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Warnruf der freien Schulen Warnruf der freien Schulen: Unabhängige Träger fühlen sich an den Rand gedrängt

Von Hagen Eichler 12.09.2017, 06:00
Kinder auf ihrem Weg zur Schule.
Kinder auf ihrem Weg zur Schule. dpa

Magdeburg - Die Kirchen gehören nicht zu den lauten Lobbygruppen im Land, Konflikte versuchen sie im Hintergrund zu lösen. Umso lauter hallt der Appell nach, den Stephan Rether vom Katholischen Büro am Montag in Richtung Landesregierung richtete:

„Heute führen wir als freie Schulen in Sachsen-Anhalt tatsächlich einen Existenzkampf“, klagte er. Sachsen-Anhalt drohe ein Rückfall „in einen staatlichen Bildungstotalitarismus“.

Land Sachsen-Anhalt gibt Privatschulen Regeln vor

Anlass der harten Worte ist ein Streit um die Regeln, die das Land Privatschulen vorgibt. Zum einen geht es um die Finanzierung. Laut Landesverfassung haben die Privaten „Anspruch auf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen öffentlichen Zuschüsse“.

Das Schulgesetz schränkt diese Zusage in vielen Punkten ein - zu Unrecht, wie der Verband der Privatschulen mit einem Gutachten der hannoverschen Verfassungsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf belegen will.

Land zahlt lediglich eine Pauschale, Gebäudekosten werden nicht erstattet

So werden derzeit nicht die tatsächlichen Sachkosten ermittelt, das Land zahlt lediglich eine Pauschale. Gebäudekosten werden grundsätzlich nicht erstattet, abgesehen von der Möglichkeit, Fördermittel zu beantragen. Das hat Folgen.

„Wir haben seit Jahren vor, auch eine Sekundarschule zu eröffnen. Aber das ist praktisch unmöglich“, sagt Dietrich Lührs, Leiter des Magdeburger Domgymnasiums und Sprecher der christlich orientierten Schulen in Sachsen-Anhalt.

Kirchen wollen Druck auf das Land deutlich erhöhen

Die beiden Kirchen wollen nun den Druck auf das Land deutlich erhöhen. Die katholische Edith-Stein-Schulstiftung, die etwa das Elisabeth-Gymnasium in Halle und das Liborius-Gymnasium Dessau-Rosslau betreibt, stellt sich auf eine Klage ein. „Wir haben einen juristischen Berater genommen, um die Chancen zu prüfen“, sagt Rether, der Leiter des Katholischen Büros.

„Auch wir schließen eine Klage nicht aus“, sekundiert Albrecht Steinhäuser, Beauftragter der evangelischen Kirchen. „Die juristische Option steht.“

Verweigert das Landesschulamt den Privatschulen die Einstellung von Lehrern?

Doch nicht nur um Geld geht es im Streit mit dem Land. Immer wieder klagen die Privatschulen, das Landesschulamt verweigere ihnen die Einstellung von Lehrern. Bei den öffentlichen Schulen lege die Behörde weniger strenge Maßstäbe an.

„Es kann nicht sein, dass der Staat Lehrer einstellt, die keine Ausbildung haben, und uns wird das verwehrt“, sagt der Vertreter der christlichen Schulen, Lührs. In den meisten Fällen geht es um sogenannte „Neigungslehrer“, also Pädagogen, die in anderen Fächern oder anderen Schulformen unterrichten als in ihrer Ausbildung vorgesehen.

Mehr Schüler an Schulen in freier Trägerschaft in Sachsen-Anhalt

Rund 100 allgemeinbildende Schulen in freier Trägerschaft gibt es in Sachsen-Anhalt. Dort lernen derzeit 17 600 Schüler, 5 000 mehr als vor fünf Jahren. Die Eltern zahlen dort Schulgeld, häufig um die 150 Euro im Monat.

Mit dem Geld gleichen die Träger aus, dass das Land nur einen Teil der tatsächlichen Kosten erstattet. Nach Angaben des Verbands der Privatschulen (VDP) gibt Sachsen-Anhalt für einen Schüler an einer freien Schule 45 Prozent weniger aus als für einen Schüler an einer öffentlichen Schule.

Das Bildungsministerium verweist darauf, dass das Land seine Ausgaben für freie Schulen seit Jahren deutlich steigere. Die Zuwachsraten lägen zwischen sechs und 8,5 Prozent, betonte Sprecher Stefan Thurmann. Ein unabhängiges Gutachten, das die Schülerkosten vergleichen soll, liegt nach wie vor auf Eis. (mz)