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Kulturerbe in Halle Kulturerbe in Halle: Diese DDR-Haltestelle ist nun ein Denkmal

Von Michael Falgowski 31.01.2017, 06:00
Buswartehäuschen in der Brachwitzer Strasse in Halle
Buswartehäuschen in der Brachwitzer Strasse in Halle Lutz Winkler

Halle (Saale) - Halle neuestes Denkmal ist - eine Bushaltestelle. Ein Kunststoff-Unterstand im Schick der 1970er Jahre. „Die Wartehalle“ fristet in der Brachwitzer Straße am Trothaer Hafen ein bisher weitgehend unbeachtetes Dasein. Und mit dem bevorstehenden Ausbau der Straße war das Schicksal der Wartehalle praktisch schon besiegelt: Abriss. Der aber wird nun wohl verhindert.

Ein ganz andersgeartetes Stadtmöbel hatte da deutlich weniger Glück: Der „Blechschrank“, der seit Jahrzehnten auf dem Gehweg in der Adam-Kuckhoff-Straße verrottete, wurde kurz bevor der Denkmalstatus kam, vor einigen Wochen beseitigt. Es handelte sich um einen sogenannten „Linienverzweiger“, eine technische Einrichtung des frühen halleschen Telefonnetzes. Abgerissen wurde es nur vier Wochen, nachdem die MZ in einem Artikel über das Interesse der Denkmalpflege an „Verteilerstation“ und Wartehalle berichtet hatte. Sabine Meinel, die im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie für Halle zuständige Referatsleiterin, hatte Mitte Oktober öffentlich um Hinweise der Hallenser zu den beiden Objekten gebeten, die zwar unter Denkmalverdacht standen, über deren Geschichte die Denkmalpfleger aber nur wenig wussten.

Bushaltestellen in der Brachwitzer Straße bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff

In beiden Fällen war die Resonanz auf den MZ-Artikel erfreulich groß , sagt Sabine Meinel. Und deshalb ist nun bekannt: Die beiden Bushaltestellen in der Brachwitzer Straße bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff und wurden 1976 als Wetterschutz gefertigt, entworfen 1972 in einem gemeinsamen Projekt der VE Verkehrsbetriebe Halle und der Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein. „Die Wartehalle ist ein äußert seltenes Beispiel einer DDR-Stadtmöblierung. Sie sind aber auch Zeugnisse für die Studienarbeiten der damaligen Hochschule, die sehr stark praxisorientiert war“, sagt Sabine Meinel.

Zudem gebe es heute nicht mehr viele Design-Zeugnisse der Burg im öffentlichen Raum. Die Hochleuchten an Riebeckplatz und Hochstraße bilden da eher eine Ausnahme. Nicht zuletzt wegen dieses Halle-Bezugs hat Sachsen-Anhalts Landeskonservatorin Ulrike Wendland Ende vergangenen Jahres die expressiven Wartehallen in die Denkmalliste Sachsen-Anhalts aufgenommen. Die letzten DDR-Haltestellen ihrer Art haben nun eine gute Chance, den bevorstehenden Ausbau der Brachwitzer Straße zu überleben. Die Kommune muss sich positionieren und aushandeln, was sie mit der denkmalgeschützten Haltestelle vorhat: integrieren, einlagern oder auch an anderer Stelle errichten.

In Sachsen-Anhalt gibt es nun fünf denkmalgeschützte Wartehäuser

In Sachsen-Anhalt gibt es übrigens nun fünf denkmalgeschützte Wartehäuser. In Halle gehört die Endhaltestelle der Straßenbahn in der Frohen Zukunft mit Kiosk (1941) dazu.

Keine Chance auf Sanierung dagegen hat mehr die einstige Telekommunikations-Anlage in der Adam-Kuckhoff-Straße: Sie wurde bereits im November „fachgerecht entsorgt“, also verschrottet, wie Eigentümer Telekom mitteilte. Die Technik wäre wohl denkmalwürdig gewesen, ist es doch die letzte ihrer Art in Halle. Viele MZ-Leser, darunter ehemalige „Postler“, haben der Behörde Hinweise zur Funktion und Geschichte des sogenannten Linienverzweigers der deutschen Reichspost gegeben, der wohl in den 1920er oder 1930er Jahren gebaut wurde.

In solchen Stationen wurden die Hauptkabel von damaligen „Selbstwählfernsprechamt“ in der Ernst-Kamieth-Straße miteinander verbunden. Bis in die 1950er und 1960er stand ein solcher Verteiler noch auf dem Markt. Nachdem der Fachbereich Ordnung und Sicherheit der Stadt die Telekom im September vergangenen Jahre aufgefordert hatte, das immer mehr verfallende kleine Bauwerk zu sichern oder abzureißen, entschloss sich die Telekom zum Abriss. „Die Sicherung konnte nicht mit vertretbarem Aufwand erfolgen“, sagt Telekom-Sprecher Georg von Wagner. Zu den Kosten machte er keine Angaben. Dass sich die Denkmalpflege für die Technik interessiere, sei bekannt gewesen. (mz)