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Reportage einer Pflückerin Reportage einer Pflückerin: Erdbeerernte in aller Frühe

Von Julia Bachmann 03.06.2018, 14:00
Kiste Erdbeeren
Kiste Erdbeeren Marco Junghans

Langeneichstädt - Erdbeeren pflücken kann ja nicht so schwer sein. Ich erinnerte mich an vergangene Sommer, in denen ich auf Selbstpflückfeldern meine Eimer füllte und nach kurzer Zeit mit meiner eigenen Ernte nach Hause ging. Auf Selbstpflückfeldern waren schon viele, bei der Ernte in den Betrieben mitgeholfen haben bisher sicherlich die wenigsten.

Das war meine Aufgabe am Dienstag. Nicht am Nachmittag, nachdem ich ausgeschlafen hatte, sondern in aller Frühe: Dreiviertel sechs morgens sollte ich auf dem Hof sein. Ein wenig schockiert war ich über diese Uhrzeit schon. Schließlich war ich selbst in meiner Schulzeit später als fünf Uhr in den Tag gestartet. Im Nachhinein war ich über „nur“ 18 Grad am Morgen dankbar.

Erdbeeren an 20 Ständen in der Region

Eine dreiviertel Stunde nach dem Weckerklingeln stand ich also auf dem Spargelhof von Familie Hindorf. Dort herrschte schon geschäftiges Treiben, die Arbeit auf dem Hof hatte begonnen und die ersten Arbeiter zur Ernte auf den Feldern trafen ein. Hindorfs sind weit über Langeneichstädt hinaus für ihren Spargel und auch ihre Erdbeeren bekannt. Inzwischen bauen sie auf 30 Hektar Spargel und auf drei Hektar Erdbeeren an.

Außerhalb des Hofladens werden ihre Produkte an 20 Ständen in der Region verkauft. Auch beliefern sie etwa 70 Supermärkte, die Wert auf regionale Produkte legen, sowie Gastronomen. Von Antje Hindorf, der Chefin des Hofes, wurde ich in die Kunst des Erdbeerpflückens eingewiesen: „Pflücken, nicht reißen. Legen, nicht schmeißen.“ Schon ging es zusammen mit den anderen Pflückern auf eines der Erdbeerfelder.

Beim Pflücken stellte ich mich gar nicht so ungeschickt an

Ich folgte den Rumänen, die den Weg fast täglich zurücklegen: Erst liefen wir die Straße entlang, dann folgten wir Schleichwegen bergauf, bis die Felder sich schließlich vor uns auftaten. Dabei erstreckten sich die Reihen von Erdbeerpflanzen so weit, dass ich von vorne nicht einmal ihr Ende sehen konnte. Mit gleich mehreren Kisten beladen verteilten sich die Pflücker in den Reihen. Manche hatten einen kleinen Handwagen dabei, um die Kisten besser transportieren zu können. Ich versuchte mich erst mal an nur einer Kiste.

Beim Pflücken stellte ich mich gar nicht so ungeschickt an. Zumindest war meine erste Kiste nur wenige Erdbeeren später eher voll als die meiner Nachbarin. Nachdem ich aber gerade mit meiner dritten begonnen hatte und einige der Pflücker schon vier volle Kisten zum Transporter brachten, gestand ich mir doch ein, dass ich nicht so geübt war wie sie.

Mein Rücken schmerzte bereits nach kurzer Zeit

Mein Rücken schmerzte bereits nach kurzer Zeit und auch meine Füße schienen die gehockte Stellung nicht gewöhnt zu sein. Aber ich gab mich noch nicht geschlagen. Ein paar Wehwehchen hatte heutzutage schließlich jeder. So kämpfte ich mich weiter durch den Dschungel aus Erdbeerpflanzen. Ein bisschen erinnerte es mich an Ostern: Unter jedem Blatt suchte ich nach den roten Früchten. Bei den Tausenden Erdbeeren, die die Reihen zierten, wurde man aber meistens fündig.

Zwischendurch bereute ich, dass meine Rumänischkenntnisse gegen Null gehen. Denn ein kurzer Plausch mit den anderen Pflückern hätte die Arbeit abwechslungsreicher gestaltet. Die Rumänen kommen jedes Jahr extra nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Nach der Saison, die Ende Juni vorbei ist, kehren sie dann zu ihren Familien zurück.

Fast 30 Kilogramm gepflückte Erdbeeren

Nach etwa drei Stunden, fast 30 Kilogramm gepflückten Erdbeeren und bei inzwischen 25 Grad kapitulierten mein Rücken und ich schließlich doch und überließen die Arbeit wieder ganz den Pflückern. So hatte ich schon zehn Körbe voller Erdbeeren geerntet, bevor viele meiner Klassenkameraden überhaupt aufgestanden waren. Ich hoffe, meine gepflückten Erdbeeren werden von ihren Käufern mit Genuss verzehrt. Schließlich habe ich dafür hart geschuftet. Den Muskelkater spüre ich jetzt schon.

Vor den Pflückern ziehe ich den Hut: Die Rumänen arbeiten Tag für Tag auf den Feldern, die ganze Saison lang. Ich dagegen hatte nur wenige Stunden mitgeholfen und wusste nun trotzdem, dass Erdbeeren pflücken alles andere als einfach und leichte Arbeit ist. (mz)