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Bildung Sachsen-Anhalt: Jeder zehnte Schüler bekommt keinen Abschluss

Von Jan Schumann 05.07.2017, 17:45

Magdeburg - Nirgendwo beenden mehr Kinder ihre Schulzeit ohne anerkannten Abschluss als in Sachsen-Anhalt. Seit Jahren ist das Land bundesweites Schlusslicht, zuletzt wurden die Zahlen sogar noch schlechte. Nach der neuen Caritas-Bildungsstudie für das Jahr 2015 erreichten 9,9 Prozent der Schüler hierzulande nicht einmal einen Hauptschulabschluss. Im Jahr zuvor waren es noch 9,2 Prozent. Damit liegt das Land weit über dem Bundesschnitt von 5,9 Prozent. Dabei kämpft die Landesregierung seit Jahren gegen die hohe Quote.

In erster Linie sollte das Programm „Schulerfolg sichern“ die Quote senken. Seit 2008 stecken EU und Land Millionen in das Projekt, das heute rund 400 Sozialarbeiter an 350 Schulen entsendet. Als „qualitativ und quantitativ erfolgreich“ sei das Programm zuletzt bewertet worden, sagte Koordinatorin Franziska Lau.

Tatsächlich schmolz die Landesquote seit dem Start von 13,6 Prozent ab. Dennoch blieb Sachsen-Anhalt Schlusslicht. Nicht nur das: Der Negativrekord unter den Landkreisen liegt in Mansfeld-Südharz (15,6 Prozent) und damit ebenfalls in Sachsen-Anhalt.

Viele Schüler bleiben in Sachsen-Anhalt ohne Abschluss: Förderschulen und Arbeitslosigkeit als Ursachen

Für Sachsen-Anhalts Sonderstellung machen Bildungsexperten und Politiker zwei Ursachen verantwortlich: die vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit und die hohe Anzahl an Förderschulen. „Wenn beide Eltern keine Arbeit haben und das Kind als einziges morgens aufstehen muss, fehlt oft die Motivation für die Schule“, sagte Eva Gerth, die Landeschefin der Bildungsgewerkschaft GEW.

Verschärfend komme hinzu, dass 5,5  Prozent der Schüler im Land auf Förderschulen gehen. Zum Vergleich: Bundesweit sind es 3,8 Prozent. In Förderschulen gibt es für Schüler mit verschiedenen Beeinträchtigungen ein spezielles Lernumfeld, in der Regel kann dort laut Bildungsministerium aber kein anerkannter Abschluss erworben werden.

„In der Tat ist es in diesen Einrichtungen für die Schüler sehr schwer, einen Abschluss zu erreichen“, erklärt Gerth. Laut Caritas-Studie werden die Kinder in vielen Fällen nämlich nicht bedarfsgerecht gefördert. Das Bildungsministerium teilte mit, es wolle den Anteil der Förderschüler erhöhen, der einen Zehnte-Klasse-Abschluss erlange. Wie, blieb offen.

Ein weiterer Punkt kommt hinzu: „Sachsen-Anhalt hat die Entwicklung weg von der Förderschule hin zur Inklusion lange verschlafen“, sagte Gerth. So sieht es auch Thomas Lippmann (Die Linke), Vorsitzender des Bildungsausschuss im Landtag. Ostdeutschland habe in dem Punkt eine „ausgeprägte Tradition“. So lange sich das nicht ändere, werde es schwer, die Schlusslichtposition zu verlassen. „Doch die Inklusion“ - also das gemeinsame Lernen beeinträchtigter und nicht-beeinträchtigter Kinder an Regelschulen - stecke im Land “weiter in den Kinderschuhen“.

Der frühere Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) wollte die Inklusion vorantreiben, zentraler Grund waren die schlechten Abschlusszahlen. GEW-Chefin Gerth bemängelt aber, dass in den Schulen derzeit Personal für eine adäquate Förderung fehle. Und auch Angela Kolb-Janssen, bildungspolitische Sprecherin der SPD, sagt: „Es sind nicht alle zufrieden damit, wie der gemeinsame Unterricht derzeit läuft.“ Im August will der Bildungsausschuss ein Konzept von Minister Marco Tullner (CDU) zum künftigen Umgang mit den Förderschulen diskutieren. (mz)