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Kritik an öffentlich-rechtlichem Rundfunk Öffentlich Rechtlicher Rundfunk: Rainer Roba: ARD und ZDF sollen sparen

Von Jan Schumann 20.02.2017, 18:12

Halle (Saale) - Schlanker muss er werden, der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Das sagt Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und zuständig für Medienpolitik. Über nötige Reformen sprach er mit Jan Schumann und Hagen Eichler.

Herr Robra, schauen Sie eigentlich manchmal Sportschau in der ARD?
Robra: Ja, ab und zu.

Wenn wir Sie richtig verstanden haben, sollen ARD und ZDF genau prüfen, welche hochkarätigen Sportveranstaltungen sie künftig noch übertragen können.
Robra: Die Sportrechte-Vermarktung bewegt sich heute in Dimensionen, die kein öffentlich-rechtlicher Sender dieser Welt mehr stemmen kann. Wenn die Sportverbände das weiter vorantreiben, sägen sie den Ast ab, auf dem sie sitzen.

Ist das nicht ein sehr frommer Wunsch? Die Verbände nehmen, was sie kriegen können. Und ARD und ZDF müssen schauen, ob sie noch mithalten können.
Robra: Mit der jüngsten Weltmeisterschaft im Handball haben wir es ja erlebt, dass die Sender das nicht mehr stemmen wollten. Das ist ärgerlich für die Zuschauer. Aber auch für die Sportler, die am Ende die Verbände tragen.

Wenn sich die Öffentlich-rechtlichen von weiteren großen Sportveranstaltungen wie etwa den Olympischen Spielen verabschieden müssten, wird die Akzeptanz für den Rundfunkbeitrag nicht gerade steigen, oder?
Robra: Beide Seiten wären Verlierer, die Zuschauer und die Sender.

Sie wollen eine Strukturdebatte führen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schlanker machen. Wie?
Robra: Es gibt zu viele Doppelstrukturen - nicht nur in der Verwaltung, auch im Programm. Da sehen wir in der Rundfunkkommission der Länder großes Sparpotenzial. Auch die dritten Programme könnten einen Beitrag leisten. Und zwar dann, wenn sie sich künftig konsequent auf ihren regionalen Auftrag konzentrieren, anstatt sich als eine weitere Programmschiene neben ARD und ZDF zu verstehen. Die Frage ist ja: Wie viel brauchen wir vom gleichen? Die dritten Programme sollen der Marktplatz der Länder sein. Dann bleibt ARD und ZDF der nationale Auftrag.

Um zu sparen, ist auch immer wieder die Fusion von Anstalten in der Diskussion. Ist das eine Option?
Robra: Eine Drei-Länder-Anstalt wie der Mitteldeutsche Rundfunk funktioniert. Den Ländern, die Sorgen haben, dass sie bei einer Fusion nicht mehr vorkämen, kann ich sagen: Sachsen-Anhalt fühlt sich im MDR nicht unterrepräsentiert.

Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk wären verzichtbar?
Robra: Das sind die beiden Anstalten, die Finanzhilfen von den anderen bekommen. Sie sind erkennbar überfordert, ihr Programm selbst zu finanzieren. Auch das gehört bei der Strukturdebatte auf den Tisch.

Daneben gibt es eine Reihe von Spartenkanälen, besonders beim ZDF. Muss auch da gespart werden?
Robra: Das gilt es abzuwägen. Klar ist, dass ZDF Neo derzeit am erfolgreichsten ist, junge Zuschauer zu binden und den befürchteten Generationenabriss zu vermeiden. Es ist eine wichtige Ideenschmiede. Solche Experimentfelder braucht man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Diskussionsprozess darüber, welches Rundfunksystem wir uns künftig vorstellen, ob dieses 17,50 Euro im Monat wert ist und ob man in der Zukunft dafür mehr fordern kann – dieser Prozess hat gerade erst begonnen. Ich sehe auch an anderen Stellen Sparpotenzial – etwa bei Ausgaben für Technik oder Moderatoren-Verträge. Die Anstalten zeigen sich willig, Vorschläge zu machen. Sie stehen auch vor der Herausforderung, die Zuschauer-Akzeptanz aufrecht zu erhalten.

Sehen Sie diese gefährdet?
Robra: Das ist die Sorge, die uns umtreibt. Das öffentlich-rechtliche System lebt von der Akzeptanz durch die Zuschauer. In der Rundfunkkommission gibt es die Befürchtung, dass die Finanzressourcen künftig irgendwann aufgezehrt sind. Und ein höherer Rundfunkbeitrag ist schwer zu vermitteln.

Der Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag kommt ja heute vor allem von denen, die ARD und ZDF verzerrte Nachrichten vorwerfen…
Robra: Diese Sichtweise halte ich für viel zu überspitzt. Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag gab es schon viel früher. Auch, bevor es die AfD gab. Auf deren Niveau möchte ich mich gar nicht begeben. Die Partei will den Öffentlich-rechtlichen mit der Kündigung der Staatsverträge ja generell das Wasser abgraben.

Viele Bürger sträuben sich gegen den Rundfunkbeitrag. Sie fordern nun: Schwere Themen aus der Nische zurück in die Prime Time! Beißt sich das nicht mit Zuschauerwünschen?
Robra: Dass die Quote nicht alles ist, darüber sind wir uns in den Ländern schon lange einig. Ich plädiere dafür, dass auch anspruchsvolle Programme zur Hauptsendezeit laufen, die nicht mehrere Millionen Zuschauer anlockt.

Der Tatort soll aber weiterhin möglichst viele Zuschauer haben?
Robra: Es darf auch einen Tatort geben, der vielleicht ein bisschen anspruchsvoller ist, und bei dem eben nicht zehn, acht oder sechs Millionen Zuschauer bis zum Ende aushalten. Dafür müssen die Öffentlich-rechtlichen künftig mehr Mut haben. (mz)