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Terror-Mädchen aus Sachsen-Anhalt  Terror-Mädchen aus Sachsen-Anhalt : Spur der Jugendlichen verliert sich in Syrien

Von Alexander Schierholz und Markus Decker 25.07.2017, 06:00
Die beiden Schülerinnen aus Sachsen-Anhalt, die sich 2014 und 2015 im Nahen Osten der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen hatten, bleiben spurlos verschwunden.
Die beiden Schülerinnen aus Sachsen-Anhalt, die sich 2014 und 2015 im Nahen Osten der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen hatten, bleiben spurlos verschwunden. AP

Halle (Saale)/Berlin - Die beiden Schülerinnen aus Sachsen-Anhalt, die sich 2014 und 2015 im Nahen Osten der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen hatten, bleiben spurlos verschwunden. Nach der Festnahme der 16-jährigen Linda W. aus Sachsen in der vorigen Woche im Irak war in Sachsen-Anhalt die Hoffnung aufgekeimt, die beiden Mädchen aus Aschersleben und Sangerhausen könnten in ihre Heimat zurückkehren, doch vergeblich: „Wir wissen nicht, wo die beiden sich aufhalten. Wir wissen noch nicht einmal, ob sie noch leben“, sagte am Montag Klaus Wiechmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Halle, die in beiden Fällen ermittelt.

Die damals 15-jährigen Schülerinnen waren im Dezember 2014 und im Februar 2015 in die Türkei geflogen und von dort aus offenbar nach Syrien gereist. Zuvor hatten sie in sozialen Netzwerken im Internet Kontakt in die Islamisten-Szene gesucht. Dabei waren sie über Monate radikalisiert und offenbar für den IS angeworben worden. Weitere derartige Fälle hat es in Sachsen-Anhalt seitdem nicht gegeben.

Mädchen aus Sachsen-Anhalt beim IS: Aufenthaltsort lässt sich schwer herausfinden

„Wir gehen davon aus, dass die beiden sich im Gebiet des IS aufhalten“, sagte Wiechmann, wo genau, das sei aber unklar. Der Sprecher des Landeskriminalamtes, Andreas von Koß, sagte, es sei wegen der Kämpfe in der Region extrem schwierig, den Aufenthaltsort festzustellen. Zudem haben deutsche Behörden dort keinen unmittelbaren Zugriff. Die Gruppe ausländischer Frauen, zu denen die 16-Jährige aus Sachsen gehörte, war erst festgenommen worden, nachdem die irakische Armee die Stadt Mossul vom IS zurückerobert hatte.

Ermittlungen gegen Mädchen aus Sachsen-Anhalt

Gegen die beiden Schülerinnen aus Sachsen-Anhalt wird trotz ihres Verschwindens unterdessen ermittelt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ vor. Die Ermittler schließen nicht aus, dass die Mädchen IS-Kämpfer bei Anschlägen in Deutschland unterstützen oder diese sogar selbst verüben. „Wir gehen davon aus, dass diese Gefahr besteht“, so Wiechmann, „man schließt sich ja nicht mal eben so dem IS an.“

Im Fall von Linda W. aus Sachsen will Deutschland mit dem Irak nun über eine Auslieferung verhandeln. Der Terrorismusexperte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik rechnet angesichts der zunehmenden militärischen Schwäche des IS damit, dass noch mehr deutsche IS-Kämpfer zurückkehren werden. „Wir werden eine Rückreisewelle haben“, sagte er der MZ. „Da könnte eine Gruppe im dreistelligen Bereich kommen. Einige sind schon unterwegs.“

Steinberg fügte hinzu: „Die Anschlagsgefahr wird sich trotzdem nicht wesentlich verändern, sondern konstant hoch bleiben. Einen Quantensprung gäbe es nur, wenn es dem IS gelingen würde, ein Terror-Kommando hierher zu schicken.“ Es seien 2016 nämlich nicht die Rückkehrer gewesen, die Anschläge verübt haben, sondern überwiegend Flüchtlinge. „Das ist eine unangenehme Wahrheit, aber eine, die wir akzeptieren müssen. Die Aufnahmebereitschaft wird dadurch ja nicht entwertet“, betonte Steinberg. Die Sicherheitsbehörden müssten nun „auf die Rückkehrer gucken“, mahnte der Terrorismusexperte. „Das wird auf jeden Fall Ressourcen binden.“ (mz)