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Vogelschutz im Saalekreis Vogelschutz im Saalekreis: Auch Störche haben Affären

Von Diana Dünschel 24.04.2017, 06:28
Dieses Storchenpaar hat sich 2017 in Döllnitz niedergelassen. Den beiden kann man per Live-Webcam derzeit beim Brüten zusehen.
Dieses Storchenpaar hat sich 2017 in Döllnitz niedergelassen. Den beiden kann man per Live-Webcam derzeit beim Brüten zusehen. Peter Wölk

Merseburg - Früher sagte man, eine Storchenehe hält ein Leben lang. Heute wissen es die Naturschützer dank Beringung besser. Es finden sich demnach im Frühling beileibe nicht immer wieder dieselben Tiere zusammen, um Junge aufzuziehen. Das führt durchaus zu Beziehungsstress. Eifersuchtsdramen spielen sich auch bei Meister Adebar ab. Es gibt sogar Affären. Der Naturschutzbeauftragte Arnulf Ryssel von der Merseburger Fachgruppe für Ornithologie und Vogelschutz hat es erst vor einigen Tagen hautnah erlebt.

Da bekam das in Kollenbey eingetroffene Männchen Besuch von einer Storchendame. Man schien sich sympathisch zu sein. Es folgte die Paarung. Doch schon zwei Tage später hing der Haussegen schief. Die junge Dame flog zum benachbarten Lössener Storchennest, begann mit dem dortigen Männchen eine heiße Affäre - und kehrte doch kurz danach reumütig zurück. Gott sei Dank muss auch ihr verlassener Liebhaber diesen Sommer nicht allein in seinem Zuhause in luftiger Höhe verbringen. Er fand inzwischen eine neue Partnerin.

Störche lassen sich in Burgliebenau, Kollenbey, Lössen, Döllnitz, Raßnitz und Tragarth nieder

„So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Vogelkundler Arnulf Ryssel, der den Weißstorchbestand im südlichen Saalekreis seit vielen Jahrzehnten genau unter die Lupe nimmt. 2017 haben sich hier ihm zufolge sechs Paare und ein einzelnes Tier niedergelassen, so in Burgliebenau, Kollenbey, Lössen, Döllnitz, Raßnitz und Tragarth. Drei Nester blieben bislang unbesetzt, unter anderem in Zöschen und Langeneichstädt. Das kann viele Gründe haben, erklärt der Merseburger.

So sei der Standort Langeneichstädt einfach zu weit von gutem Futter entfernt und aus Storchensicht einfach nicht attraktiv genug. Andererseits könne es sein, dass die Tiere zu Schaden kamen, die den Winter nicht wie viele Artgenossen in Spanien und Portugal, sondern in Ostafrika verbrachten. Die große Trockenheit dort hat schließlich nicht nur Auswirkungen auf den Menschen, meint der Fachmann. Es könne aber auch sein, dass einige Tiere noch auf Reisen sind.

Südlicher Saalekreis ist nicht gerade ein Storch-Eldorado

Er freut sich jedenfalls über die sechs Pärchen und hofft nun darauf, dass dieses Jahr möglichst viele Jungtiere aufgezogen werden. Denn der südliche Saalekreis ist nicht gerade ein Storch-Eldorado. Das hängt laut Arnulf Ryssel mit dem Nahrungsangebot zusammen. „Störche brauchen viel bewirtschaftetes Grünland. Dort suchen sie sich Regenwürmer, Großinsekten und Mäuse.“ Und mit diesen Flächen sei man nicht reich gesegnet. Frösche würden hingegen weit weniger auf dem Speiseplan stehen, als allgemein vermutet wird.

Viele der diesjährigen Paare sind schon beim Brüten von durchschnittlich fünf Eiern. Dabei kann man ihnen sogar über die Schulter sehen. Eine in Döllnitz neben dem Nest aufgestellte Kamera, ein Projekt des Heimatvereins, macht es möglich. Unter www.storchennest.doellnitz.info sind Livebilder zu sehen, und auf der dazugehörigen Internetseite gibt es Informationen und Fotos rund um das Thema.

In unmittelbarer Nähe jedes Nestes der Störche sind Schilder mit Storchenchroniken aufgestellt

Eine tolle Sache, aber nicht die einzige Chance, selbst zum Storchenkenner zu werden. Denn in unmittelbarer Nähe jedes Nestes sind Schilder mit Storchenchroniken aufgestellt worden. Darin ist vermerkt, wann im jeweiligen Jahr der erste und der zweite Storch angekommen sind und wie viele Junge aufgezogen wurden. Dafür, dass die Population weiter wächst, wird einiges getan.

So ist ein neuer Mast für Lochau in Arbeit. Arnulf Ryssel hofft, dass er noch dieses Jahr aufgestellt wird. Denn hier hatte ein Paar 2016 Interesse gezeigt, sich niederzulassen. Leider auf einem noch in Betrieb befindlichen Schornstein. Das Nest musste schließlich auf Anweisung des Schornsteinfegers entfernt werden. Nun hoffen die Ornithologen, dass die Störche 2018 ins Dorf zurückkommen, wenn sie bessere Bedingungen vorfinden. (mz)