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SV Kelbra SV Kelbra: Warum so viele Ukrainer beim Landesligisten kicken

Von Ralf Kandel 04.08.2017, 15:00
Der ukrainische Spielmacher Jaroslav Shikula (rot) ist einer der Leistungsträger des SV Kelbra.
Der ukrainische Spielmacher Jaroslav Shikula (rot) ist einer der Leistungsträger des SV Kelbra. Archiv/Kandel

Kelbra - Igor Jadlos atmet einmal tief durch. Dann sagt er: „Deutsche Sprache, schwere Sprache.“ Der 47-Jährige kennt sich aus. Geboren in Lwiw in der Ukraine ist er nach Stationen in Schweden, Russland und Kasachstan 1999 in Deutschland gelandet - und geblieben.

Ein Unbekannter ist Jadlos in der Region dabei mittlerweile wahrlich nicht mehr. Zumindest in Fußballer-Kreisen oder bei allen, die mit des Deutschen Lieblingssports zu tun haben. Zunächst spielte er beim VfB Sangerhausen - und zwar mehr als erfolgreich. Gemeinsam mit Sergej Maherovych bildete er das erfolgreichste Duo ausländischer Spieler, das je für das Team aus der Rosenstadt am Ball war.

Igor Jadlos ist seit 2006 Team-Manager beim SV Kelbra

Nach dem Abschied aus Sangerhausen zog es ihn dann nach Kelbra. 2006 war das und gleichzeitig der Beginn einer neuen Geschichte. Jadlos ist - natürlich - längst nicht mehr Spieler beim Verein vom Fuß des Kyffhäusers. Er ist Team-Manager. Und vor allem ist Jadlos Vermittler, erster Ansprechpartner, Beichtvater und ganz einfach da für die Fraktion der Ukrainer, die mittlerweile fester Bestandteil des Landesliga-Aufsteigers ist.

Fünf Akteure aus dem osteuropäischen Staat sind beim SVK zurzeit am Ball. Ausnahmslos ist das Quintett nach der Vermittlung von Jadlos nach Kelbra gekommen. „Ich kenne noch alte Freunde von der Sportschule, auf der ich damals in der Ukraine war“, erklärt er, „viele von ihnen sind jetzt Trainer. Mit ihnen telefoniere ich regelmäßig.“

Der SV Kelbra bestreitet am Sonnabend sein drittes und letztes Testspiel in Vorbereitung auf die erste Landesliga-Saison. Zu Gast ist die Mannschaft von Trainer Andreas Kundlatsch ab 14 Uhr beim Verbandsligisten SV Edelweiß Arnstedt. Das Team um Coach Thomas Vollmann hat die letzten vier Vorbereitungsspiele allesamt gewonnen.

Dabei verzichtet er auf alte, ausgediente Ex-Profis. „Die erste Voraussetzung dafür, dass ich sie nach Kelbra hole, ist, dass sie jung sind.“ Und das aus gutem Grund. Igor Jadlos hofft für die Jungs, und wohl auch für sich, dass auf die Station in Kelbra weitere, lohnenswertere Aufenthalte in Fußball-Deutschland oder darüber hinaus folgen. So wie für Nazar Protzyk, der mittlerweile in Österreich kickt.

In seiner Rolle als Bezugsperson geht der 47-Jährige dabei voll auf. „Ich bin immer für die Jungs da. Ich hole sie ab, kümmere mich um sie und übersetze.“ Dabei legt Jadlos Wert darauf, dass die Ukrainer des SV Kelbra die deutsche Sprache erlernen. Sohn Viktor, mittlerweile 14 Jahre alt, hilft dabei. Probleme mit Deutschland, den Menschen und insbesondere den Kelbraern haben er und seine Schützlinge nicht. „Bis jetzt läuft alles sehr gut“, erzählt Jadlos, „die Jungs werden überall akzeptiert. Klar gibt es Kleinigkeiten, aber es ist nichts Schlimmes.“ Und: „Auch die Verständigung klappt. Außerdem kümmert sich Trainer Andreas Kundlatsch ganz toll um sie.“

Häufig gibt es Probleme mit dem Visum bei den Spielern

Warum es die Ukrainer hier her zieht? Ist es das Geld? Jadlos winkt ab: „In der Ukraine haben wir eine Situation wie im Krieg, die Jungs sind froh, wenn sie da rauskommen“, erklärt er, „auch sportlich bringt sie das Spielen in Deutschland weiter. In der Ukraine ist das Niveau längst nicht so hoch. Und vor allem das Umfeld passt.“ Er vergleicht: „Wir waren in Hayn oder in Siebigerode, da sind die Bedingungen in der Kreisklasse besser als bei uns in der zweiten Liga.“

Völlig problemlos ist das Ganze dann aber doch nicht: Schwierigkeiten gibt es mit den Aufenthaltsgenehmigungen. Die gelten nur für 90 Tage. Das heißt, Rechnen ist also angesagt. Meist verpassen die Ukrainer die Vorbereitung und kommen erst unmittelbar vor dem ersten Spiel, fahren in der Winterpause wieder in ihre Heimat, sind dann zu Beginn der Rückrunde aber wieder da. Igor Jadlos weiß aber auch da, wovon er spricht.

Er hofft, dass seine Schützlinge dazu beitragen, den SV Kelbra in der Landesliga zu etablieren. „Ein Platz im Mittelfeld ist für uns drin“, sagt er - und das in perfektem Deutsch. (mz)