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Peer Gynt auf der Wasserburg Peer Gynt auf der Wasserburg in Roßlau: Die Suche nach dem Selbst beim Burgtheatersommer

Von Laura Wagenbrett 30.07.2017, 14:07
Regie bei Henrik Ibsens „Peer Gynt“ auf der Wasserburg führt Andrea Pinkowski.
Regie bei Henrik Ibsens „Peer Gynt“ auf der Wasserburg führt Andrea Pinkowski. Lutz Sebastian

Roßlau - Als die letzte Singstimme verklingt, ist es ganz still zwischen den Burgmauern in Roßlau. Peer erhebt sich von Solvejgs Schoß und die beiden schließen sich ihren Schauspielkollegen an, um sich den verdienten Applaus abzuholen.

Die Erleichterung über die erfolgreiche Premiere ist in den Gesichtern aller Beteiligten zu sehen, drohte der Regen doch die Veranstaltung zu sprengen.

Das junge Ensemble des Tschechow Studios Berlin sorgte am Mittwochabend für Begeisterung. Mit Andrea Pinkowskis Inszenierung von Henrik Ibsens „Peer Gynt“ nimmt der 20. Burgtheatersommer in Roßlau die Zuschauer mit auf eine Identitätssuche durch gedankliche Traumwelten.

Peer Gynt flieht vor Realität - und wird von gleich drei Männern gemimt

Der junge Peer Gynt, welcher mit seinen Lügen vor der eigenen Realität flieht, findet sich in Ibsens dramatischem Gedicht auf unzähligen Lebenswegen wieder. Aus der reichhaltigen Geschichte steht in Pinkowskis Inszenierung besonders Peers verhängnisvolles Eintauchen in die Trollwelt im Fokus.

So begegnet der auf der Burg von drei jungen Männern gemimte Peer immer wieder dem von Anke Lenz und Oliver Opara spannungsvoll kostümierten Trollgefolge des Schmiedes Aslak und lässt sich von den zur Sünde verleitenden Trollfrauen verführen. Doch ist da immer wieder Solvejg mit ihrem sanften Gesang, stets an ihn glaubend und voller Liebe.

Die Dynamik unter den jungen Schauspielern des Ensembles ist in ihrem Spiel deutlich zu spüren. Sie schaffen es, mit purer Authentizität und einem eigenen, unaufdringlichen Spiel zu überzeugen. So wirken Szenen wie der mit brechendem Blick endende Tod der Mutter Aase im Arm ihres Sohnes ergreifend, aber nicht überladen. Durch den gelungenen Spagat zwischen klassischem und modernem Theater dürfte die Inszenierung sowohl erfahrenem als auch jungem Theaterpublikum gefallen.

Schauspieler sorgen auf der Bühne selbst für die musikalische Untermalung

Henrik Ibsens dramatisches Gedicht um den jungen Peer Gynt, der seine Heimat verlässt, um sein eigenes Selbst zu finden, dürfte den meisten vor allem durch die Musik von Edvard Grieg bekannt sein. In der Inszenierung von Andrea Pinkowski, Dozentin am Michael Tschechow Studio Berlin, werden die musikalischen Elemente von den Schauspielern selbst eingebunden.

So werden viele Szenen von der mit Akkordeon, Gitarre und Trompete gespielten eigenen Interpretation von Griegs Bergkönig-Thema untermalt. Aber auch die Chorsätze, welche vom Ensemble selbst gesungen werden, versetzen den Zuschauer in den geschichtsträchtigen Mauern der Burg in eine besonders Stimmung.

Unter der musikalischen Leitung von Iru Mun haben die Darsteller eine ganz eigene Darbietung der bekannten Musik des norwegischen Komponisten Edvard Grieg geschaffen. Auch die Choreographien von Sonja Zausch sind besonders in der Trollwelt präsent, welche mit starker Erotik und der Verfremdung natürlicher Bewegungen spielen.

Eindrucksvolle Kulisse der stimmungsvoll ausgeleuchteten Wasserburg

Wie lautet die Antwort des Knopfgießers auf Peers so essenzielle Frage? Andrea Pinkowskis Inszenierung und die Interpretation der Schauspieler nimmt mit auf eine Reise durch verschiedene Lebenswege, lässt den Zuschauer fragen, erkennen, reflektieren. Unterstützt wird dies besonders durch die eindrucksvolle Kulisse der stimmungsvoll ausgeleuchteten Wasserburg.

Ob am Ende jeder Zuschauer eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Selbst erhalten wird oder sich gar mit einem Teil von Peer identifizieren kann, ist ungewiss. Doch in jedem Falle lohnt es sich, ihn auf seiner Suche nach sich selbst zu begleiten. (mz)

Die Vorstellungen in der Wasserburg Roßlau laufen noch bis zum 18. August, mittwochs bis sonntags, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es nach Verfügbarkeit an der Abendkasse oder im Vorverkauf beim Besucherring am Anhaltischen Theater, Tel.: 0340/2 51 12 22 und in der Stadtinformation Roßlau.

Mehr Informationen unter www.theaterburg-rosslau.de

Es spielt das junge Ensemble des Tschechow Studios Berlin.
Es spielt das junge Ensemble des Tschechow Studios Berlin.
Lutz Sebastian