1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Von Bartnig bis Knoebel: Moritzburg in Halle: Ausstellung "Moderne 2 - Kunst nach 1945" zeigt abstrakte Kunst

Von Bartnig bis Knoebel Moritzburg in Halle: Ausstellung "Moderne 2 - Kunst nach 1945" zeigt abstrakte Kunst

Von Kai Agthe 05.05.2017, 08:00
Überwältigend: Horst Bartnigs 70 „Variationen mit vier gleichen Quadratgruppen in neun Farben“
Überwältigend: Horst Bartnigs 70 „Variationen mit vier gleichen Quadratgruppen in neun Farben“ Günter Bauer

Halle (Saale) - Man glaubt seinen Augen nicht trauen zu dürfen, wenn man die abstrakten Farbkompositionen von Horst Bartnig im Kunstmuseum Moritzburg Halle sieht. Dem Berliner Maler gelingt es auf seinen Gemälden, Farbelemente so zu strukturieren, dass sie im Auge des Betrachters zu faszinierenden Überlagerungen führen. So etwa auf dem Bild „Komposition in zehn Farben (2)“ (1979/82), das die Moritzburg 1991 ankaufte.

„Bartnig gilt als einer der Pioniere der konstruktiv-konkreten Kunst in der DDR“, sagt Cornelia Wieg. Sie kuratiert gemeinsam mit Wolfgang Büche die Ausstellung „Moderne 2 – Kunst nach 1945“, die pünktlich zur Museumsnacht am Samstag öffnen und einen Einblick in die Sammlung von Werken der konstruktiv-konkreten Kunst geben wird, die die Moritzburg vor und nach 1989 erwarb. „Eine Kunstrichtung, die es zumindest in der DDR alles andere als leicht hatte“, wie der Direktor der Moritzburg, Thomas Bauer-Friedrich, erinnert, da abstrakte Kunst in der Ulbricht-Ära allgemein als „formalistisch“ und „westlich-dekadent“ galt.

Richtig ist, dass das Konstruktiv-Konkrete die Sehgewohnheiten radikal infrage stellt: „Es ist eine Kunstform, die nicht mehr erzählt wie die figurative Malerei, sondern zu einer meditativen Betrachtung auffordert, die sich nicht immer leicht in Worte fassen lässt“, sagt Kuratorin Wieg.

In der Schau wird ein ganzes Kabinett den Werken Bartnigs gewidmet, die zu großen Teilen jedoch Leihgaben des Künstlers sind. Die Moritzburg versteht diese Abteilung als Hommage an den Berliner Künstler, der im vergangenen November sein 80. Lebensjahr vollendete. Zu besagten Leihgaben gehören auch die aus 70 Bildern bestehenden „Variationen mit vier gleichen Quadratgruppen in neun Farben“ (2000). Hier wird das Konzept der reinen Farbkomposition buchstäblich raumgreifend umgesetzt.

Ausstellung „Moderne 2 – Kunst nach 1945“: Horst Bartnigs 70 Variationen ein Hingucker

Dieses Werk korrespondiert mit einer ebenfalls monumentalen Arbeit auf der Gegenseite: Die aus sechs Tafeln zusammengesetzte „Kombinatorische Farbmischung“ stammt von Ludwig Ehrler (1939-2014), der im Gegensatz zu Bartnig für seine Farbkompositionen gedeckte Farben bevorzugte. Ehrlers Bild ist eines von drei Werken, die eigens für eine Ausstellung entstanden, die die Moritzburg dem halleschen Künstler und Hochschullehrer, der vor allem mit Kunst-am-Bau-Projekten bekannt wurde, im Jahr 1996 widmete.#

Erstmals in Halle zu sehen ist der Zyklus „Anima Mundi“ (Weltseele, 2013) mit vier kleinformatigen Arbeiten von Imi Knoebel. 1940 in Dessau geboren und in heute Düsseldorf lebend, gilt Knoebel als einer der renommiertesten deutschen Gegenwartskünstler, zu dessen bedeutendsten Arbeiten mehrere Glasfenster für die Kathedrale im französischen Reims zählen. Seinen Künstlervornamen „Imi“ lieh sich Knoebel, der bürgerlich eigentlich Klaus Wolf heißt, von dem bis 1999 in Genthin produzierten Reinigungsmittel.

Moritzburg Halle: Ausstellung bis Februar 2018 zu sehen

Ähnlich wie Knoebel werde auch Hanns Schimanski in Frankreich sehr geschätzt, sagt Wieg. Der Berliner Künstler, der 1949 in Bitterfeld geboren wurde, ist mit zwei unbetitelten Arbeiten (2007) vertreten, die demselben ästhetischen Konzept folgen: Schimanski faltet Papier mehrfach und bemalt es in diesem Zustand mit freien Formen. Anschließend werden die Blätter entfaltet und gerahmt.

„Faltung aus einem Rechteck“ (um 1932) heißt wiederum eine Skulptur von Hermann Glöckner (1889-1987), der als einer der Gründerväter der konstruktivistischen Kunst in Deutschland gelten kann. Dafür wurde er im Nationalsozialismus, wo seine Arbeiten als entartet galten, und in der frühen DDR, in der er als Formalist verschrien war, in gleicher Weise verfemt. Verunglimpfungen, die die folgenden Generationen von abstrakt arbeitenden DDR-Künstlern in dieser Schärfe nicht mehr zu erdulden hatten.