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Gymnasium Gräfenhainichen Gymnasium Gräfenhainichen: Anklage nach Sex-Vorwürfen

Von Michael Hübner 18.01.2017, 09:27
Schülerinnen erheben Vorwürfe gegen einen 46-jährigen Ex-Lehrer in Gräfenhainichen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen erhoben.
Schülerinnen erheben Vorwürfe gegen einen 46-jährigen Ex-Lehrer in Gräfenhainichen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen erhoben. Symbolfoto/CC0

Gräfenhainichen - Ein Lehrer des Gräfenhainichener Paul-Gerhardt-Gymnasiums, dem inzwischen vom Landesschulamt fristlos gekündigt worden ist, muss sich vor dem Amtsgericht in Wittenberg verantworten. Die Dessauer Staatsanwaltschaft wirft dem 46-Jährigen nach Angaben von Gerichtssprecher Frank Straube „sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen“ vor.

Es geht um zwei Fälle, erfuhr die MZ am Dienstag auf Anfrage. Beide sollen sich während einer Klassenfahrt im Mai in Berlin ereignet haben. Das mutmaßliche Opfer ist laut Anklage der Staatsanwaltschaft eine 17-Jährige. Die junge Frau hat sich einer psychologischen Beratungsstelle anvertraut. Eine Mitarbeiterin dort schaltete sofort die Polizei ein.

Das Mädchen hat inzwischen aber auch juristischen Ärger. Roland Franke, der Direktor der Bildungseinrichtung, hat im November Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt. Das bestätigte er am Dienstag auf MZ-Anfrage. Dabei geht es um die Aussage des Mädchens vom 23. August.

Sie hat behauptet, dass es schon vor ihr durch den jetzt Angeklagten zu versuchten Übergriffen auf andere Schülerinnen gekommen sei und das hinter vorgehaltener Hand die Runde gemacht habe, aber nicht zeitnah reagiert worden sei.

Dagegen verwehrt sich Franke nach eigenen Angaben. Auch gegenüber der Presse hatte er stets öffentlich betont: „Hier wurde nichts unter den Tisch gekehrt!“

Allerdings haben Polizei und Staatsanwaltschaft auch in einem weiteren Fall ermittelt. Dabei haben die Eltern einer 14-Jährigen schwere Vorwürfe erhoben. Sie hatten zuvor eindeutige Whats-App-Nachrichten des Pädagogen an ihre Tochter entdeckt. Die Botschaften sollen eindeutig gewesen sein.

Die Rede ist von pornographischen Karikaturen und Liebesbotschaften noch nach Mitternacht. „Ich liebe dich“, lässt der inzwischen Ex-Lehrer über ein Plüschtier ausrichten. Dieses Strafverfahren hat die Staatsanwaltschaft aber eingestellt, informiert die Mutter die MZ.

„Gegen den Beschuldigten ist wegen anderer Straftaten bereits ein Verfahren anhängig. Neben der in jener Sache zu erwartenden Strafe fällt die Strafe, zu der die Verfolgung der von ihnen angezeigten Tat führen kann, nicht beträchtlich ins Gewicht, zumal im Falle einer weiteren Verurteilung eine nicht oder nur unwesentlich höhere Gesamtstrafe zu bilden wäre. In einem solchen Falle sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, von der Erhebung einer öffentlichen Klage abzusehen. Davon habe ich Gebrauch gemacht“, teilt die Behörde in einer solchen Situation gewöhnlich standardmäßig mit.

Nach Rücksprache mit ihrem Anwalt habe die Familie die Entscheidung aber akzeptiert. „Uns wurde erklärt, dass dies gängige Praxis sei“, sagte die Frau der MZ.

Bei der Verhandlung - ein Termin ist noch offen - kommen offensichtlich auch die Ereignisse von 2003 nicht mehr zur Sprache. Nach den MZ-Veröffentlichungen im Sommer meldeten sich per Facebook gleich drei Frauen und schilderten ihre fast 14 Jahre alten Eindrücke.

„Er hat gern mit den Mädchen geflirtet und hielt nicht die notwendige Distanz zu den Schülerinnen“, lautete ein Eintrag. Zwei der drei Frauen sind auch zu einem Gespräch bei der Polizei bereit.

Unterdessen sorgten die Gräfenhainichener Ereignisse für Handlungsbedarf in den Behörden. Das Krisenmanagement wird sofort verbessert. Es gibt laut Landesschulamt seit September - die Vorwürfe werden im August bekannt - einen Leitfaden.

Es gehe um bessere Kommunikationswege und spezielle Beratungs- und Gesprächsangebote für Betroffene. Die Krisenordner, die an den Schulen existieren, wurden flächendeckend mit ergänzenden Inhalten ausgestattet. (mz)