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Renft in Halle Renft-Konzert in Halle: Ein Hauch von Ewigkeit

Von Steffen Könau 22.07.2017, 07:00
Renft-Sänger Thomas Schoppe kann es auch mit 72 immer noch.
Renft-Sänger Thomas Schoppe kann es auch mit 72 immer noch. Könau

Halle (Saale) - Erstmal ein Bier gegen die Hitze! Beim Konzert seiner Band im ausverkauften Hof des neuen theater in Halle hebt Renft-Sänger Thomas Schoppe die Flasche. „Auf Euch“, sagt er, ehe er sich in eine akustische Version von „Was mir fehlt“ stürzt. Ein Lied, vor einem halben Jahrhundert geschrieben für einen Defa-Film. Heute ein Klassiker, den die Fans beim 11. Cultoursommer in Halle beklatschen.

Wie alles an diesem Abend, der ein bisschen wie eine Zeitreise funktioniert. Renft, nach Verbot, Wiedergründung, Auflösung und Comeback inzwischen mit dem fingerfertigen Magdeburger Gitarristen Gisbert Piatkowski und Bassist Marcus Schloussen stabil aufgestellt, arbeiten sich durch einen Katalog von Liedern, die der Soundtrack sind zur Jugend der Menschen vor der Bühne. „Ich bau Euch ein Lied“, verspricht der vor 72 Jahren in Eisleben geborene Schoppe, den sie immer noch „Monster“ nennen.

Es wird mehr als eins. Es gibt „Ermutigung“ und „Als ich wie ein Vogel war“, „Zwischen Liebe und Zorn“ und „Trug sie Jeans“. Rätselhaft bleibt auch 40 Jahre nach der zwangsweisen Eliminierung der Gründungsformation, wie eine eigenen Angaben zufolge viel mit Alkohol, Partys und politischen Diskussionen beschäftigte Gruppe binnen von nur drei Jahren so viele grandiose Songs schaffen konnte.

Renft in Halle: Die Fans hält es nicht auf den Bänken

Es sind die gemeinsamen Erinnerungen an die Nahkampfdielen von Schkeuditz, Landsberg und Glauchau, die dem mit dieser Musik gealterten Publikum glänzende Augen zaubern. „Kann man sowas überhaupt noch singen“, fragt Schoppe einmal. Aber ja, nickt es unten, denn die „Tage in der sozialistischen Produktion“ (Schoppe), die „Sonne wie ein Clown“ beschreibt, sind weit weg. Vergessen sind sie nicht.

Die Teenager von damals bekommen bei den Unplugged-Auftritten von Renft eine Show, die manches alte Lied neu arrangiert, die Essenz der Songs aber unberührt lässt. Gisbert Piatkowski, einst mit der Band Klosterbrüder verboten, hält virtuos die Fäden in der Hand.

„Monster“ Schoppe streut immer wieder musikalische Zitate in die Renft-Klassiker, die zeigen, woher seinerzeit die Inspiration für Hits wie das begeistert mitgesungene „Gänselieschen“ kamen. „Hello, Marie Lou“, summt er. Rhythmisch klatschen die Fans, es hält sie nicht mehr auf den Bänken, auf einmal ist wieder 1974 und die Haare sind wieder schulterlang.

„Ein Hauch von Ewigkeit“, schmunzelt Schoppe. Es folgen „Apfeltraum“ und „Wer die Rose ehrt“ und anerkennendes Schulterklopfen am Autogrammstand: „Ihr habt’s immer noch voll druff, Leute.“  (mz)