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Prozess in Dessau-Roßlau Prozess in Dessau-Roßlau: Kannibalismus-Phantasien und Kinderpornografie

Von thomas steinberg 03.12.2014, 20:47
Ein Datenträger mit dem Titel „Kinderpornographie“ im Laufwerk eines Notebooks
Ein Datenträger mit dem Titel „Kinderpornographie“ im Laufwerk eines Notebooks dpa/symbol Lizenz

dessau-rosslau - Irgendwo in den Untiefen des Internets, in einem Chatroom, lebte M. seine sexuellen Phantasien aus. Doch als der Dessauer Mittsechziger ankündigte, einen Menschen in Roßlau zu schlachten und zu verspeisen, wurde es seinem Gesprächspartner wohl doch zu viel - er rief die Polizei. Und die schaute bei M. vorbei. Das war im März 2012. Zwei Jahre später wurde M. verurteilt.

Nicht wegen seiner kannibalistischen Phantasien. Sondern wegen der kinderpornografischen Bilder, die bei ihm auf einer Festplatte gefunden wurden. M.’s gruselige Ankündigungen hingegen waren für die Ermittler am Ende ohne Belang. Grundsätzlich gilt zunächst auch für das Strafrecht: Die Gedanken sind frei, und mögen sie noch so widerwärtig sein.

Einschränkungen gibt es allerdings: Nazipropaganda ist ebenso untersagt wie Volksverhetzung oder die bloße Beleidigung - aber dazu müssen sie öffentlich geäußert werden. Insofern geht der vor fünf Jahren ins Strafgesetzbuch eingefügte Paragraf 89a - Stichwort: Terrorabwehr - noch weiter. Selbst die noch vage Planung einer schweren Straftat könnte danach zu einer Verurteilung führen, zumindest wenn es nach dem Wortlaut geht.

Mögen nun in einem Chat geäußerte Kannibalismus-Phantasien selbst nicht strafbar sein, dass sie trotzdem die Polizei auf den Plan rufen, um eventuell Schlimmeres zu verhindern, verwundert kaum. So klingelten die Beamten bei M. Aber nicht er öffnete, sondern seine Frau, denn M. war nicht zu Hause. Die Polizisten kündigten an, später wiederzukommen. M.’s Frau alarmierte ihren Mann, der fuhr nach Hause und löschte einige Dateien auf seinem Rechner.

Nicht gut genug, um diese bei der polizeilichen Untersuchung nicht wiederherstellen zu können. Es zeigte sich, dass auf der externen Festplatte elf kinderpornografische Bilder gespeichert waren.

2010 war M. schon einmal wegen des Besitzes von Kinderpornografie zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt wurden, nachdem man bei ihm über 1.000 einschlägige Dateien gefunden hatte. Das zweite Urteil des Amtsgerichts Dessau lautete nun auf 200 Tagessätze à 45 Euro, wogegen M. in Berufung ging. Den Besitz der Bilder selbst stritt er nicht ab, meinte aber, sie nicht absichtlich aus dem Internet heruntergeladen zu haben, sondern sie zufällig und unbemerkt nebst einer Vielzahl anderer Dateien von einer alten Festplatte kopiert zu haben - eine Aussage, die den Richter am Landgericht nicht so wirklich zu überzeugen vermochte.

Außerdem wollte M. den Laptop und die Festplatte zurückhaben, die beide konfisziert worden waren. Beim Laptop hat er gute Chancen, weil der Bundesgerichtshof verfügt hat, dass es unter Umständen ausreiche, die Festplatte, aber nicht gleich den ganzen Rechner einzuziehen. Außerdem soll der Computer M.’s Frau gehören.

Bei der Festplatte stehen seine Chancen wohl deutlich schlechter. Die Begründung, auf dieser befinde sich auch das Familienalbum, hilft da nicht. Die einzige vage Möglichkeit, vom Richter ins Spiel gebracht: M. möge sich mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung setzen, ob die - kostenpflichtig - dafür sorgen könne, dass er die unproblematischen Dateien bekommen könne.

M. zog daraufhin seine Berufung zurück, das Urteil ist damit rechtskräftig. (mz)