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Nach Urteil im Fall Yangjie Li Nach Urteil im Fall Yangjie Li: Dreijähriger muss ohne inhaftierte Eltern feiern

Von Ralf Böhme 30.08.2017, 08:00
Sebastian F. am Tag der Urteilsbegründung vor dem Landgericht.
Sebastian F. am Tag der Urteilsbegründung vor dem Landgericht. DPA

Dessau-Roßlau - Das gemeinsame Kind von Xenia I. und Sebastian F. hat an seinem Geburtstag die Eltern nicht gesehen. Der inzwischen dreijährige Junge, geboren im August 2014, kennt eigentlich weder Vater noch Mutter.

Beide sitzen seit Mai 2016 hinter Gittern. Im Prozess um die brutale Tötung der Studentin Yangjie Li ist das Paar Anfang August zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Chinesin starb im Mai vergangenen Jahres. Wenige Tage später setzte die Polizei die Verdächtigen fest.

Wie die Stadt Dessau-Roßlau der MZ bestätigt, übt nun das Jugendamt die elterliche Gewalt über das Kind und seinen zwei Jahre älteren Bruder aus. „Die Kinder sind versorgt.“ Weiter äußert sich der Sprecher der Stadtverwaltung zum Einzelfall nicht.

Mordfall Yangjie Lie: Mutter in Haft - Großmutter will sich um Enkel kümmern

Innerhalb einer Amtsvormundschaft sichert das Amt mittels Sozialtransfers die materielle Lage der beiden Jungen und vermittelt Erziehungshilfe. Unterstützung erhält gleichzeitig die Großmutter als einzig verfügbare Bezugsperson. Sie will sich um ihre Enkel kümmern, solange deren Mutter und ihr ehemaliger Lebensgefährte im Gefängnis sind.

Die „Inobhutnahme“, so der juristische Fachbegriff, kann erst enden, wenn die Kinder von den Erziehungsberechtigten wieder aufgenommen werden können. Allerdings bedarf es dazu möglicherweise einer familiengerichtlichen Entscheidung, zumal Sebastian F. der leibliche Vater nur des jüngeren Kindes ist. Dessen älterer Bruder entstammt einer früheren Beziehung von Xenia I. Ihn brachte sie mit 16 zur Welt, mittlerweile ist der Junge fünf Jahre alt.

Laut Landgericht Dessau-Roßlau soll Xenia I. wegen der schweren Vergewaltigung von Yangjie Li für fünf Jahre und sechs Monate hinter Gitter. Sebastian F., der dem Urteil zufolge schuldig ist am Tod der jungen Chinesin, muss voraussichtlich lebenslänglich ins Gefängnis.

Urteile gegen Xenia I. und Sebastian F. noch nicht rechtskräftig

Die 21-jährige Mutter sitzt bis auf Weiteres im Untersuchungsgefängnis „Roter Ochse“ in Halle. Ihr gleichaltriger Ex-Partner ist in der Jugendstrafanstalt Raßnitz (Saalekreis) inhaftiert. Eine Verlegung ist nach MZ-Informationen vorerst nicht vorgesehen. Beide sollen sich nach anfänglichen Reibereien mit dem Personal und anderen Insassen gut eingelebt haben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl die Anklage als auch die Verteidigung haben dagegen Revision eingelegt. Über die Anträge muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Gerichtssprecher Frank Straube in Dessau-Roßlau rechnet damit, dass das jedoch erst im kommenden Jahr erfolgen werde. Bislang liegt noch nicht einmal die schriftliche Urteilsbegründung vor.

Staatsanwaltschaft fordert härtere Strafe

Aufgrund der langen Prozessdauer, von November 2016 bis August 2017, räumt der Gesetzgeber dafür eine längere Frist ein - in diesem Fall bis November. Danach bleibt den Prozessbeteiligten ein Monat, um ihre Anträge auf Revision zu begründen.

Anders als das Gericht geht die Staatsanwaltschaft weiter von einem gemeinschaftlichen Mord aus und verlangt eine härtere Bestrafung. Die Verteidigung von Sebastian F. hingegen sieht vor allem den Mordvorwurf als nicht ausreichend erhärtet an und geht lediglich von einer Körperverletzung mit Todesfolge aus. Aber selbst in diesem Falle würden die Kinder noch Jahre warten müssen, bis die Eltern wieder auf freien Fuß kommen. (mz)