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AfD in Sachsen-Anhalt AfD in Sachsen-Anhalt: Höcke und Poggenburg läuten Bundestagswahlkampf in Helbra ein

Von Alexander Schierholz 03.08.2017, 22:34
Björn Höcke und Andrè Poggenburg in Helbra
Björn Höcke und Andrè Poggenburg in Helbra Lukaschek

Helbra - Wenn es nach dem Publikum ginge, wäre Björn Höcke wohl längst Bundesvorsitzender der AfD. Frenetischer Beifall und rhythmische „Höcke, Höcke, Höcke“-Rufe branden auf, als der thüringische Landeschef in den ehemaligen Speisesaal eines alten Hüttenwerkes in Helbra (Mansfeld-Südharz) eilt.

Hier eröffnet Sachsen-Anhalts AfD am Donnerstagabend den Bundestagswahlkampf. Es riecht nach Bockwurst, Bier und Kaffee, die Luft ist zum Schneiden.

250 Menschen sind gekommen, sie sitzen dicht gedrängt, viele müssen stehen. Höcke zieht an, seine Vorredner, darunter Sachsen-Anhalts Landesvorsitzender André Poggenburg und der Bundestags-Spitzenkandidat Martin Reichardt, sind bloß die Einpeitscher. Der Thüringer ist auch in der eigenen Partei höchst umstritten, doch hier hat er nur Fans.

Besucher erhoffen sich eine starke Opposition durch die AfD im Bundestag

Große Stücke halte er auf ihn, sagt ein Mann, „genau meine Wellenlänge“. Und schiebt nach: Nein, Höcke ecke nicht an, ihm werde nur immer das Wort im Munde herumgedreht. Von der AfD erhofft sich der Besucher im Bundestag eine „starke Opposition, die den anderen mal auf die Finger klopft“. Denn die anderen Parteien, da ist er sicher, „die mauscheln doch bloß“.

Höcke enttäuscht das Publikum nicht. 49 Minuten lang spricht er frei. Seine Rede funktioniert, wie die Beiträge seiner Vorredner, nach dem Prinzip der Abgrenzung: Wir und die. Dort die „Altparteien“, wie die AfD sie nennt, die den Staat heruntergewirtschaftet hätten. Und da die AfD, die jetzt mal aufräumen werde. Oder, wie Reichardt und Poggenburg es ausdrücken: „Wir holen uns unser Land zurück!“

Nicht anders Höcke: Deutschland, beklagt er, sei ein „Raub der Parteien“ geworden. Ein „Staatsversagen“ macht er aus, „wir haben keine funktionsfähigen politischen Eliten in diesem Land“. Immer wieder vermittelt Höcke die Botschaft: Mit der AfD werde sich das ändern.

Wie? Höcke listet Programmatisches in Stichworten auf: Die AfD fordert mehr Geld für die Infrastruktur, etwa für die Sanierung von Schulen, will die Ost- und Westrenten angleichen und erhöhen und ein großes Familienförderprogramm auflegen. „Damit“, so Höcke, „endlich wieder mehr deutsche Kinder geboren werden.“

Poggenburg und Höcke repräsentieren den rechten Flügel der Partei

Für die AfD ist der Abend ein Heimspiel, in dieser Halle abseits der großen Städte. Gegendemonstranten, wie sie sonst bei Veranstaltungen der Partei in der Regel auftauchen, sind nicht zu sehen. Und auch innerparteiliche Kritiker nicht: Poggenburg und Höcke repräsentieren den rechten Flügel der Partei.

Spitzenkandidat Reichardt ist ein Poggenburg-Mann. Reichardt, den vor seiner Kür auf einem Parteitag Ende März auch viele Parteimitglieder gar nicht kannten, war zwar auch mal in der SPD, aber davon will er heute nichts mehr wissen. Nachdem er in Helbra ausführlich die Agenda 2010 gegeißelt hat, entschuldigt er sich für seinen Ausflug in die Sozialdemokratie: „Liebe Freunde, das tut mir leid!“

Friede, Freude, Einigkeit also bei der AfD? Robert Farle, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion, kann sich zumindest einen Seitenhieb auf die innerparteilichen Kontrahenten nicht verkneifen. Die von Poggenburg-Kritikern vor kurzem gegründete parteiinterne Gruppierung „Alternative Mitte“? „Brauchen wir nicht“, ruft Farle in den Saal.

Und den von der AfD- in die CDU-Fraktion gewechselten Abgeordneten Jens Diederichs fordert er indirekt auf, sein Mandat zurückzugeben. Die Wunden des parteiinternen Streits, so scheint es, sind noch nicht verheilt. (mz)