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Tierkadaver auf Acker entdeckt Tierkadaver auf Acker entdeckt: Zweifel an Entsorgung von gekeultem Geflügel

Von Ralf Böhme 18.01.2017, 19:53

Halle (Saale) - Keine Entwarnung in Sachen Vogelgrippe. Es gilt immer noch höchste Alarmstufe. Der Virus H5N8, Auslöser der gefährlichen Krankheit, ist weiter in Sachsen-Anhalt unterwegs. Nach bestätigten Verdachtsfällen im Umland von Magdeburg, im Salzlandkreis und im Landkreis Anhalt-Bitterfeld rechnen Experten täglich mit einer weiteren Ausbreitung. Vor diesem Hintergrund schlägt jetzt die Enthüllung einer fragwürdige Entsorgung von Geflügel-Kadavern im Jerichower Land hohe Wellen. Während der Rassegeflügelverband Sachsen-Anhalt diese Praxis anprangert, sehen die Behörden vor Ort keine Verstöße.

Vogelgrippe, Geflügelpest, Hühnerinfluenza - die Tierseuche hat viele Namen. Der historisch entstandene Begriff Geflügelpest unterstreicht die Schwere der Krankheit - „Pest“ steht umgangssprachlich für einen Seuchenzug mit zahlreichen Todesfällen, unabhängig vom Erreger. Da die Erreger der klassischen Geflügelpest Grippeviren sind, haben sich die Tiermediziner international auf die Bezeichnung Aviäre Influenza geeinigt, übersetzt „Vogelgrippe“.

Je nach betroffener Geflügelart wird auch von Hühner-, Gänse- oder Enteninfluenza gesprochen. Bei der Aviären Influenza unterscheiden Fachleute schwach-, mittel- und hochpathogene (krank machende) Erreger. Seuchenzüge hochpathogener Erreger wie des Vogelgrippevirus H5N8 werden im deutschen Sprachraum weiter als Geflügelpest bezeichnet. Die Ansteckungsgefahr für Menschen wurde bislang allerdings nicht nachgewiesen.  

Naturschützer vom Aktionsbündnis „Vogelfrei“ haben nach eigenen Angaben dokumentieren können, wie man in der Gemeinde Möser (Jerichower Land) gleich hängerweise Stallmist aus einer großen Mastanlage auf dem Acker abschüttet. Das Gelände soll sich nur 15 Meter von einem Bachlauf befinden. Das sei ein Skandal, so die Umweltaktivisten. Dem Augenschein nach handelt es sich ihnen zufolge dabei nicht nur um alte Einstreu, sondern es finden sich zahllose teils schon verrottete Reste von Geflügel. Afra Korfmann von „Vogelfrei“ kann mit entsprechenden Fotos aufwarten. Bei seinen Informationen bezieht sich der Tierschutz-Aktivist auf Arbeiter aus Geflügelbetrieben der Region, die nicht genannt werden möchten.

Ausbringen der Kadaver ist „extrem fahrlässiges Verhalten“

Dieter Kuhr, Landesvorsitzender des Rassegeflügelverbandes, hält die Darstellung „für absolut glaubhaft.“ Deshalb habe man die Erkenntnisse von „Vogelfrei“ auch auf der eigenen Homepage veröffentlicht und erwäge sogar eine Anzeige gegen unbekannt bei der Staatsanwaltschaft. Angesichts der allgegenwärtigen Vogelgrippe-Gefahren sagt Kuhr: „Wer immer es auch war, das Ausbringen der Kadaver ist mindestens extrem fahrlässig.“ Verendete Tiere müssten durch zertifizierte Unternehmen entsorgt werden. Fachleute würden tote Vögel niemals mit offenen Hängern durch die Gegend fahren, in der Nähe von Gewässern lagern und dann einfach unterpflügen. Kuhr: „Hier will jemand offenbar viel Geld sparen.“ Er vermute dahinter einen großen Geflügelbetrieb, der sich etwaige Verluste von der Tierseuchenkassen zurück erstatten lasse könne. Geprüft werden müsse unter anderem, ob es sich bei den toten Vögeln im Mist um jene 9 500 Tiere handelt, die im Dezember in Möser vorsorglich gekeult worden sind.

Landkreis prüft Vorwürfe - Keine Ordnungswidrigkeiten festgestellt

Diesem Verdacht ist der Landkreis inzwischen nachgegangen. Auf MZ-Anfrage sagte Pressesprecherin Claudia Hopf-Koßmann, dass im Ergebnis der Untersuchung keine Ordnungswidrigkeiten festgestellt werden konnten. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Keulung im Dezember und den Bildern von „Vogelfrei“. Im Gegenteil könne man bestätigen, dass nach der Keulung im Dezember in dem betroffenen Betrieb unter Aufsicht des Veterinäramtes und der Umweltfeuerwehr sachgerecht entsorgt worden sei.

Darüber hinaus verwies Hopf-Koßmann auf die geltende Geflügelpestverordnung. Danach enthalte sie keine Vorschriften für Fahrten. Ebenso sei es nicht verboten, Festmist auszubringen. Inzwischen sind ihr zufolge sämtliche Geflügel-Betrieb im Landkreis auf die Seuche kontrolliert - ohne greifbares Ergebnis. Das Fazit: „Das Risiko einer Infektion weiterer Tierbestände durch nicht abgedeckten Mist ist somit gering“, sagte die Pressesprecherin. (mz)