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Mordfall Yangjie Li Mordfall Yangjie Li in Dessau: Ermittler nehmen erneut die Arbeit auf

Von Lisa Garn 03.02.2017, 06:00
Das Vorderhaus in der Johannisstraße: Dort befindet sich die Tatwohnung, die eine Etage unter der des damligen Paares lag.
Das Vorderhaus in der Johannisstraße: Dort befindet sich die Tatwohnung, die eine Etage unter der des damligen Paares lag. Lutz Sebastian

Dessau - Im Mordfall Yangjie Li haben umfangreiche Nachermittlungen begonnen. Dabei sollen die Angaben der Angeklagten Xenia I. überprüft werden, die vor etwa zwei Wochen ein Teilgeständnis am Landgericht Dessau abgelegt und ihren Ex-Freund schwer belastet hatte.

Kurz darauf hat die Polizei nach MZ-Informationen alle Mülltonnen aus dem Tathaus in der Dessauer Johannisstraße 7 abgeholt. Der Hauptangeklagte Sebastian F. soll Yangjie Li nach der Tat, so schilderte es Xenia I., in einer Mülltonne in das Hinterhaus transportiert haben. Ob die Mülltonnen bereits zuvor untersucht worden waren, dazu wollten Polizei und Landgericht keine Angaben machen.

Ermittlungsgruppe im Fall Yangjie Li wurde noch einmal zusammengerufen

Die Aussage von Xenia I. hat nach MZ-Informationen dazu geführt, dass die Ermittlungsgruppe noch einmal zusammengerufen wurde. So sollen Beamte in dem Haus auch Hörtests durchgeführt haben. Damit soll überprüft werden, von wo im Haus Kinderschreie zu hören gewesen sein könnten.

Die Angeklagte hatte vor Gericht ausgesagt, dass sie während der Tat die meiste Zeit bei ihren beiden Kindern gewesen sei, die über der Tatwohnung zurück gelassen worden waren.

Im Zuge der neuen Ermittlungen wurden auch noch einmal Zeugen befragt. Darunter ein Mann, der im Hinterhaus nach eigenen Aussagen täglich die Bauarbeiten zur Sanierung der dortigen Wohnungen überwacht hatte und Anfang Juni 2016 ins Erdgeschoss einzog. Aus dem dortigen Fenster soll Sebastian F. den Körper von Yangjie Li nach draußen gebracht und unter einer Konifere versteckt haben.

Das Jugendamt der Stadt Dessau-Roßlaus hat bestätigt, dass es zu Xenia I. und Sebastian F. und dem Umgang mit ihren Kindern mehrere Meldungen gegeben hat.

„Diesen Meldungen wurde nachgegangen“, sagt Stadtsprecher Carsten Sauer. „Ein Hinweis, dass ein Kind kopfüber in eine Regentonne gehalten wurde, war aber nicht darunter.“

Über die Aktion mit der Regentonne hatte am Dienstag eine Zeugin berichtet, die Gartennachbarin des Ex-Paares war. Sie berichtete, dass Sebastian F. seinen dreijährigen Stiefsohn misshandelt haben soll, auch indem er das Kind tagelang ins Zimmer eingesperrt habe. Das Jugendamt habe sie über die Ereignisse informiert, aber keine konkrete Reaktion festgestellt.

„Das Jugendamt geht jeder Meldung über Kindeswohlgefährdung nach, egal von wem und in welcher Form sie den Mitarbeitern bekannt wird“, erklärt Sauer.

„Eine Rückmeldung an die Meldenden kann das Jugendamt aus Gründen des Datenschutzes nicht geben.“ Er bestätigte allerdings, dass die junge Familie in der Vergangenheit auch Hilfen zur Erziehung erhalten hatte. (mz/lga)

Kritik an den Ermittlungen der Polizei

Die Polizei wollte MZ-Anfragen zu den weiteren Ermittlungen in dem Fall nicht beantworten. Zuständig für Presseanfragen sei nach der Anklageerhebung das Landgericht in Dessau, wo der Prozess Ende November begonnen hat. Dort äußert man sich nicht zur Polizeiarbeit. „Da die Fragen zu Einzelheiten der Ermittlungen sämtlich im Zusammenhang mit der derzeit stattfindenden Beweisaufnahme stehen“, sagte Sprecher Frank Straube, „kommt eine Beantwortung schlechterdings nicht in Betracht.“

Zuletzt hatte es in dieser Woche vor dem Landgericht Kritik an den Ermittlungen der Polizei nach dem Fund der toten Yangjie Li am 13. Mai 2016 gegeben. Am Montag hatte erstmals ein hochrangiger Polizist vor dem Landgericht Dessau Versäumnisse bei den Mordermittlungen eingeräumt. So war das Blut der Getöteten an einem Baugerüst vor dem Fenster im Hinterhaus erst Tage nach dem Fund entdeckt worden.

Bei der Kontrolle des Gebäudes sei dieses Fenster nicht geöffnet worden, „weil draußen Leute Blumen niedergelegt haben und Presse da war“. Im Nachhinein bewertete der Ermittler dies als Fehler.

Die verspätete Sicherung der Spur hatte bereits die Nebenklage kritisiert, ebenso die Tatsache, dass wichtiges Videomaterial vom Umfeld des Tathauses nicht früher und dann unvollständig gesichert und ausgewertet wurden. Die Videos haben unter anderem Xenia I. gezeigt, wie sie am Tatabend Yangjie Li vor dem Haus anspricht.

Verhandlung wird am 20. Februar fortgesetzt

Offen bleibt derzeit, ob ein Amtsarzt die Mutter des Angeklagten, eine Polizistin in Dessau, untersucht. Das hatte die Nebenklage angeregt, nachdem die Zeugin mit einem neuen Attest weiterhin nicht vernehmungsfähig ist. „Mit der Anregung der Nebenkläger, ein amtsärztliches Attest einzuholen, wird sich die Kammer nach ihrem Ermessen und zu gegebener Zeit auseinandersetzen“, erklärte Gerichtssprecher Frank Straube.

Wann sie erneut als Zeugin geladen wird, stehe derzeit noch nicht fest. Klar ist allerdings der Termin für den Stiefvater, dem ehemaligen Leiter des Dessau-Roßlauer Polizeireviers: Er ist für den 28. Februar geladen. Ebenso wie die Mutter kann er vor Gericht die Aussage verweigern.

Die Verhandlung wird am 20. Februar nach dreiwöchiger Pause fortgesetzt. (mz)

Über dieses Fenster soll Yangjie Li nach draußen gebracht worden sein.
Über dieses Fenster soll Yangjie Li nach draußen gebracht worden sein.
Lutz Sebastian