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Vor zwei Jahren verschwand Inga Inga vermisst: Bei Stendal verschwand das Mädchen spurlos

01.05.2017, 14:45
An einem Beitrag über die vermisste Inga aus Schönebeck für die Fernsehsendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ wird am 20.05.2015 im ZDF Landesstudio in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) gearbeitet.
An einem Beitrag über die vermisste Inga aus Schönebeck für die Fernsehsendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ wird am 20.05.2015 im ZDF Landesstudio in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) gearbeitet. dpa-Zentralbild

Stendal - Zwei Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der fünfjährigen Inga in einem Wald bei Stendal gehen bei der Polizei noch immer vereinzelt Hinweise ein. Doch ihr Schicksal ist noch immer komplett ungewiss. „Wir bekommen pro Woche durchschnittlich noch zwei bis drei Tipps“, sagte der Magdeburger Polizeisprecher Mike von Hoff der Deutschen Presse-Agentur. Insgesamt seien in den zwei Jahren mehr als 2.000 Hinweise überprüft worden.

Vermisste Inga: Polizei bekommt Hinweise aus New York, Norwegen, England, der Schweiz und vielen Regionen Deutschlands

Es gab 600 Sichtungen weltweit“, sagte von Hoff. In keinem Fall war am Ende sicher, dass es sich um das Mädchen aus Schönebeck handelte. Hinweise seien aus New York, Norwegen, England, der Schweiz und vielen Regionen Deutschlands gekommen. Ob das Mädchen Opfer eines Verbrechens wurde, ob es noch lebt - dazu kann es keine gesicherten Aussagen geben. Vielerorts bundesweit hängen noch die Fahndungsplakate mit Ingas Bild. „Wir suchen immer noch nach dem Mädchen und wir wollen auch nicht aufgeben“, sagte von Hoff.

Das damals etwa 1,20 Meter große, blonde Mädchen mit der großen Zahnlücke hatte am 2. Mai 2015 gemeinsam mit anderen im Wald Holz für ein Lagerfeuer gesammelt und war nicht zurückgekehrt. Ingas Familie war im Stendaler Ortsteil Wilhelmshof zu Besuch. Kurz nach ihrem Verschwinden begann eine riesige Suchaktion in dem gut 3500 Hektar großen Wald. Die Ermittler nutzten Fernsehsendungen, prüften mögliche Verbindungen zu anderen Fällen, setzten besonders sensible Suchhunde ein. Dennoch ist Inga bis heute wie vom Erdboden verschwunden.

Die Eltern des Mädchens haben dem am Donnerstag erschienenen Magazin „Stern“ ihr erstes Interview gegeben. Mit der Ungewissheit über Ingas Schicksal gehen sie sehr unterschiedlich um. „Mein Gefühl sagt mir, sie ist noch am Leben“, sagte die Mutter. Der Vater hingegen: „Ich habe nichts gefunden, was für einen guten Ausgang sprechen könnte, so sehr ich mir den auch wünsche.“ Er ergänzte: „Die Hoffnung, dass sie gefunden wird, habe auch ich immer noch. Aber die Hoffnung, dass sie lebend zurückkommt, geht bei mir gegen null.“ Das Interview hätten sie auch gegeben, weil sie Hoffnung hätten, dass sich doch noch jemand einen Ruck gibt und einen entscheidenden Hinweis gibt. „Vielleicht sogar jemand aus dem direkten Umfeld des Täters“, sagte der Vater.

Für die Familie des Mädchens ist die seelische Belastung durch das Verschwinden von Inga immer präsent: „Man kann nie davon loslassen und es kann niemand nachvollziehen, was sie empfinden. Es ist grausam“, sagte der Psychotherapeut und psychiatrische Gutachter Steffen Dauer aus Halle. Daher gehe es in der Psychotherapie vor allem darum, dass die Menschen lernen, mit ihrem permanenten Schmerz, den wiederkehrenden Sorgen und Ängsten umzugehen. Hart treffe es auch die Geschwister, die ebenfalls Hilfe brauchen. Sie hätten keine unbescholtene Kindheit, „weil sie die Trauer und Betroffenheit ihrer Eltern immer wieder erleben.“

Bei Stendal verschwunden: Ermittlungsgruppe im Fall Inga war bis zu 40 Mann stark

Die bis zu 40 Mann starke Ermittlungsgruppe war im August vergangenen Jahres aufgelöst worden. Die letzten fünf Beamten, die sich speziell mit diesem Fall beschäftigen, sollen ab Ende dieser Woche zum normalen Tagesgeschäft zurückkehren, sagte von Hoff. Die Akten zum Fall Inga hatte die Polizei schon im Dezember ohne heiße Spur an die Staatsanwaltschaft übergeben. 16 Kartons mit 150 Bänden Akten waren zusammengekommen.

Die Staatsanwaltschaft Stendal hat das Ermittlungsverfahren nach Angaben von Sprecher Thomas Kramer inzwischen - formell - eingestellt. „Weil es zur Zeit keinen hinreichenden Tatverdacht gegen eine bestimmte Person gibt“, sagte er. „Das Verfahren wird aber sofort wieder aufgenommen, sobald neue Anhaltspunkte für Ermittlungen kommen, die die jetzige Situation ändern beziehungsweise wenn Inga gefunden wird“, betonte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

2016 waren mehr als 200 Kinder in Sachsen-Anhalt vermisst

206 Kinder unter 14 Jahren sind im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt vermisst gemeldet worden - die meisten waren allerdings nur kurz verschwunden. 198 seien wieder zurück, hieß es aus dem Landeskriminalamt. Noch offen seien acht Fahndungen. In zwei Fällen werde wegen Kindesentziehung ermittelt. Bei sechs Fällen handle es sich um unbegleitete minderjährige Flüchtlingen im Alter zwischen 10 und 13 Jahren.

Die meisten Kinder waren nach wenigen Tagen wieder zurück, wie die Statistik zeigt. 80 Jungen und Mädchen waren binnen ein bis drei Tagen wieder bei den Eltern oder anderen Verantwortlichen, weitere 64 Kinder waren drei bis sieben Tage vermisst. Nur zwei Kinder waren zwischen sechs Monaten und einem Jahr verschwunden, wie das LKA weiter mitteilte.

Dauerhaft vermisst sind laut der Behörde aktuell neun Kinder. Zugrunde gelegt wurde der Tag des Verschwindens von Inga. Dabei handle es sich um drei vermutlich ertrunkene Kinder und vier Kindesentziehungen. Neben Mandy aus Halle, die seit 1998 verschwunden ist, sei Inga der einzige Fall, in dem eine Straftat vermutet werden müsse. (dpa)