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Nach Behörden-Schelte Nach Behörden-Schelte: Kampf für Bürgerentscheid zur Scheibe A geht weiter

Von Dirk Skrzypczak 08.08.2017, 15:53

Halle (Saale) - Das Verfahren für den Bürgerentscheid zur Nutzung der Hochhausscheibe A als Verwaltungsstandort in Halle-Neustadt wird nicht gestoppt. Das Landesverwaltungsamt (Lvwa) hatte der Stadt mitgeteilt, dass man das Bürgerbegehren für unzulässig halte.

Die Kommunalaufsicht führt erhebliche Verfahrensfehler an und will den Stadtratsbeschluss vom 21. Juni, der das Begehren für rechtens erklärte, aufheben. Dazu wurde eine Anhörung gestartet. „Wir haben die Argumente geprüft und mehrere Juristen innerhalb und außerhalb der Verwaltung hinzugezogen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht eindeutig falsch ist“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) auf einer Pressekonferenz am Dienstag.

Zukunft Hochhausscheibe A: Rechtsprofessor der Uni Halle stellt sich hinter die Initiatoren des Bürgerbegehrens

Rückendeckung bekommen die Initiatoren des Bürgerbegehren - der Halle-Neustadt-Verein - und die Stadt von Winfried Kluth, Professor für öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität und einst Richter am Landesverfassungsgericht in Sachsen-Anhalt. Der OB hatte den Experten eingeschaltet. „Nach meiner Untersuchung kann ich der Stadt nur zustimmen. Die Argumente der Aufsicht sind nicht begründet.“

So bemängelt das Lvwa, dass die Mitglieder des Stadtrats vor der Sitzung am 21. Juni nicht ausreichend informiert gewesen seien, weil ihnen die Unterlagen zum Begehren erst einen Tag zuvor zugegangen waren. Da aber kein Stadtrat dieses Prozedere gerügt habe, sei der gefasste Beschluss rechtens. „Das steht im Kommunalverfassungsgesetz so auch drin“, meinte Kluth.

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Auch die Kritik des Amtes, der Bürger könne gar nicht über das Thema entscheiden, weil die Scheibe bislang weder einen Eigentümer habe noch saniert sei, wies Kluth zurück. Natürlich benötige ein Investor erst einen Beschluss des Rates oder durch einen Bürgerentscheid. „Sonst würde der Prozess ja gar nicht in Gang kommen.“

Die Kommunalaufsicht begründet die Unzulässigkeit zudem mit einer fehlenden Vergleichbarkeit der Kosten in der Begründung des Bürgerbegehrens auf den Stimmzetteln. Auch hier stimmt Kluth nicht zu. „Die Aussagen zu den finanziellen Belastungen für die Stadt sind klar, die Gutachten mit Informationen zu Alternativlösungen im Internet öffentlich einsehbar.“

Durch die in der Fragestellung des Begehrens gezogene Grenze von 9,90 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter - mehr soll die Stadt im Mietzeitraum von 30 Jahren nicht zahlen - komme es auch nicht zu unkalkulierbaren Risiken für die Stadt. Die Sanierung sei Sache des Investors. Und ergebe sich daraus eine höhere Miete, habe der Beschluss keine Bindung mehr.

Zukunft der Hochhausscheibe A: Verein will weiter für Bürgerentscheid kämpfen

„Wir sind in einem Wechselbad der Gefühle, der Brief des Landesverwaltungsamtes ist für uns ein Schlag ins Gesicht gewesen. Der Bürger kann es nicht mehr nachvollziehen. Wir sind im Verein einhellig der Meinung, dass wir weiter in Richtung Bürgerentscheid am 24. September marschieren wollen“, sagte Andreas Schachtschneider, Vorsitzender des Neustadt-Vereins und CDU-Stadtrat.

Die Stadt wird im Lvwa Akteneinsicht beantragen, außerdem will der OB mit Lvwa-Präsident Thomas Pleye sprechen. Und man werde eine Stellungnahme abgeben, mit Kluths Expertise. Um den Bürgerentscheid vorzubereiten, hat die Stadt bereits Aufträge in Höhe von 100.000 Euro ausgelöst, etwa zum Druck der Stimmzettel. (mz)

Die Hochhausscheiben in Halle-Neustadt.
Die Hochhausscheiben in Halle-Neustadt.
Lutz Winkler/Archiv