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Mukrena Mukrena: Über Bau des Saale-Seitenkanals wird erst 2015 entschieden

Von torsten adam 08.04.2014, 15:13
Schiffbauer Frank Heidenreich demontiert eine so genannte Opferanode - ein Schutzelement am Schiffsrumpf. Wie er arbeiten noch 14 weitere Menschen auf der Mukrenaer Werft, die vor einer unsicheren Zukunft steht, sollte der Bund die Saale im kommenden Sommer zur Restwasserstraße degradieren.
Schiffbauer Frank Heidenreich demontiert eine so genannte Opferanode - ein Schutzelement am Schiffsrumpf. Wie er arbeiten noch 14 weitere Menschen auf der Mukrenaer Werft, die vor einer unsicheren Zukunft steht, sollte der Bund die Saale im kommenden Sommer zur Restwasserstraße degradieren. Engelbert Pülicher Lizenz

mukrena/MZ - Als Familie Fischer vor 18 Jahren die insolvente Werft in Mukrena übernahm und in den Folgejahren kräftig investierte, waren die Hoffnungen groß - auf eine florierende Auftragslage an einer Bundeswasserstraße. „Die Signale, dass der Saale-Seitenkanal gebaut wird, waren positiv, darauf haben wir vertraut“, erinnert Karina Fischer. Das Raumordnungsverfahren wurde positiv abgeschlossen, der Hafen in Halle ausgebaut, die Schleusen am Fluss saniert. Doch bis heute ist das diese Investitionen krönende Vorhaben, die für größere Frachtschiffe zu enge Saale kurz vor der Mündung in die Elbe auszubauen, kein Stück vorangekommen.

Insbesondere weil sich der Bund gegen das vom Land Sachsen-Anhalt gewünschte Projekt sperrt. Obwohl die Industrieunternehmen entlang des Flusses gern mehr Güter auf dem Wasserweg transportieren wollen, obwohl in einer repräsentativen Umfrage vor drei Jahren 74 Prozent der Menschen in der Region für eine wirtschaftliche wie touristische Nutzung der Saale plädierten.

Der politische Streit gipfelte in zwei gegensätzlichen Gutachten, die im Ergebnis die Wirtschaftlichkeit des Kanals bestreiten bzw. bestätigen. Wobei die vom Bund beim Essener Planungsbüro Planco in Auftrag gegebene Studie haarsträubende Fehler offenbart - wie die Rechnung, dass die Bernburger Werke von Solvay und Schwenk keinen Bedarf hätten. Dabei würden beide Unternehmen sehr gern mehr Transporte auf die Saale verlagern. Karina Fischer spricht deshalb von einem „Gefälligkeits-Gutachten“. Eine Geschichte, die sich wiederholt? Planco würde nicht zum ersten Mal daneben liegen.

Millionensumme nicht verbraucht

Warum der Bund für die Saale keinen Cent mehr investieren will, darüber lässt sich nur spekulieren. Finanzielle Aspekte dürften allerdings trotz entsprechender Beteuerungen keine Rolle spielen. Im Dezember 2012 hatte Enak Ferlemann (CDU), Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, verlauten lassen, dass „auf absehbare Zeit keine Spielräume für den Beginn neuer Maßnahmen bestehen. Dies betrifft auch den Ausbau der Saale-Mündungsstrecke.“ Doch überraschenderweise ist vor wenigen Tagen bekannt geworden, dass das Ministerium laut Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen im Jahr 2013 insgesamt 250 Millionen Euro aus dem Wasserstraßen-Etat nicht verbaut und an den Bundeshaushalt zurückgegeben hat. Darüber hinaus seien Gelder, die für die Infrastruktur der Wasserwege gedacht waren, teilweise für Straßenbau-Projekte verwendet worden. „Mit den zurückgegebenen Geldern hätte man den Kanal dreimal bauen können“, sagt Manfred Sprinzek, Präsident des Vereins zur Hebung der Saaleschifffahrt.

Das von Ferlemann verkündete Aus für den Kanal ist jedenfalls Makulatur. Sowohl Bundes- als auch Landesverkehrsministerium bestätigten jetzt auf MZ-Nachfrage, dass eine Entscheidung erst im kommenden Jahr im Rahmen des Bundesverkehrswegeplanes fallen wird, der die Vorhaben bis zum Jahr 2030 festlegt. In Magdeburg werden „die Chancen auf eine letztendliche Realisierung des Kanals als gut eingeschätzt.“ Darauf hatten sich bereits im Vorjahr Landesverkehrsminister Thomas Webel (CDU) und sein Pendant auf Bundesebene, Peter Ramsauer (CSU), verständigt. Und daran hat auch das jüngste Stühlerücken im Bundeskabinett nichts geändert. Mitglieder des Saale-Bündnisses - ein unabhängiger Zusammenschluss von Bürgern - haben in der Vorwoche in einem Brief an den neuen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf die Notwendigkeit des Kanals hingewiesen. „Wir wollen, dass bei uns auf der Werft - wie schon vor mehr als 100 Jahren - auch künftig Schiffe gebaut und repariert werden können. Das geht aber nur, wenn die Schiffe über die Saale ihren Weg hierher finden“, sagt Karina Fischer. 15 Mitarbeiter sind momentan auf der einzigen Saale-Werft beschäftigt, dazu leben weitere Subunternehmer von ihr.

Das verheerende Hochwasser im Juni 2013 hat den Güterverkehr auf der Saale vorläufig zum Erliegen gebracht, weil sich an mehreren Stellen Sand und Kies in der Fahrrinne abgelagert hat. Zwischen Calbe und Barby sind es teilweise nur 44 Zentimeter, weiß der ehemalige Schiffer Helmut Bandau aus Aken. „Selbst für kleine Sportboote reichen diese Fahrrinnentiefen nicht aus.“ Eine zweite gravierende Folge der Sedimentablagerungen in der Flussmitte: Die Saale erreicht bei gleichen Wassermengen nun einen höheren Pegel.

Hochwassergefahr steigt

Dies ist Karina Fischer zufolge besonders für den Elbe-Saale-Winkel, wo über eine Vernässung geklagt wird, ein Problem. Abhilfe könne nur das Ausbaggern der Fahrrinne leisten, was momentan passiere. Doch wenn der Bund wie angestrebt die Saale zur Restwasserstraße abstuft - eine Entscheidung soll laut Bundesverkehrsministerium in den nächsten Wochen fallen - und keine Unterhaltungsmaßnahmen mehr vornimmt, versande der Fluss. Damit einhergehend steige die Hochwasser- und Vernässungsgefahr beträchtlich.

Die 33-Jährige ist ebenso wie Manfred Sprinzek nicht gut zu sprechen auf die „wenigen, aber sehr aktiven Gegner“ des Saale-Kanals von Bündnis 90/Die Grünen und BUND. Denn deren immer wieder vorgebrachten Argumente wie „der Ausbau der Saale zieht den Ausbau der Elbe mit Staustufen zwangsläufig nach sich“ seien falsch und polemisch. Wie auch die Behauptung, dass die Elbe aufgrund ihres niedrigen Wasserstandes kaum schiffbar ist. Die Soll-Fahrrinnentiefe betrage 1,60 Meter und liege nur 20 Zentimeter unter der des Rheins. „Im Vorjahr ist sie kein einziges Mal unterschritten worden“, sagt Karina Fischer. Umweltaktivist Ernst-Paul Dörfler führe stattdessen immer wieder den am Flussrand gemessenen Pegelstand ins Feld, der für die Schifffahrt aber keine Rolle spiele.

Solche Schubverbände wie hier auf der Saale in Bernburg können die enge Flussmündung bei Barby derzeit nicht passieren. Die Saale ist damit vom Güterverkehr der anderen deutschen Wasserstraßen abgeschnitten.
Solche Schubverbände wie hier auf der Saale in Bernburg können die enge Flussmündung bei Barby derzeit nicht passieren. Die Saale ist damit vom Güterverkehr der anderen deutschen Wasserstraßen abgeschnitten.
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