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Kongress in Sachsen-Anhalt Russland-Kongress der AfD Sachsen-Anhalt: Sanktionen moralisch inakzeptabel

12.08.2017, 19:45
Der Fraktionsvorsitzende der AfD in Sachsen-Anhalt, Andre Poggenburg, bei dem Russland-Kongress seiner Partei.
Der Fraktionsvorsitzende der AfD in Sachsen-Anhalt, Andre Poggenburg, bei dem Russland-Kongress seiner Partei. dpa-Zentralbild

Magdeburg - In Magdeburg haben rund 250 Gäste aus ganz Deutschland auf Einladung der sachsen-anhaltischen AfD-Fraktion einen ganzen Tag lang auf einem sogenannten Russlandkongress diskutiert.

Der Gastgeber, Partei- und Fraktionschef André Poggenburg, forderte die Aufhebung der seit 2014 geltenden EU-Sanktionen gegen Russland. Die Maßnahmen schadeten massiv der deutschen und vornehmlich der ostdeutschen Wirtschaft und setzten die Stabilität in Europa aufs Spiel, sagte der rechtsnationale Politiker. Den Anlass für die EU-Sanktionen bezeichnete Poggenburg als Hilfskonstrukt und Alibi.

Brandenburgs AfD-Chef, Andreas Kalbitz, forderte Dialog auf Augenhöhe mit Moskau, um den Frieden in Europa zu sichern.

Seit Tagen wird über Äußerungen von FDP-Chef Christian Lindner diskutiert. Er hatte gesagt, Sicherheit und Wohlstand in Europa hingen auch von den Beziehungen zu Moskau ab. «Um ein Tabu auszusprechen: Ich befürchte, dass man die Krim zunächst als dauerhaftes Provisorium ansehen muss.»

Dafür erntete Lindner viel Kritik, aber auch Zustimmung von der Linken-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Sahra Wagenknecht. Die EU erkennt die Einverleibung der Halbinsel Krim durch Russland nicht an, verhängte Sanktionen.

Der Zeitpunkt für den «Russlandkongress» scheint perfekt gewählt. Die Idee sei jedoch schon im Januar entstanden, sagte Poggenburg. Warum veranstaltet die Oppositionspartei im Magdeburger Landtag einen Diskussionstag zu Russland, während in der Landespolitik über Lehrermangel, Fachkräftesorgen und Kinderbetreuung diskutiert wird?

Die Russland-Sanktionen träfen viele sachsen-anhaltische Unternehmen, sagte Poggenburg. Doch die EU-Maßnahmen wurden auf bei dem achtstündigen Kongress nur selten angesprochen. Gibt es noch eine andere Intention?

Es gebe mehrere Erkläransätze, einer heiße Bundestagswahlkampf, sagte David Begrich vom Verein Miteinander. Der Rechtsextremismus-Experte beobachtet auch das Treiben der AfD. Die Partei wolle im Wahlkampf zum einen eine Gruppe gewinnen, welche die anderen Parteien nicht so auf dem Schirm hätten: die Russland-Deutschen, sagte Begrich. Hinzu komme politische Affinität.

«Es gibt einen sehr starken Antiamerikanismus im Rechtspopulismus, der daher eher Russland zuneigt.» Gerade im Osten Deutschlands gebe es dafür einen Nährboden: «Da wirken die alten Gräben des Kalten Krieges nach. In einigen Milieus gibt es nach wie vor eine große Verbundenheit mit Russland.»

Tatsächlich waren in Magdeburg sehr viele Spätaussiedler anwesend, und tatsächlich drehten sich die Reden auf dem Podium mehr um die dominante Rolle der USA in der Weltpolitik als die Russlands. Die AfD-Landeschefs Kalbitz und Poggenburg forderten immer wieder «die vollständige Souveränität Deutschlands». Der Direktkandidat der AfD im oberbayerischen Traunstein, Hans-Jörg Müller, bezeichnete die USA als «Lehnsherr», «Kriegstreiber» und «Wirtschaftsvernichter».

Den meisten Applaus erntete jedoch ein Gast, der am Rande des Kongresses sein umstrittenes rechtes Monatsmagazin «Compact» verkaufte: Der Verleger Jürgen Elsässer, Denker der Neuen Rechten. Er verteidigte den Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke im gleichen Atemzug wie Russlands Präsidenten Wladimir Putin gegen Kritik.

Er sprach von einer «islamischen Invasion», vor der Deutschland verteidigt werden müsse. Er forderte die AfD zur Zusammenarbeit mit dem islamfeindlichen Dresdner Pegida-Bündnis und der rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten «Identitären Bewegung» auf. Ein Großteil des vornehmlich mit älteren Männern besetzten Publikums applaudierte nach Elsässers Rede stehend, darunter der Vize-Landtagspräsident und AfD-Abgeordnete Willi Mittelstädt. (mz/dpa)