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Behandlung von Multipler Sklerose Behandlung von Multipler Sklerose: Rettender Augen-Blick?

Von Martina Weber 22.07.2017, 14:00
Bei einer Netzhaut-Untersuchung am Auge eines MS-Patienten können für die Behandlung wichtige Informationen gesammelt werden.
Bei einer Netzhaut-Untersuchung am Auge eines MS-Patienten können für die Behandlung wichtige Informationen gesammelt werden. Holger John

Halle (Saale) - Ein blaues Lichtsignal flimmert auf schwarzem Hintergrund, ein Pfeil fährt über den Bildschirm. Es fühlt sich an wie eine ganz normale Augenuntersuchung. Wenige Minuten später ist der Scan eines dreidimensionalen Längsschnitts der Netzhaut als hochauflösende Computergrafik zu sehen.

Mit dem Licht durch das Auge ins Gehirn blicken - das kann die Technik namens „Optische Kohärenztomographie“, kurz OCT, welches am Krankenhaus Martha Maria in Halle-Dölau für ein neues Forschungsprojekt an Patienten eingesetzt wird, die an Multipler Sklerose (MS) leiden.

Multiple Sklerose ist vielfältig

Wie der Chefarzt der Neurologie am Martha Maria, Dr. Frank Hoffmann, erläutert, besteht die Kunst in der MS-Therapie darin, die Medikation dem jeweiligen Krankheitsgrad anzupassen. Denn Multiple Sklerose ist vielfältig, der Verlauf genauso. Nicht umsonst wird sie die Krankheit der 1.000 Gesichter genannt. Insgesamt gibt es 13 zugelassene Medikamente in der MS-Therapie.

Viele davon hochwirksam und aggressiv und mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden. Ob das OCT-Verfahren künftig zur Therapiesteuerung eingesetzt werden kann, das soll mit der Studie in den nächsten vier Jahren an insgesamt 100 MS-Patienten herausgefunden werden werden.

Mischung aus Laser- und Infrarottechnik

Und das funktioniert so: Mit einer Mischung aus Laser- und Infrarottechnik können die Nervenzellenschichten am Augenhintergrund so präzise dargestellt werden, dass bereits eine minimale Verdünnung jener Schicht erkannt und so rechtzeitig Alarm geschlagen werden kann. Denn das Absterben von Nervenzellen der Netzhaut geht oft mit einer MS-Erkrankung einher.

Mittels dieser nicht operativen diagnostischen Methode soll im besten Fall bei an Multiple Sklerose erkrankten Patienten der Zeitpunkt festgestellt werden, an dem die meist schubförmig verlaufende Krankheit in eine chronische, sich laufend verschlechternde Form umzukippen droht. Denn dann muss sofort anders therapiert werden, um eine zunehmende Behinderung wie Sehverlust oder Gehschwäche zu vermeiden. Deshalb nennt Hoffmann das Gerät auch „den Seismographen für den Tsunami“.

50.000 Euro an Fördermitteln erhalten

„Je früher man einhakt und die Medikation umstellt, desto eher besteht die Chance das Leiden und eine Verschlechterung zu stoppen“, erläutert der Chefarzt. Es gehe darum, der Krankheit einen Schritt voraus zu sein. „Diese Untersuchung ist unabhängig von aktuellen Beschwerden und total unbelastend für den Patienten.“

Für das Forschungsprojekt hat das Krankenhaus von der Bayerischen Cyliax-Stiftung 50.000 Euro an Fördermitteln erhalten. Die Klinik erhält für die Durchführung der OCT Untersuchungen, die wissenschaftliche Erhebung der Daten, die Erstellung einer Statistik und die wissenschaftliche Auswertung im Schnitt 500 Euro pro Patient. (mz)