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Neues Lokprüfzentrum Neues Lokprüfzentrum in Dessau: Eidechsen und Planungsbüro verzögerten die Fertigstellung

Von Lisa Garn 23.04.2017, 10:00
Das Lokprüfzentrum auf dem Gelände der DB Fahrzeuginstandhaltung in Dessau. 2014, vor fast genau drei Jahren, gab es den ersten Spatenstich. Dann sorgten Zauneidechsen und überforderte Firmen für Ärger.
Das Lokprüfzentrum auf dem Gelände der DB Fahrzeuginstandhaltung in Dessau. 2014, vor fast genau drei Jahren, gab es den ersten Spatenstich. Dann sorgten Zauneidechsen und überforderte Firmen für Ärger. Lutz Sebastian

Dessau - Michael Otto beginnt seine Rede mit einer Geschichte. Von einem Bau, den er sein Leben lang nicht vergessen wird. Und von Rückschlägen, die den Chef des Fahrzeuginstandhaltungswerks der Deutschen Bahn in Dessau fast verzweifeln ließen.

2013 hatte es eine vage Idee zu einem einzigartigen Bau gegeben. Ein Prüfzentrum für alle Loks, die auf europäischen Schienen mit unterschiedlichen Stromsystemen unterwegs sind. Vier Jahre später ist am Donnerstag im DB Fahrzeuginstandhaltungswerk Dessau das modernste Lokprüfzentrum Europas mit einem Festakt eingeweiht worden. Mit diesem Projekt will die Bahn künftig mehr internationale Kunden gewinnen.

Neubau sollte rund 13 Millionen Euro kosten - die tatsächlichen Kosten liegen aber darüber

„Das Lokprüfzentrum wird Maßstäbe setzen“, sagte Otto. „Wir sind in der Lage, Loks aller vier europäischen Stromsysteme schneller zu prüfen. Aufwendiges Rangieren entfällt, die Abläufe sind effizienter.“ Auf 1.500 Quadratmetern Fläche sind vier Gleise und acht Arbeitsstände entstanden, an denen Mehrsystemloks mit moderner Technik geprüft werden können.

So besteht für Züge in Frankreich beispielsweise eine andere Oberleitungsspannung als in Holland oder Tschechien. Bisher konnten im Werk in Dessau mit rund 1.200 Beschäftigten pro Jahr etwa 300 bis 400 Zugmaschinen geprüft und repariert werden. Die Kapazität soll künftig bei 550 liegen. Ursprünglich sollten rund 13 Millionen Euro in den Neubau investiert werden. Die tatsächlichen Kosten liegen aber darüber. Genaue Angaben wollte die Bahn nicht machen.

Fertigstellung des Lokprüfzentrums verzögerte sich um zwei Jahre

Baubeginn war 2014, vor fast genau drei Jahren, für 2015 war die Fertigstellung geplant. Doch das ehrgeizige Projekt geriet in enormen Zeitverzug.

Erst, weil die geschützte Zauneidechse umgesiedelt werden musste. Nach dem Spatenstich waren innerhalb von vier Wochen sieben männliche und neun weibliche Tiere gefunden worden. Diese haben auf dem Gelände ein neues Zuhause bekommen. Dann waren das Planungsbüro aus Berlin und ausführende Firmen aus Mitteldeutschland mit dem aufwendigen Bau überfordert. Ob die Bahn klagen wird, ist derzeit offen.

Aber auch Richtlinien und neue Verordnungen kosteten Zeit. „Bei aller Planung - der Bau war ein Abenteuer“, so Werkleiter Michael Otto. Aber man habe es schaffen müssen. Der grenzüberschreitende Verkehr habe zugenommen, die Instandhaltung von Zugmaschinen sei aufwändiger als noch in den 90er Jahren. „Der Markt hat sich verändert, die technischen Anforderungen sind gestiegen. Die Prüfung von Loks hat an Bedeutung und Komplexität zugenommen. Darauf müssen wir reagieren“, so Werksleiter Michael Otto.

Wirtschaftliches Wachstum durch Internationalisierung

Mit dem Prüfzentrum will sich das Werk in Dessau auf dem Markt neu aufstellen. „Ein wesentliches Element für unser Wachstum in der Zukunft ist die Internationalisierung“, erklärte Uwe Fresenborg, Vorsitzender der Geschäftsführung der gesamten Fahrzeuginstandhaltung bei der Deutschen Bahn. „Die Kunden werden internationaler, der Schienengüterverkehr ebenso. Das Lokprüfzentrum ist darauf die richtige Antwort. Es ist eine Investition für die nächste Generation.“

Im Dessauer Werk werden derzeit vor allem die Triebfahrzeuge der Deutschen Bahn geprüft, der Anteil liegt bei 90 Prozent. Zehn Prozent der Kunden sind Drittanbieter. Bisher konnten am Standort auch Mehrsystemloks inspiziert werden, allerdings nur durch Rangieren auf Gleisen mit unterschiedlichen Stromspannungen. Für Tests gab es auch aufwendige Fahrten an Landesgrenzen.

Züge können im neuen Lokprüfzentrum nun leichter getestet werden

Die Werkstatt-Teams können nun zeitgleich an verschiedenen Lokomotiven mit unterschiedlichen Antrieb- und Energiearten arbeiten. Für das neue Prüfzentrum hat das Werk in Dessau auch seine Infrastruktur umgebaut, damit die Zugmaschinen zur Reparatur direkt in die Halle nebenan fahren können. Bevor das Lokprüfzentrum seinen Betrieb aufnehmen kann, sind bis Mitte des Jahres noch kleinere Restarbeiten und die technischen Abnahmen zu erledigen.

Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras sah mit der Investition das Oberzentrum der Doppelstadt gestärkt. „Es ist ein gewaltiges Stück Sicherheit für den Wirtschaftsstandort Dessau-Roßlau“, so das Stadtoberhaupt am Donnerstag.

„Was jetzt noch fehlt, ist eine bessere Anbindung an das Eisenbahnnetz“, wiederholte er eine altbekannte Klage. Die Zustimmung im Publikum zeigte einmal mehr, wie dringend diese Bitte ist. Vor allem mit Blick auf das Bauhausjubiläum 2019. Eine konkrete Antwort gab es allerdings auch diesmal nicht. (mz)

Werkchef Michael Otto
Werkchef Michael Otto
Lutz Sebastian