Schulbus wegen der mit 50 Kilometern in der Stunde und schneller durch den Ort brausenden Fahrzeuge geradezu gefährlich geworden. Hier wäre aus Sicherheitsgründen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer in der Stunde angebracht, "so lange, wie die Umleitung besteht", sind sich die Gemeinderäte einig.

"Wir sind ja nicht grundsätzlich gegen den Durchgangsverkehr, aber mit angemessener Geschwindigkeit", äußert Gemeinderätin Susanne Knötig. Auch der Steinschlag an den Fenstern im Parterre einiger an der Straße liegenden Häuser werde durch die hohe Geschwindigkeit der Fahrzeuge hervorgerufen, hat sie beobachtet. Der Rand der Dorfstraße wurde notdürftig mit Schotter "befestigt", der von Fahrzeugen an Hauswände und Fenster geschleudert wird. Hier wäre laut Bürgermeisterin eine Bitumenschicht nötig. Aus Sicht der Kreisverwaltung aber ist der Schotter ausreichend. "Das ist unser Nachteil, dass wir am äußersten Ende des Landkreises liegen", meint Renate Heenemann resigniert. Die Bürgermeisterin hat beim Verkehrsamt der Kreisverwaltung nachgefragt, ob wenigstens 30er-Schilder aufgestellt werden können. Für eine Kreisstraße gebe es da keine Genehmigung, habe man ihr gesagt. "Ich weiß nicht mehr, wohin ich mich noch wenden soll", ist sie ratlos.

Am Mittwoch hat die Sperrkommission des Landkreises auch über die Zustände in Chörau beraten. Wie aus der Pressestelle des Landratsamtes zu erfahren war, ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung in der Chörauer Dorfstraße nach wie vor nicht vorgesehen. Begründet wird die Ablehnung damit, dass Chörau nicht auf der offiziellen Umleitungsstrecke liegt.

Wie weiter zu erfahren war, ist auch ein Ausbau der Dorfstraße in dem Ort nicht vorgesehen. Sie sei keine Durchgangsstraße, sondern nehme nur den innerörtlichen Verkehr auf. Ein Ausbau sei deshalb nicht notwendig, hieß es aus der Kreisverwaltung.

"Ein 30er-Schild sollte wenigstens für Lkw aufgestellt werden, fordert Gemeinderat Passek dennoch. "Muss immer erst etwas passieren?", ist Gemeinderätin Anita Pessel fassungslos.