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Prozess Yangjie Li Chinesische Studentin Yangjie Li in Dessau ermordet: Ermittler räumt "Fehler" ein

Von Kai Gauselmann 30.01.2017, 14:32
Die Richterbank im Mordprozess um Yangjie Li.
Die Richterbank im Mordprozess um Yangjie Li. Lutz Sebastian

Dessau - Im Prozess zum Mordfall Yangjie Li hat am Montag ein hochrangiger Polizeibeamter Versäumnisse und Fehler bei den Ermittlungen eingeräumt. Kriminalrat Thomas E., der die Ermittlungen geleitet hat, sagte aus, dass in der Nähe des Fundorts der Leiche früher Blutspuren hätten entdeckt werden können.

Er und ein Kollege hätten bei der Kontrolle des zugehörigen Hauses das Fenster aber nicht geöffnet und die Spuren an einem Baugerüst nicht gefunden, „weil draußen Leute Blumen niedergelegt haben und Presse da war". Das habe sich später „als Fehler“ erwiesen.

Prozess um Tod von Yangjie Li offenbart Pannen der Polizei Dessau

Die entstellte Leiche der chinesischen Studentin Yangjie Li war in der Dessauer Innenstadt auf einer Freifläche an einem leerstehenden Haus gefunden worden. Dieses Haus wurde zu dem Zeitpunkt saniert und war eingerüstet. Die wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagten Sebastian F. und Xenia I. wohnten in einem vorgelagerten, mit dem leerstehenden Gebäude verbundenen Vorderhaus. Nach jetzigem Kenntnisstand sollen sie Yangjie Li dort missbraucht, getötet und ihre Leiche dann aus einem Fenster des Hinterhauses hinausgeworfen haben.

Laut Ermittlungsleiter E. haben er und ein Kollege in dem Hinterhaus auf dem Boden Abstriche einer „bräunlich-roten Lache“ genommen – wie sich herausstellte ebenfalls Blutspuren. Ansonsten habe in dem leerstehenden Gebäude nichts auf einen Tatort hingewiesen. Warum dieser Spur nicht früher nachgegangen und das Vorderhaus nicht in den Fokus der Ermittler rückte, blieb am Montag offen und wurde durch die Vertreter von Anklage und Nebenklage auch nicht hinterfragt.

Zu wenig Speicherplatz: Ermittler konnten nicht sofort Video-Material sichern

Auch wenn E. keine weiteren Fehler einräumte, wurde durch seine Aussage dennoch klar, dass die Polizeiarbeit nicht optimal abgelaufen ist. Nachbar des Vorderhauses ist ein Antiquitätenhändler, der die Front seines Ladenlokals per Video überwacht. Dort haben die Ermittler laut E. allerdings nicht sofort das gesamte Video-Material gesichert: Weil dafür die technischen Kapazitäten bei der Polizei fehlten.

„Wir haben bei uns auch nicht tausend Speicher mit einem Terrabyte", so E. Deshalb hätten die Beamten zunächst nur Material vom Tag des Verschwindens Yangjie Lis gesichert.

Sebastian F. soll Polizisten als „Idioten“ und „Dackel“ beschmipft haben

Die Polizei hatte nach dem Fund der Leiche Yangjie Lis zwar 147 Anwohner in einer ersten Welle befragt, allerdings nicht systematisch. Bei dem Angeklagten Sebastian F. etwa hätten Beamte auch mal „geklopft“, ihn jedoch nicht angetroffen, so der Ermittlungsleiter. Er wurde dann schriftlich zur Anhörung geladen – was dann erst in der folgenden Woche geschah.

Dafür, dass die Anwohnerbefragungen nicht so schnell im gewünschten Umfang und systematisch durchgeführt werden konnten, hatte Thomas E. eine Erklärung: Bereitschaftspolizisten standen dafür nicht zur Verfügung, weil sie das Landespokalfinale im Fußball zwischen dem Halleschen FC und dem FC Magdeburg absichern mussten.

Ein weiterer Polizeibeamter sagte zu früheren Ermittlungen gegen Sebastian F. aus. Der Beamte sprach von etwa 30 Verfahren, unter anderem Brandstiftung. Bei einer Wohnungsdurchsuchung habe F. die Polizeibeamten und den Staatsanwalt verbal attackiert und als „Idioten“, „Dackel“ sowie „Kackfressen“ beschimpft. „Er ist auf Deutsch gesagt ausgetickt“, so der Beamte Ingolf W. vor Gericht.

Yangjie Li starb am 11. Mai 2016 in Dessau-Roßlau

Im Mordprozess Yangjie Li sind zwei inzwischen 21-Jährige aus Dessau-Roßlau angeklagt. Ihnen wird gemeinschaftlicher Mord und Vergewaltigung vorgeworfen.

Die Angeklagte Xenia I. hatte vor zwei Wochen erstmals ihr Schweigen gebrochen, Angaben zur Tatnacht vom 11. Mai gemacht und ihren Ex-Freund Sebastian F. schwer belastet. Vorigen Dienstag hatte sie aber keine weiteren Fragen zur Tatnacht beantwortet. (mz)

Nebenklage und Staatsanwaltschaft.
Nebenklage und Staatsanwaltschaft.
Lutz Sebastian