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Untreue-Vorwürfe Untreue-Vorwürfe: Ex-Jobcenter-Chefin legt sich mit Nachfolger an

Von Silvia Zöller 05.10.2017, 07:36
Ex-Jobcenter-Chefin Sylvia Tempel steht wegen Untreue-Vorwürfen erneut vor Gericht - hier mit ihren Anwälten Uwe Berthold (links) und Maritta Runde (rechts)
Ex-Jobcenter-Chefin Sylvia Tempel steht wegen Untreue-Vorwürfen erneut vor Gericht - hier mit ihren Anwälten Uwe Berthold (links) und Maritta Runde (rechts) Silvia Zöller

Halle (Saale) - Schon mehrfach musste sich Sylvia Tempel nach ihrem Rauswurf als Chefin des Jobcenters Halle vor Gericht verantworten. Und nun erneut: Am Amtsgericht wird derzeit gegen die 55-Jährige wegen des Vorwurfs der 26-fachen Untreue verhandelt.

Ex-Jobcenter-Chefin Tempel überwies sich monatlich 400 Euro von früherem Arge-Konto

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll die Ex-Geschäftsführerin zwischen 2011 und 2013 unrechtmäßig 11.000 Euro von einem Konto der früheren Arge abgehoben haben. Damals war Tempel dafür verantwortlich, die Arge, eine gemeinsame Einrichtung der Arbeitsagentur und der Stadt, aufzulösen. Und dafür, so die Argumentation der Angeklagten, habe es einen Arbeitsvertrag gegeben, nach dem ihr 400 Euro monatlich für diese Tätigkeit zugestanden hätten. „Ich weise die Vorwürfe zurück“, sagte Sylvia Tempel entschieden.

Untreue-Prozess in Halle (Saale): Auch derzeitiger Jobcenter-Chef Jan Kaltofen sagt gegen Tempel aus

Das sieht die Staatsanwaltschaft jedoch anders. Zum einen gebe es nur einen Entwurf zu einem Arbeitsvertrag, der nur einseitig vom damaligen Wirtschaftsdezernenten Wolfram Neumann unterschrieben ist - aber nicht von der Arbeitsagentur. Zum anderen sei Tempel als Jobcenter-Chefin damals von der Arbeitsagentur bezahlt worden und die Tätigkeit als Liquidatorin der Arge sei in ihrem Gehalt inklusive gewesen.

Zumindest wird das heute so gehandhabt: Der jetzige Leiter der Jobagentur und Nachfolger von Tempel auch als Arge-Liquidator, Jan Kaltofen, sagte als Zeuge aus: „Ich erhalte für die Tätigkeit als Liquidator keine Vergütung, das ist unüblich.“

Untreue-Vorwürfe: Jobcenter-Chef Kaltofen hatte Strafanzeige gegen Sylvia Tempel gestellt

Kaltofen hatte das Verfahren gegen Sylvia Tempel 2015 mit einer Strafanzeige ins Rollen gebracht, nachdem er überrascht bemerkt hatte, dass die Auflösung der Arge längst nicht abgeschlossen war und ihm sogar Mahnungen wegen unbezahlter Rechnungen der Arge auf den Tisch flatterten. „Normalerweise ist das innerhalb eines Jahres erledigt“, so Kaltofen.

2011 wurde die Auflösung der Einrichtung beschlossen, aber 2015 noch immer nicht erledigt. Zwischenzeitlich hat Kaltofen die Schritte dafür veranlasst und hofft darauf, Ende des Jahres endgültig die Aktendeckel schließen zu können. „Es ist keine Liquidation betrieben worden in den früheren Jahren“, so sein Vorwurf.

Untreue-Prozess in Halle (Saale): Sylvia Tempel und Jobcenter-Chef Jan Kaltofen offen verfeindet

In dem Prozess geht es auch um mutmaßlich verloren gegangene Akten, die Aktivitäten um die Auflösung belegen könnten. Und um die Frage, ob eine ordnungsgemäße Übergabe von Tempel auf Kaltofen nicht viele Unklarheiten hätte beseitigen können - doch beide sind so sehr verfeindet, dass Tempel offen zugibt: „Ich gebe Herrn Kaltofen nicht die Hand.“ Reden, das hätte sie jedoch nicht verweigert.

Nach einem früheren Freispruch vor dem Amtsgericht in Sachen Vorteilsnahme nach der Affäre um den Bau eines italienischen Gartens durch Ein-Euro-Jobber und der Verurteilung vor der Zivilkammer des Landgerichts auf Rückzahlung eben dieser 11.000 Euro, um die es nun auch in dem Strafprozess geht, ist noch kein Ende in Sicht. Das Oberlandesgericht wird noch über die Berufung Tempels gegen dieses Urteil des Landgerichts entscheiden. Zuvor soll es am 17. Oktober am Amtsgericht Halle ein Urteil geben: War es Untreue oder nicht? (mz)