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Legida Legida: Rettet Leipzig das Abendland?

04.01.2015, 19:19
Das Bündnis Legida hofft auf zahlreiche Beteiligung an der Demonstration im Januar. Das Foto zeigt die Pegida-Montagsdemonstration Anfang Dezember in Dresden.
Das Bündnis Legida hofft auf zahlreiche Beteiligung an der Demonstration im Januar. Das Foto zeigt die Pegida-Montagsdemonstration Anfang Dezember in Dresden. dpa Lizenz

Leipzig - Auf Pegida folgt Legida: Am 12. Januar wollen die selbst ernannten Verteidiger des angeblich von der Islamisierung bedrohten Abendlandes auch in Leipzig demonstrieren.

Die Dresdner Polizei prüft Berichte über einen brutalen Übergriff auf junge Migranten nach der Pegida-Demonstration am 22. Dezember 2014. „Gegenwärtig laufen dazu Ermittlungen“, hieß es am Samstag. Nach einem Artikel der Berliner „taz“, der auf Aussagen der attackierten Jugendlichen basiert, sollen die Pegida-Anhänger sie mit Messern und Schlagstöcken angriffen und mehrere von ihnen verletzt haben. Eine 15-Jährige habe Anzeige bei der Polizei erstatten wollen, die Beamten hätten ihr aber nicht geglaubt, erzählte Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen der „taz“. Er hatte sich mit der Jugendlichen getroffen. Die junge Migrantin erzählte dabei auch, dass „ganz normale Bürger“ Beifall geklatscht hätten.  (dpa)

Die Protestwelle der Wutbürger schwappt damit erstmals in die Region. Bisher hat die Bewegung nur mit einer Facebook-Seite in Magdeburg auf sich aufmerksam gemacht. Aufmärsche gab es dort aber nicht. Gegen den Leipziger Ableger formiert sich derweil breiter Widerstand.

Die Behörden rechnen mit 3 000 Legida-Demonstranten in Leipzig. Die Organisatoren gehen gar von 5 000 aus. Sie wollen sich vor der Red-Bull-Fußballarena sammeln und dann durch das gutbürgerliche Waldstraßenviertel marschieren, abseits der Innenstadt. Diese Route ist laut Legida von der Stadt aus Sicherheitsgründen vorgeschlagen worden.

Anfänge in Dresden

Kämen aus dem Stand tatsächlich so viele Teilnehmer zusammen, wäre das beachtlich. Damit dürfte sich am 12. Januar auch zeigen, ob die Protestbewegung mehr ist als ein im wesentlichen auf Dresden begrenztes Phänomen. An der Elbe kamen Montag für Montag mehr Demonstranten zusammen, kurz vor Weihnachten 17 500. Bei den Ablegern in westdeutschen Städten wie Bonn, Kassel oder Würzburg blieben die Teilnehmerzahlen indes weit darunter. Häufig kamen nur wenige hundert Menschen.

Wer hinter Legida steckt, ist offen. Auf ihrer Facebook-Seite bleiben die Organisatoren anonym, wie auch auf einer vor wenigen Tagen freigeschalteten Homepage. Dort ist im Impressum lediglich ein Pressesprecher genannt - Jörg Hoyer, ein Militariasachverständiger aus Heidenau bei Dresden. Er erklärt die Zurückhaltung mit angeblichen Anfeindungen gegen die Organisatoren und deren Angst vor beruflichen Schwierigkeiten. Als Anmelder der Demo und Versammlungsleiter fungieren nach den Angaben einer Leipziger Antifa-Seite zwei Fußballfans. Sie sollen Verbindungen in die rechtsextreme Szene haben, was Hoyer bestreitet.

Was das 17-Punkte-Papier von Legida beinhaltet, lesen Sie auf Seite 2.

Bleibt die Nähe zur rechtspopulistischen AfD. Bis kurz vor Weihnachten trat der Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider, Mitglied im sächsischen AfD-Landesvorstand, als „Berater“ und Gastautor von Legida auf. Sein letzter Post auf der Facebook-Seite datiert vom 18. Dezember 2014. Der Leipziger AfD-Landtagskandidat Felix Koschkar gehörte zu den Organisatoren von Legida. Koschkar war darüber hinaus auch engagiert bei der europaweit vernetzten neurechten „Identitären Bewegung“. Deren Vorstellungen teilt er nach eigenem Bekunden nach wie vor. Die „Identitären“ wenden sich gegen eine angeblich herrschende „Multikulti-Ideologie“ und eine vermeintliche Islamisierung - und bilden damit auch ein Scharnier zur rechtsextremen Szene.

Auf MZ-Anfrage wollen beide aber nichts mehr mit Legida zu tun haben. Tillschneider teilte mit, er sei nicht mehr bei Legida aktiv. Auch Koschkar erklärte, er sei aus dem Organisationsteam ausgetreten. Die Sachsen-AfD ist derweil um Abgrenzung bemüht: Das Engagement der beiden Mitglieder für Legida sei deren Privatsache gewesen, beteuert Generalsekretär Uwe Wurlitzer. In Dresden sucht die AfD dennoch die Annäherung: Für den kommenden Mittwoch hat sie die dortige Pegida-Spitze zum Gespräch eingeladen.

17-Punkte-Papier

Man kann nicht sagen, dass sie sich bei Legida keine Gedanken gemacht hätten. Nach Wochen des Schweigens steht ein Positionspapier mit 17 Punkten online, inklusive fünf A-4-Seiten Erläuterungen zum Download - ein seltsames Sammelsurium von Forderungen, von der „Schaffung eines Einwanderergesetzes“ über die Reform des Steuerrechts und des Gleichstellungsgesetzes bis hin zu einer „Beendigung des Kriegsschuldkultes“, womit die Autoren des Papiers auf Neonazi-Jargon zurückgreifen.

Folgt man dem Positionspapier, sind den Legida-Bewegten „Fremdenhass, Rassismus und Extremismus fremd“. Klingt gut. Man kann sich aber fragen, wie ernst das gemeint ist, sind auf der Facebook-Seite von Legida doch auch ganz andere Kommentare zu lesen. Da werden Flüchtlinge als „Dreckspack“ verunglimpft, die man - mit Blick auf ihre lebensgefährlichen Fluchtrouten übers Mittelmeer - „in ihrer Nussschale wieder heimschicken“ müsse. Da wird mit „Schrotflinte im Nachtschränkchen und Colt unterm Kopfkissen“ gedroht.

Kein Wunder, dass der Protest gegen Legida zunimmt: Nach Angaben der Leipziger Stadtverwaltung sind für den 12. Januar bislang sieben Gegendemonstrationen mit mehr als 5 000 Teilnehmern angemeldet. Dazu aufgerufen haben Kirchen, Vereine und Gewerkschaften. Die Facebook-Seite einer Anti-Legida-Initiative verzeichnet 11 500 „Gefällt mir“-Klicks, 5 000 mehr als die Legida-Seite selbst.

Wie hier in Dresden soll am 12. Januar auch in Leipzig demonstriert werden.
Wie hier in Dresden soll am 12. Januar auch in Leipzig demonstriert werden.
dpa Lizenz