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Mordprozess Yangjie Li Mordprozess Yangjie Li: Mutter von Sebastian F. prozessunfähig

Von Ralf Böhme 18.04.2017, 07:46
Die Anklagebank im Dessauer Landgericht.
Die Anklagebank im Dessauer Landgericht. Lutz Sebastian

Dessau - Riesenenttäuschung im Landgericht Dessau-Roßlau: Im Verfahren um die Ermordung der chinesischen Studentin Yangjie Li kann und muss die Mutter des Angeklagten Sebastian F. nicht  aussagen.

Mutter des Angeklagten Sebastian F. hatte schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt

Die Polizistin, die seit etlichen Monaten krankgeschrieben ist, hatte außerhalb des Gerichts schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. So hatte die Frau gemeinsam mit ihrem Mann, dem ehemaligen Chef des Polizeireviers, ein Gartenlokal eröffnet - unmittelbar nach der Trauerfeier für Yangjie Li.

Das Ergebnis der gerichtlich angeforderten amtsärztlichen Untersuchung der Zeugin war am Montag der erste und einzige Paukenschlag am 25. Verhandlungstag. Richterin Uda Schmidt fasste das Gutachten so zusammen: „Die Verhandlungsunfähigkeit der Mutter des Angeklagten Sebastian F. wird voraussichtlich für mehrere Monate fortbestehen.“ Von ärztlicher Seite werde das traumatische Erleben der Ereignisse rund um die Ermordung und dessen Aufklärung als Hauptgrund angeführt. Das mache sowohl ein Erscheinen vor Gericht als auch eine Aussage bis auf weiteres unmöglich.

Landgericht muss auf eine der wichtigsten Zeuginnen im Mordprozess Yangjie Li verzichten

Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass das Landgericht auf eine der wichtigsten Zeuginnen verzichten muss. Verhandlungstage sind jetzt bis in den Mai hinein reserviert. Dann könnte, rund ein Jahr nach dem Sexualmord, das Urteil über Sebastian F. und seine ehemalige Lebensgefährtin Xenia I. fallen. Beschuldigt werden sie, Yangjie Li gemeinschaftlich entführt, missbraucht und umgebracht zu haben.

Das Interesse des Landgerichts an einer Befragung ergibt sich aus dem nahezu täglichen Kontakt, den die Mutter mit ihrem Sohn pflegte. Telefon-Protokolle belegten, dass sowohl vor als auch nach dem Mord ausführliche  Gespräche geführt worden sind. Auch kurz bevor Sebastian F. zur Polizei ging, um einer drohenden DNA-Untersuchung zu entgehen, hatte er sich nach Aussage seines Stiefvaters mit Ramona S. besprochen.

Gericht muss darüber befinden, ob das mildere Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt

Aufschlussreiches könnte  die Zeugin vermutlich auch beitragen, um die Entwicklung ihres Sohnes besser verstehen zu können. Eine Zeit lang befand er sich in psychiatrischer Behandlung und erhielt auch entsprechende  Medikamente. Zuletzt hatte ihm der forensische Psychologe  eine gestörte Sexualität bescheinigt.

Außerdem muss das Gericht nun darüber befinden, ob es das mildere Jugendstrafrecht zur Anwendung bringt. Dafür spricht, dass der Angeklagte und seine damalige Lebensgefährtin zur Tatzeit erst 20 Jahre alt waren und es offenbar Anzeichen für eine verzögerte Persönlichkeitsreife gibt. Andererseits dürfte im Falle einer Verurteilung die besondere Brutalität der Mordtat eine  Rolle spielen. Höchststrafe sind bei Totschlag zehn Jahre Haft, bei Mord geht es in besonders schweren Fällen bis zu 15 Jahre hinter Gitter. (mz)