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Verbrechen bei Obhausen Verbrechen bei Obhausen: Wer tötete Daniela?

Von Tilo Krippendorf 13.05.2014, 08:59
Das Suchplakat der Polizei im Fall der getöteten Neunjährigen.
Das Suchplakat der Polizei im Fall der getöteten Neunjährigen. MZ Lizenz

Obhausen/MZ - Ihre Schuhe fehlen bis heute. Als die Polizei die Leiche der neunjährigen Daniela Gabert im hohen Gras findet, ist eine Socke sauber bis zur Hälfte des Fußes herabgerollt, die andere Socke ist verrutscht. Die blaue Windjacke und das T-Shirt sind hochgeschoben, der Bauch ist unbedeckt. Daniela liegt weitab von einem unbefestigten Weg bei Obhausen, ein Hopfenfeld und eine Bahnlinie sind in der Nähe, ihr Zuhause ist nicht mal einen Kilometer Luftlinie entfernt.

Beim Stadtfest verschwunden

Die Mordermittlungen zu Daniela sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Halle im Laufe der Jahre von mehreren Staatsanwälten geprüft worden. Die Jacke des Mädchens mit Anhaftungen von Faserspuren und andere Spuren liegen noch in der Asservatenkammer. Die Akten würden immer auch mit aktuellen Fällen verglichen werden, so die Staatsanwaltschaft. Falls es neue Spuren oder Indizien gäbe, die mit dem Mordfall in Zusammenhang stehen könnten, würden sofort auch wieder neue Ermittlungen aufgenommen.

Es ist der 25. Juni 1988. In Querfurt wird das 1 100-jährige Bestehen der Stadt gefeiert, auf dem Festplatz geht es hoch her. Musiker sind da und ein Rummel. Aus dem ganzen Umland kommen die Einwohner zu dem Spektakel, so auch die Zweitklässlerin Daniela, die sich mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Sandra und einer Freundin an diesem Samstag auf den Weg macht. Doch die Mädchen gehen am Nachmittag nicht gemeinsam zurück nach Obhausen, denn Daniela will noch nicht nach Hause. Vielleicht wollte sie noch Karussell fahren, vielleicht einfach das bunte Treiben beobachten.

Als sie am Abend immer noch nicht da ist, werden die Eltern unruhig. Nachbarn werden gefragt, die Gegend wird abgesucht. Kurz vor Mitternacht benachrichtigen die Eltern schließlich die Polizei, die sich ebenfalls auf die Suche nach dem vermissten Mädchen macht. Am darauffolgenden Tag wird die Leiche des Kindes schließlich gefunden, weit abgelegen unter ein paar Pappeln. Druckstellen am Hals weisen die damaligen Ermittler schnell auf die Todesursache: Daniela wurde grausam erwürgt. Ein seltsames Gemisch aus Blut, Sperma und Speichel wird auf einem Ärmel ihres T-Shirts gefunden - eine in der Folge wichtige Spur. Doch körperlich vergewaltigt wurde das Mädchen offenbar nicht.

„Weiterhin ist aus dem gesamtem Fundortbereich erkennbar, dass das Mädchen dort abgelegt wurde“, heißt es im Bericht der Kriminalpolizei. Wahrscheinlich ist, dass Fund- und Tatort nicht übereinstimmen. Schnell kommt die Polizei auf ein kleines Bahnhäuschen, das nur wenige hundert Meter weit weg ist. Vermutlich wurde Daniela dort getötet und dann in das hohe Gras geschleppt. Doch ihr Mörder ist bis heute davongekommen.

Verstrickt in Widersprüchen

Kurz nach der Tat wird ein damals 24-Jähriger Mann aus der Region verdächtigt, ein ehemaliger Hilfsschüler. Der gibt die Tat zu und kommt sofort in Untersuchungshaft. Mit einem Kameramann stellt die Polizei den Tathergang gemeinsam mit dem Verdächtigen nach. „Es ist hochinteressant, was damals gemacht worden ist“, sagt Staatsanwalt Klaus Wiechmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Halle, wo mehrere Ordner mit den Akten noch heute im Fach 136 griffbereit liegen. „Doch was der Verdächtige damals zur Tat angab, passte alles nicht zusammen, er kam wieder frei“, sagt Wiechmann. Als die Technik weiter fortgeschritten war, wurde im Jahr 2001 auch ein DNA-Vergleich zwischen der Spermaspur und dem Verdächtigen angefertigt, ohne eindeutige Übereinstimmung. Seitdem liegen die Ermittlungen zum Mord an Daniela auf Eis. „Die polizeilichen Ermittlungsmöglichkeiten sind ausgeschöpft“, sagt Wiechmann.

Mutter macht Vorwürfe

Danielas Mutter Eveline Gabert will sich damit nicht zufrieden geben. Mehrere Anwälte hatte sie schon mit der Prüfung des Falls beauftragt, ohne Erfolg. „Ich kann Daniela nicht lebendig machen, aber ich will verstehen, wie es sein kann, dass in einer Mordermittlung ein Beweismittel verschwindet“, sagt die heute 67-Jährige. Denn dass T-Shirt mit der Sperma- und Blutspur ist in der Asservatenkammer nicht mehr zu finden, offiziell, weil es im Zuge der Untersuchungen „verbraucht“ worden sei. Auch dass der damals Tatverdächtige unschuldig ist, glaubt Eveline Gabert nicht. „Er hat offenbar genau beschrieben, wie sich Danielas Gesicht verfärbte, als er ihr den Hals zudrückte, das denkt man sich nicht aus.“ Noch heute wohnt sie im gleichen Haus wie damals - ganz allein. Ihre Tochter Sandra starb drei Jahre nach Daniela bei einem schweren Verkehrsunfall.

Mutter Eveline Gabert mit einem Bild ihrer Tochter.
Mutter Eveline Gabert mit einem Bild ihrer Tochter.
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Mit einem Verdächtigen stellte die Polizei den Mord an der Neunjährigen nach. Doch Beweise für die Tat wurden nie ermittelt.
Mit einem Verdächtigen stellte die Polizei den Mord an der Neunjährigen nach. Doch Beweise für die Tat wurden nie ermittelt.
Repro/Krippendorf Lizenz