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Elektroautos und die Ladesäulen Elektroautos: Robotron will helfen, damit E-Autos das Stromnetz nicht sprengen

Von Steffen Höhne 22.10.2017, 15:45
Um mehr E-Autos auf die Straßen zu bringen, müssen auch mehr Ladestationen installiert werden.
Um mehr E-Autos auf die Straßen zu bringen, müssen auch mehr Ladestationen installiert werden. dpa

Halle (Saale) - Bei der Elektro-Mobilität gilt Norwegen als Musterland. In keinem anderen Staat haben E-Autos so viel Fahrt aufgenommen. Dank hoher staatlicher Förderung waren 2016 nicht nur 15,7 Prozent aller Neuzulassungen reine Stromer, hinzu kamen 24,5 Prozent Hybridfahrzeuge, die zumindest einen Teil des Fahrwegs elektrisch zurücklegen. Das heißt, über 40 Prozent aller neuen Autos stehen unter Strom.

Ausgerechnet die Elektrowagenvereinigung rät Autofahrer nun aber davon ab, sich im Großraum Oslo ein E-Auto anzuschaffen - wenn sie nicht die Möglichkeit haben, es zu Hause zu laden. Der Grund: Norwegens Hauptstadt kommt nicht mit der Installation öffentlicher Ladestationen für die bereits 50 000 E-Autos in der Region nach. Die reine Anschaffung der Technik dürfte das kleinste Problem sein. Doch muss auch die Infrastruktur vorhanden sein: ein Stellplatz und eine ausreichende Stromversorgung.

Elektromobilität und E-Autos in Norwegen: Netzengpass um 18 Uhr

Das Dresdner Unternehmen Robotron Datenbank-Software arbeitet daran, dass zweite Problem zu lösen. „Vor allem in den Vorstädten der Ballungsräume ist das Energiesystem unzureichend auf Tausende neue Elektro-Fahrzeuge vorbereitet“, sagt Unternehmenschef Björn Heinemann, der am Montag beim Envia-M-Energiekonvent in Leipzig auftritt.

Strom sei ausreichend vorhanden. Ein E-Auto benötigt bei normaler Nutzung (10.000 Kilometer im Jahr) etwa so viel Energie wie ein Ein-Personen-Haushalt. „Problematisch wird es, wenn in einer Straße fünf Ladestationen um 18 Uhr in Betrieb gehen“, so Heinemann. Zu dieser Zeit würden in Einfamilienhäusern die Ladesäulen wohl häufig genutzt.

„Wir arbeiten an einer Softwarelösung, bei der der Stromnetzbetreiber mit den Ladesäulen kommuniziert“, erläutert Heinemann. Ziel sei es, große Nachfragespitzen zu vermeiden. „Wenn das E-Auto sowieso die ganze Nacht steht, reicht es auch, wenn es ab 23 Uhr geladen wird.“ Der Besitzer müsste dann beispielsweise nur eingeben, ab wann er das Auto wieder nutzen möchte. Die Software würde den Ladevorgang je nach Stromnetzauslastung selbst steuern.

Mit dem Namen Robotron verbinden die meisten Menschen das ehemalige DDR-Mikroelektronik-Kombinat, das unter anderem Computer herstellte. Robotron Datenbank-Software hat sich nach 1990 herausgegründet und schnell auf Softwarelösungen für die Energiewirtschaft spezialisiert.

Täglich werden Millionen Messwerte von Strom- und Gaszählern aufgenommen. Robotron schreibt die Programme, um diese Daten zu verarbeiten und für Abrechnungen zur Verfügung zu stellen.

Das Unternehmen mit 440 Mitarbeitern kennt die Bedürfnisse der Energie-Unternehmen. Für eine Software, die den Ladevorgang bei E-Autos steuert, spricht, dass in den kommenden Jahren zunächst größere Stromkunden und dann auch kleinere mit Smart Meter ausgerüstet werden.

Anstatt des analogen Stromzählers im Keller, wird ein digitaler Zähler installiert, der nicht nur Daten aufnimmt, sondern auch an den Netzbetreiber senden kann. „Damit wird eine Steuerung der Stromversorgung ermöglicht“, so Heinemann.

Stromnetz für Elektroautos: Leitungsausbau auf Verdacht?

Der größte Stromnetzbetreiber in Mitteldeutschland heißt Mitnetz Strom mit Sitz in Halle. Mehr als 70 000 Kilometer Stromleitungen unterhält das Unternehmen. „Schon heute haben wir durch Windkraft- und Solaranlagen keine kontinuierliche Einspeisung von Strom mehr. Sollten auch auf der Abnehmerseite durch E-Autos neue Nutzungsspitzen entstehen, wird die Netzsteuerung noch schwieriger“, sagt Mitnetz-Chef Adolf Schweer.

Der Netzbetreiber hat Hochrechnungen angestellt, wie sich die Auslastung der Stromnetze durch E-Autos ändern würde. Bereits ab einem Anteil von 20 Prozent kämen einige städtische Regionen in einen kritischen Bereich. Schweer muss nun entscheiden: „Sollen wir auf Verdacht die Stromnetze ausbauen?“

Die Ostdeutschen stehen dem E-Auto eher skeptisch gegenüber. Wie auch Heinemann plädiert Schweer für eine intelligente Steuerung der Ladestationen. Bis dahin muss noch viel getan werden. Heute bemerken Stromversorger die Installation privater Ladestationen meist nur daran, dass der Verbrauch auf einmal in die Höhe schießt. (mz)