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Landgericht  Landgericht : "Reichsbürger" wollte 30.000 Dollar von Finanzamtschef eintreiben

Von Thomas Steinberg 10.08.2017, 06:00
Ein Reisepass der sogenannten Reichsbürger.
Ein Reisepass der sogenannten Reichsbürger. Archiv/dpa

Dessau - Das Landgericht Dessau hat einen Mann aus Leipzig zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt, weil er vom Leiter des Dessauer Finanzamtes 30 000 Dollar verlangt hatte, nachdem dessen Behörde ihm einen Mahnbescheid hatte zukommen lassen. Das Gericht sah das als Nötigung. Der 67-jährige Angeklagte, ein Mann, den man den so genannten Reichsbürgern zuordnen kann, hatte sich vor Gericht selber verteidigt.

Rentner reagierte nicht

Ursprünglich war es in dem Verfahren um Kleinkram gegangen, der dennoch Heerscharen von Juristen ernährt. Der Leipziger war in Merseburg in eine Radarfalle gefahren. Ein Bußgeldbescheid flatterte ihm ins Haus. Doch weder zahlte der Rentner, noch ging er selbst dagegen vor oder nahm sich einen Anwalt. Was dann, wie in solchen Fällen üblich, die Bürokratie auf den Plan rief. Und weil er in Sachsen-Anhalt zu schnell unterwegs und irgendwie das Finanzamt Dessau zuständig war, schickte dies ihm einen Mahnbescheid.

Der 67-Jährige, der sich ein eigenes Wappen hat entwerfen lassen, setzte sich hin und verfasste am „vierzehnten Tag des neunten Monats im Jahr 2015“ ein mit pseudojuristischen Formulierungen gespickten Brief. Den schickte er an den Chef des Dessauer Finanzamtes: Der solle gefälligst die Zahlungsaufforderung seiner „Firma“ zurücknehmen, ansonsten müsse er mit einer Schadensersatzforderung gemäß der von dem Leipziger aufgesetzten Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechnen. Das Finanzamt reagierte nicht, weshalb der Leipziger in einen zweiten Brief für eine „Verletzung durch Entehrung“ 30 000 Dollar nebst einer Gebühr verlangte. Nun reagierte das Finanzamt - mit einer Anzeige.

Landgericht Dessau ist die zweite Instanz

Das Landgericht Dessau ist die zweite Instanz, die sich mit dem Fall befasst. Am Amtsgericht war der Leipziger mit einer Verwarnung davon gekommen. Sollte er während der Bewährungszeit versagen, wäre eine Geldstrafe von 1 000 Euro fällig gewesen. Der Staatsanwaltschaft schien das allzu billig, sie wollte mehr, legte Berufung ein.

Am Landgericht hatte der Richter zunächst seine Mühe, dem Angeklagten zu erklären, dass die Tat selbst rechtskräftig festgestellt sei, man nur über die Höhe der Strafe verhandeln dürfe. Dennoch versuchte der Rentner, seine Sicht der Dinge darzulegen. Vor allem eines war ihm wichtig: Seine Briefe an den Finanzamtschef seien privat und streng vertraulich gewesen. „Die hatten nichts in der Öffentlichkeit zu suchen.“ Außerdem: Was solle das mit dem Reichsbürger im Urteil? Richter: „Das wissen Sie genau.“ - „Nein.“ Doch das Finanzamt als Firma zu bezeichnen und der Verweis auf „deutsches Recht“ in den Briefen – all das ist Reichsbürger-Duktus.

Revision ist weiter möglich

Am Ende der Dessauer Verhandlung stand ein neues Urteil - und ein härteres: Keine bloße Verwarnung, sondern eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 25 Euro, mithin 2 000 Euro. Der 67-Jährige könnte dagegen in Revision gehen. Seine Gesetzesbücher werden ihm dann nicht weiterhelfen - ein Anwalt ist zwingend vorgeschrieben.

(mz)