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Abfall nach Weihnachten Abfall nach Weihnachten: Geschenkpapier ist nicht gleich Altpapier

Von Frank-Thomas Wenzel 26.12.2013, 17:28
Kein Geschenk ohne die passende Verpackung.
Kein Geschenk ohne die passende Verpackung. dpa Lizenz

Frankfurt (Main)/MZ - Auch beim Geschenkpapier wechseln Jahr für Jahr die Modefarben. An Weihnachten 2013 seien Brauntöne kombiniert mit einem starken Dunkelrot oder - etwas gewagter - mit einem Azurblau angesagt, teilt der Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) mit. Das Auspacken als Teil des Schenkrituals gehorcht indes dem immer gleichen Muster. Da muss das Geschenkpapier in Fetzen fliegen.

Doch nach dem Fest quillt der Mülleimer über. Eine unschöne Bescherung. Tatsächlich fallen zum Fest riesige Mengen Papier an, die für eine kurze Zeit zur schmückenden Verpackung der Präsente dienten. Es gibt keine offiziellen Statistiken. Aber eine Hochrechnung macht die Dimensionen klar: Kommen auf jeden Bundesbürger nur 100 Gramm Geschenkpapier, ergibt das rund 8 000 Tonnen. Alles nebeneinander ausgebreitet könnte die Fläche von mehr als 7 000 Fußballplätzen bedecken.

Für die Hersteller der meist bunten Umhüllungen ist Weihnachten die mit weitem Abstand wichtigste Zeit im Jahr. 50 Prozent plus x des jährlichen Geschenkpapier-Umsatzes werde an Weihnachten gemacht, sagt Marcus Vogler, Geschäftsführer der Papierfabrik Wickels. Vogler kann einen klaren Trend erkennen: Bei luxuriösen Papieren wachse die Nachfrage.

„Totaler Irrsinn“

Martin Drews, Bereichsleiter Rohstoff beim VDP, bestätigt dies: „Verpackungen werden generell immer aufwendiger, sie spielen beim Marketing eine wachsende Rolle.“ Dieser Trend übertrage sich auf die Geschenke. Wer beispielsweise mit Bekleidung der gehobenen Art an Weihnachten beglückt wird, muss zunächst einmal eine Schleife lösen, dann das Geschenkpapier entfernen, häufig sind feine Strickwaren dann noch einmal in einem Karton verpackt und zudem noch einmal in Seidenpapier eingeschlagen. Als „totalen Irrsinn“ bezeichnet Thomas Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die Verpackungsflut.

Was passiert genau nach dem Fest mit dem Geschenk-Altpapier? Das kommt ganz darauf an, in welche Tonne der Verbraucher es wirft. Landet es in der grauen Restmülltonne, kommt es unweigerlich in eine Müllverbrennungsanlage. Immerhin ist es auch dort noch zu etwas nütze. Papier hat einen hohen Brennwert, verbessert also die Ausbeute an Energie, die in den Anlagen erzeugt.

Doch eine DUH-Sprecherin macht geltend, dass der Wirkungsgrad relativ gering sei. Als Faustformel gilt, dass bestenfalls nur ein Fünftel der Energie, die einst zur Herstellung des Papiers benötigt wurde, wieder in nutzbare Wärme oder Strom umgewandelt wird. Noch schlechter fällt die Ökobilanz aus, wenn das Geschenkpapier zum Grüne-Punkt-Müll kommt. Dann gelangt es zunächst einmal in eine Sortieranlage. Da es dann mit großer Wahrscheinlichkeit verschmutzt ist, kann es nicht recycelt werden, muss also auch wieder in die Müllverbrennung, allerdings erhöht der Umweg über die Sortierung den Energie-Aufwand erheblich.

Immer ausgefeiltere Verfahren

Bleibt die blaue Tonne. Auf die baut inzwischen eine ganze Industrie. Nach den Worten von VDP-Sprecher Gregor Andreas Geiger wird denn auch das braun-dunkelrote Papier zum größeren Teil aus Altpapier hergestellt. Längst gebrauchtes Fasermaterial ist zum mit Abstand wichtigsten Rohstoff für die Branche geworden. Für 100 Tonnen neues setzt die Branche 72 Tonnen altes Papier ein. Das ist möglich, weil die Branche immer ausgefeiltere Verfahren entwickelt, um Altpapier aufzubereiten – schließlich gelten die Deutschen als Weltmeister im Papier-Recycling. Aber auch in anderen europäischen Ländern wird emsig gesammelt, deshalb wird Altpapier längst wie ein Rohstoff mit tagesaktuellen Notierungen gehandelt, die Preise variieren derzeit je nach Qualität zwischen 20 und mehr 320 Euro pro Tonne, schließlich wird inzwischen in 56 verschiedene Kategorien unterschieden.

Geschenkpapier fällt in die Abteilung „untere Sorten“. Zu welchem Preis es verkauft werden kann, hängt davon ab, was sonst noch so in der Tonne liegt und ob der Entsorger es noch einmal sortiert. Davon hängt auch ab, was aus dem bunten Papier vom Weihnachtsabend wird. Wird es als „unsortiertes, gemischtes Altpapier“ weiterverkauft, können daraus Wellpappe oder Eierkartons werden. Kommt es mit Zeitungen in die Papierfabrik zurück, kann es wieder zum Verpacken von Präsenten oder für journalistische Produkte genutzt werden.

Allerdings, Geschenkpapier ist nicht gleich Geschenkpapier. Es gibt unüberschaubare viele Varianten. Das kann bunt bedrucktes Einfachpapier sein. Es kann aber auch von der Firma Wickels kommen. Die beschichtet Papier mit einer hauchdünnen farbigen Aluminiumfolie. Zweck der Übung: Damit lässt sich geprägtes Papier mit erhabenen Mustern herstellen. Wiederverwerten lässt sich auch dieses Papier – so lange der Anteil der fremden Stoffe gering ist. Da dies nicht immer der Fall ist, wird das Recycling aufwendig.