1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Cyber-Mobbing nimmt zu: Cyber-Mobbing nimmt zu: Lehrerin heimlich auf dem WC gefilmt - Video ins Netz gestellt

Cyber-Mobbing nimmt zu Cyber-Mobbing nimmt zu: Lehrerin heimlich auf dem WC gefilmt - Video ins Netz gestellt

Von Ralf Böhme 02.05.2017, 06:00
Cyber-Mobbing findet immer häufiger statt.
Cyber-Mobbing findet immer häufiger statt. dpa

Halle (Saale) - Die Hemmschwelle, Menschen im Internet zu mobben, sinkt. Das belegen ein neues Beispiel aus der Region und aktuelle Studien. In der vergangenen Woche musste eine Lehrerin um juristischen und ärztlichen Beistand bitten. Ein Schüler soll die Frau heimlich in einer Toilette gefilmt und den Streifen bearbeitet ins Netz gestellt haben. Ob es gelingt, den umstrittenen Beitrag löschen zu lassen, ist momentan nicht absehbar.

Cyber-Mobbing: Attacken sind in Sachsen-Anhalt keine Einzelfälle mehr

Sachsen-Anhalts Bildungsministerium bestätigt 22 Internet-Straftaten an Schulen für das vergangene Jahr. An der Spitze liegt der Harzkreis (5), gefolgt vom Saalekreis (4) und Anhalt-Bitterfeld (3). Solche Attacken sind laut Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) keine Einzelfälle mehr. Diffamierung, Belästigung, Bedrängung und Nötigung im Netz, kurz Cyber-Mobbing: „Das ist an den Schulen im Land ein großes Thema“, sagt Torsten Richter, Mitglied des GEW-Landesvorstandes. „Neben Beispielen, die bekannt werden, gibt es eine sehr hohe Dunkelziffer.“ Laut bundesweiten Erhebungen haben 77 Prozent der Lehrer bereits Erfahrungen mit Cyber-Mobbing.

Laut neuer Pisa-Studie sind zudem 15 Prozent der Schüler mehrmals pro Monat das Ziel. Es geht dabei um Bedrohung oder Beleidigung (22 Prozent), üble Nachrede (15), Missbrauch der Identität (11). Eine Gruppe ist besonders gefährdet: Kinder und Jugendliche von zwölf bis 15 Jahren. Den größten Mobbing-Ärger melden Sekundar- und Berufsschulen.

Netzwerk „Bündnis gegen Cyber-Mobbing“ warnt: „Jeder kann Opfer werden“

Klassische Opfer gibt es jedoch nicht. Das bundesweite Netzwerk „Bündnis gegen Cyber-Mobbing“ warnt: „Jeder kann Opfer werden“, so Vorsitzender Uwe Leest. Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sind zwölf Prozent der Nutzer in sozialen Netzwerken schon einmal Opfer gewesen. Fiese Bilder auf Snapchat, miese Kommentare auf Instagram, gefälschte Profile auf Facebook, - die meisten Internet-Angriffe richten sich gegen weibliche Personen zwischen 14 und 39 Jahren.

Cyber-Mobbing beschäftigt auch Krankenkassen. Sie müssen für medizinische Folgen zahlen. Zu den gesundheitliche Störungen zählen seelische Krisen, Schlafstörungen, Kopf- und Bauchschmerzen. Um vorzubeugen, bietet die Techniker Krankenkasse extra Seminare an. 75 Lehrer aus Sachsen-Anhalt haben das Angebot bereits genutzt.

Cyber-Mobbing kein eigenständiger Straftatbestand

Nicht immer gelingt es, Täter zu bestrafen. Kinder unter 14 Jahren sind nicht strafmündig. Zudem ist Cyber-Mobbing kein eigenständiger Straftatbestand. Der Bund prüft gerade, ob und wie eine solche Bestimmung greifen kann. Detlef Thiel, Sprecher des Landesjustizministeriums: „Im Moment kommt eine Reihe anderer Regelungen zur Anwendung.“ Wenn Opfer einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Leben nachweisen können, drohen Tätern schon jetzt mehrjährige Freiheitsstrafen.

„Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, sagt Andreas von Koß, Sprecher des Landeskriminalamtes. Momentan gehe die Polizei landesweit 900 bis 1.000 Anzeigen wegen Cyber-Mobbing nach - Tendenz steigend. Das passe zum Trend. 2016 seien in Sachsen-Anhalt knapp 10.000 Internet-Straftaten verübt worden, fast 2.500 mehr als im Jahr zuvor. (mz)