1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Neue Geländewagen: SUVs und Geländewagen: Autos auf der Automobil-Messe sind größer, schwerer und stärker

Neue Geländewagen SUVs und Geländewagen: Autos auf der Automobil-Messe sind größer, schwerer und stärker

Von Frank-Thomas Wenzel 17.09.2017, 16:30
Bislang nur ein Prototyp ist der Concept X7 i Performance von BMW.
Bislang nur ein Prototyp ist der Concept X7 i Performance von BMW. dpa

Frankfurt - Porsche zeigt auf seinem IAA-Stand auch ein ziemlich altes Auto. Einen Porsche 959 aus dem Jahr 1986. Der Sportwagen wurde seinerzeit für die Rallye Paris-Dakar zu einem Geländewagen umgebaut, und er gewann die Wettfahrt durch die Wüste.

Warum tun die das? Porsche inszeniert damit seine Sports Utility Vehicle (SUV), Cayenne und Macan, als legitime Nachfahren des legendären 959er. Das hat mit einem Identitätsproblem zu tun. Die Porsche-Leute sehen sich immer noch als Sportwagenbauer. Tatsächlich verkauft das Unternehmen aus Stuttgart-Zuffenhausen längst deutlich mehr Pseudogeländewagen als sportlich ambitionierte Pkw.

Was jeder Hersteller präsentiert ein neues SUV-Modell

Kaum ein anderer Hersteller profitiert vom Boom der wuchtigen Vehikel so stark wie die Schwaben. Neben dem Paris-Dakar-Sieger steht am Porsche-Stand der neue Cayenne. Mit Vollausstattung kostet die Turbo-Variante knapp 170 000 Euro. Er bringt stolze 2200 Kilogramm auf die Waage und braucht deshalb offenbar einen Motor mit 550 PS. Was bedeutet, dass der Normverbrauch an Super-Plus-Benzin mit 11,9 Liter auf 100 Kilometer angegeben wird. Mindestens 15 Liter dürften realistisch sein.

Autos aus dieser Kategorie gibt es auf der Autoausstellung in Frankfurt bei jedem Hersteller, der was auf sich hält, zu bewundern. Bei Mercedes etwa ist es der GLS. Selbst BMW, ein Autobauer der sein Öko-Image gern hervorkehrt, zeigt ein Fahrzeug im Format eines Kleinlastwagens – Concept X7 nennen die Münchner den Prototypen. Es handelt sich um so etwas wie das dicke Ende unter den SUV: Fahrzeuge mit drei Sitzreihen. Diese sind primär für den US-Markt gedacht. Dort hat der Boom vor gut einem Jahrzehnt seinen Anfang genommen.

Und er will nicht enden. In den USA haben die Light Trucks – SUV und Pritschenwagen (Pickups) – einen Marktanteil von gut zwei Drittel. In China waren nach Angaben des Center Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg-Essen in den ersten sieben Monaten sogar drei Viertel aller Neuzulassungen reinrassige Geländelimousinen oder Mischlinge mit erhöhtem Einstieg (Crossover).

540 000 Neuzulassungen von SUVs in diesem Jahr

Deutschland hinkt da noch hinterher. Der Anteil an den verkauften Neuwagen nähert sich der 25-Prozent-Marke. Doch die Zuwachsraten sind enorm. Im August lag die Zahl der neuzugelassenen SUV 30 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats. In absoluten Zahlen haben die Hochgebockten mit fast 540 000 Neuzulassungen in den ersten acht Monaten zum bislang dominierenden Segment der Kompaktwagen aufgeschlossen. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu prognostizieren, dass der SUV in allernächster Zeit zur wichtigsten Ausprägung der Spezies Pkw wird. Deshalb ist für CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer klar: „Weltmarktführerschaft war gestern, heute heißt das Ziel SUV-Weltmarktführerschaft.“

Das spüre man auch in Frankfurt auf der IAA. Obwohl die Autobauer in ihrer Showeinlagen für die Presse, Funk und Fernsehen sich gerne als Pioniere einer neuen Mobilität präsentieren, zeigen sie in den Messeständen ganz entschieden, was ihnen beim Geldverdienen wichtig ist: die Sport Utility Vehicle. Die Gründe für den Boom sind vielfältig: „Es ist die erhöhte Sitzposition“, heißt es schlicht und einfach am VW-Stand, wo das neue Crossover-Modell T-Roc gezeigt wird. Das vermittle mehr Übersicht und mehr Sicherheit, und das sei vor allem für Frauen wichtig, für die der T-Roc vor allem gedacht ist. Ein Auto, dessen Silhouette noch immer an einen Geländewagen erinnert. Allerdings ist der T-Roc für Offroad-Abenteuer gar nicht mehr tauglich. Sein Revier soll vor allem die Stadt sein.

Mit Pseudogeländewagen verdienen Autobauer mehr

Ein weiterer wichtiger Faktor für den SUV-Boom sind die Treibstoffpreise. Das anhaltend niedrige Niveau insbesondere beim Diesel senkt die Hemmschwelle, sich einen Spritfresser zuzulegen. Nach Ansicht von Branchenkennern hat sich inzwischen ein selbstverstärkender Effekt eingestellt, der immer wieder in der Autobranche zu beobachten ist: Die Autos, die auf der Straße unterwegs sind, machen Werbung für sich selbst.

Die wachsende Zahl der SUV treibt die Nachfrage immer weiter an. Und die Autobauer verstärken dies bereitwillig mit ihrem Marketing noch. Denn Pseudogeländewagen sind im Durchschnitt größer, schwerer und stärker motorisiert als die Kompakten und die Limousinen und deshalb wird mit Cayenne und Co mehr verdient als mit den automobilen Normalos.

Nachfolger: Pick-Ups für unabhängige Männer

Der neueste Trend hierzulande sind noch etwas wuchtigere Fahrzeuge. Die neue X-Klasse von Mercedes gehört dazu: Pick-ups. Einst für Farmer in Mittelwesten kreiert, prägen sie längst auch das Straßenbild vieler Metropolen. In der Originalversion haben sie eine offene Ladefläche, die einst dazu diente, Strohballen, Hühner oder Schafe zu transportieren. Das dürfte bei den X-Klasse-Modellen, die demnächst hierzulande verkauft werden, eher die Ausnahme sein.

Vielmehr sei das Auto für die Zielgruppe „Independent“ gedacht, heißt es am Mercedes-Stand. Das sind fast ausschließlich Männer, die sich als frei und unabhängig inszenieren und für die SUV schon viel zu sehr im automobilen Mainstream dümpeln. Als Spitzenmodell soll nächstes Jahr ein Pritschenwagen mit einem 258 PS starken Dieselmotor angeboten werden.

Die Selbstzünder-Technik dominiert noch immer die SUV-Welt. Je größer das Fahrzeug, um größer der Diesel-Anteil. Diese Faustformel gilt noch immer und hat damit zu tun, dass Diesel hierzulande wegen niedrigerer Energiesteuern deutlich billiger ist als Benzin. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bringt das auf die Palme: Auf der IAA werde eine „beispiellose Offensive bestellbarer schmutziger Diesel-SUV“ vorgeführt, beklagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

Der Grandland X erweitert bald die SUV-Palette von Opel.
Der Grandland X erweitert bald die SUV-Palette von Opel.
rtr