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Diesel-Phobie Diesel-Verbot oder Kaufprämie: Streit um die Zukunft des Dieselautos

Von Frank-Thomas Wenzel 23.05.2017, 13:10

Der Streit um Dieselautos spitzt sich zu. Während Umweltschützer härtere Vorgaben fordern, macht sich Bayern Ministerpräsident Horst Seehofer für Kaufprämien stark. Wir erläutern, wie es um die Zukunft des Selbstzünders bestellt ist und welche Rolle die EU dabei spielt.

Was fordert Seehofer konkret?

Die bayerische Staatskanzlei arbeitet an einem Plan, die den Absatz von Diesel-Pkw gefördert werden kann. Bei diesen Autos sind die Neuzulassungen insbesondere bei Privatkunden rasant gesunken. Nur noch knapp 24 Prozent aller von Privatleuten gekauften Fahrzeuge sind mit einem Selbstzündermotor ausgestattet, Ende 2011 waren es noch 40 Prozent. Das geht aus Berechnungen des Center Automotive Research (CAR) an der Uni Duisburg- Essen hervor.

Was sind die Gründe für die Diesel-Phobie?

Privatleute haben Angst vor Fahrverboten in Innenstädten und – damit eng verknüpft – vor einem massiven Preisverfall für ihre Autos. Dahinter steckt: Zahlreiche Tests von Behörden, Umweltschützern und Automagazinen im Zuge des Abgasskandals haben ergeben, dass der Ausstoß im realen Fahrbetrieb an giftigen Stickoxiden bei einem Großteil der Neuwagen deutlich über dem Grenzwert der aktuellen Euro-6-Abgasnorm von 80 Milligramm pro Kilometer liegt. Nur bei den offiziellen Tests im Labor werden die Werte eingehalten. Doch die Regeln dafür werden in den nächsten Jahren verschärft.

Wie könnte eine Prämie aussehen?

Seehofer betont, dass noch nichts entschieden sei, seine Ideen lehnen sich aber offensichtlich an die Abwrackprämie und die Kaufprämie für Elektroautos an. Das würde bedeuten, wer ein Auto mit Dieselantrieb kauft, erhält vom Staat einen Zuschuss, bei der Abwrackprämie waren es 2500 Euro bei der E-Auto-Prämie sind es maximal 4000 Euro pro Auto.

Was würde die Prämie bewirken?

Das könnte die Zulassungszahlen wieder in die Höhe treiben. Ohne zusätzliche Bedingungen würden damit aber wieder mehr Autos auf die Straßen kommen, die riesige Mengen NOX in die Luft blasen. Insbesondere Mercedes, BMW und Audi würden davon profitieren. Die drei deutschen Luxusautohersteller haben massiv auf den Diesel gesetzt, auch weil Dieselautos nach den offiziellen Daten weniger CO2 als vergleichbare Benziner in die Luft blasen.

Der Selbstzünder hilft den Autobauern also die von der EU festgelegten CO2-Grenzwerte für die Neuwagenflotte zu erfüllen. Das ist aktuell sehr brisant, weil in Brüssel derzeit über die Verschärfung der Vorgaben vom Jahr 2025 an diskutiert wird. Entscheidungen soll bis Ende des Jahres fallen.

Wie beurteilen Experten die Effekte?

„Eine Dieselförderung würde die deutsche Autobranche in die Steinzeit zurückführen“, sagt CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer. Für Jens Hilgenberg, verkehrspolitischer Sprecher des BUND, kann eine Dieselprämie nur sinnvoll sein, wenn durch Straßentests der Nachweis erbracht wurde, dass die Autos den Grenzwert der Euro-6-Norm für Stickoxide und andere Schadstoffe einhalten und gleichzeitig im Realbetrieb weniger als 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren.

Es würden dann nur kleinere, sparsame Autos gefördert. Euro 6-Diesel-Pkw die ihre Stickoxidwerte durch Abschalteinrichtungen manipulieren, dürften auf keinen Fall auch noch finanziell gefördert werden, so Hilgenberg. Und das Geld für die Prämie müsse durch eine Erhöhung der KfZ-Steuer für „hoch emittierende Fahrzeuge gewonnen werden“.

Hat der Diesel langfristig überhaupt noch eine Zukunft?

Dudenhöffer betont: „Der Diesel ist nicht mehr zu retten“. Er verweist darauf, dass Volvo gerade beschlossen hat, die Entwicklung neuer Dieselmotoren einzustellen. Für Peter Mock von der Umweltforscher-Organisation ICCT hat der Diesel zwar technologisch noch Potenzial. Allerdings würden wegen der Abgasreinigung auch die Kosten steigen. Und er macht darauf aufmerksam, dass gleichzeitig die Kosten für Elektroautos deutlich sinken werden. Mock geht deshalb davon aus, dass spätestens 2025 das E-Auto günstiger als der Diesel sei.

Welche Konsequenzen hat das in puncto CO2-Vorgaben für die Autobauer?

Die Autobauer müssen bis 2021 die durchschnittliche CO2-Emission ihrer Flotte von jetzt 130 Gramm pro Kilometer auf besagte 95 Gramm drücken. Zugleich wird in Brüssel über eine Verschärfung der Werte  von 2025 an diskutiert. Aus Mock Sicht bedeutet all dies, dass es für einen Hersteller kostengünstiger sein kann, frühzeitig auf Elektromobilität zu setzen. E-Autos werden als Null-Emissionsfahrzeuge berechnet.