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Senf weckt Lust zum Radeln

Von Claudia Crodel 03.06.2008, 15:56

Saalekreis/MZ. - "Das Schwierigste ist immer, mit dem Fahrrad aus Halle herauszukommen", sagt Helmut Ripperger. Der 57-Jährige weiß, wovon er spricht. Schließlich ist er seit über 40 Jahren leidenschaftlicher Fahrradfahrer. Seit langem arbeitet der einstige Mitarbeiter des Rechenzentrums der Leunawerke, der gegenwärtig arbeitslos ist, ehrenamtlich auch als Radtourenleiter beim ADFC, dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club.

Dass die MZ eine Radpartie veranstaltet, findet Ripperger sehr gut. Er selbst überlegt noch, ob er an der 61-Kilometer-Strecke oder der 105-Kilometer-Distanz an den Start geht. Als Radtourenleiter hat für ihn die Saison schon Anfang April begonnen. Bis zum Herbst wird er weit mehr als ein Dutzend Touren für den ADFC leiten.

Am Mittwoch ab 17 Uhr geht es beispielsweise vom Marktplatz Halle zum Yachthafen Salzmünde. Die meisten Touren starten in Halle, führen quer durch den Saalekreis, oft auch über die Kreisgrenze hinweg. Sein oberstes Gebot dabei: "Jede Tour wird vorher von mir abgefahren."

Doch dabei belässt es Ripperger nicht. Vielmehr organisiert er einiges für die Tourteilnehmer, meldet sich beispielsweise vorher bei einem Dorfbäcker auf der Strecke an, das der schon mal ein paar Kannen Kaffee kochen kann, bevor das fröhlich radelnde Völkchen hungrig und durstig bei ihm ankommt.

"Ich fahre nicht unbedingt immer den Saaleradwanderweg", meint Ripperger. Er kennt auch viele Feldwege im Kreis, die gut mit dem Rad zu befahren und wegen des geringen Fahrzeugaufkommens auch recht sicher sind.

Im Landkreis gebe es schöne Strecken, umso mehr ärgert sich der Tourenleiter, dass beim Straßenbau nach wie vor nur wenig an die Radfahrer gedacht wird. So habe die Stadt Halle vor längerer Zeit angekündigt, die Strecke vom Halle-Neustädter Südpark nach Angersdorf für Radler auszubauen. Es sei bislang nichts passiert.

Seit dem es die Autobahn gibt, sei es auch nicht mehr möglich, auf kurzem Weg von Zscherben nach Teutschenthal zu kommen, weil die Autobahn den Weg abschneide. Unter der Autobahn weg könne man auch nicht radeln, weil dort die Bahnlinie langgehe.

Kreuzgefährlich sei zudem die Fahrradstrecke von Halle über Diemitz nach Peißen. Und selbst der Saaleradwanderweg sei nicht immer vorteilhaft für Radler, zählt der Mann weiter auf. "Zwischen Brachwitz und Döblitz wurde ein Teil der Kopfsteinpflaster-Straße für die Fahrradfahrer asphaltiert. Doch das nutzen jetzt vor allem die Autofahrer für sich", sagt Ripperger.

Er, der nie einen Führerschein besessen hat und dies nach eigenen Worten auch nicht bereut, schwört übrigens auf seinen alten Mifa-Drahtesel aus dem Jahr 1979, der keine Gangschaltung hat. "Das war einst ein Test-Fahrrad von Mifa. Ich hatte die Aufgabe, in einem Vierteljahr 2 000 Kilometer zu fahren. Es wurden 5 000", erinnert sich Ripperger, der unendlich viele Geschichten erzählen kann.

So trage sein Rad bei Bekannten in Thüringen den Namen "Born-Senf-Express". Und das kam so: Mitte der 60er Jahre gab es in Halle einen Senf-Engpass. Ripperger, der leidenschaftlich gern Senf isst, stieg - gerade 15 Jahre alt - auf sein Fahrrad und fuhr über die Bezirksgrenze bis Großheringen, wo er sich und seine Familie in einem Geschäft mit Born-Senf eindeckte.

Seit dieser ersten langen Strecke lässt ihn das Radfahren nicht mehr los, sagt er. Noch heute hat Ripperger eine Transportkiste auf seinem Rad befestigt, auf der unter anderem auch ein Schild der traditionsreichen Senffabrik aus Erfurt klebt.