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Erneuerbare Energien im Burgenlandkreis Erneuerbare Energien im Burgenlandkreis: Millionen Euro für Phantomstrom

Von Sebastian Münster 17.01.2017, 08:00
Windradbetreiber verdienen auch, wenn das Netz überlastet ist.
Windradbetreiber verdienen auch, wenn das Netz überlastet ist. dpa

Zeitz - Auch 2017 steigt die EEG-Umlage für den Ausbau erneuerbarer Energien. Verbraucher müssen seit dem Jahreswechsel 6,88 Cent statt der bisherigen 6,35 Cent je Kilowattstunde zahlen. Ein Teil der Erhöhung geht auf Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe zurück, die die Netzbetreiber für die Abschaltung von Wind-, Solar- und Biogasanlagen zahlen müssen. Das Unternehmen Mitnetz Strom, größter Netzbetreiber im Burgenlandkreis und dem gesamten Süden Sachsen-Anhalts, hat hierzulande Besitzern solcher Anlagen im vergangenen Jahr gemäß eigener, vorläufiger Prognosen rund 1,2 Millionen Euro mehr zahlen müssen als noch 2015.

Insgesamt hat die hundertprozentige Tochter des Chemnitzer Energieversorgers Envia M in ihrer Netzregion Sachsen-Anhalt 5,7 Millionen Euro an Entschädigungen gezahlt. Die Zahl der Eingriffe ins Netz konnte das Unternehmen dabei im selben Zeitraum mehr als halbieren – im südlichen Sachsen-Anhalt waren es demnach 127. Im Burgenlandkreis kam es seit vergangenem Mai zu 29 Abschaltungen. Einzig rund um Aschersleben, Bernburg, Köthen und Dessau kam es im selben Zeitraum noch häufiger zu Eingriffen (37).

Stadtwerke Zeitz: Keine Netzengpässe wegen eines Überschusses an Ökostrom

Deutlich weniger haben die regionalen Stadtwerke für derartige Zwangsabschaltungen zahlen müssen: Die Redinet Burgenland GmbH – Tochterunternehmen der Stadtwerke Zeitz – hat nach Auskunft von Unternehmenssprecher Sebastian Nicolai in den vergangenen beiden Jahren keine Netzengpässe wegen eines Überschusses an Ökostrom registriert. Lediglich drei Eingriffe ins Netz auf Bitten des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz habe es gegeben – Gesamtkosten: 1.572 Euro. Das Berliner Unternehmen verantwortet den Betrieb der überregionalen Hochspannungsnetze in ganz Ostdeutschland („Wer das Stromnetz steuert“).

Gleiches berichten die Stadtwerke Weißenfels und die Technischen Werke Naumburg. Demnach kam es einzig 2015 zu insgesamt sieben Eingriffen ins Netz – allesamt auf Bitten von 50 Hertz. Die deshalb entstandenen Entschädigungsansprüche über „mehrere tausend Euro“ werden durch den Übertragungsnetzbetreiber erstattet. Das Berliner Unternehmen musste innerhalb seines Netzgebietes nach eigenen Angaben 2015 insgesamt 1 336 Gigawattstunden abriegeln und 146 Millionen Euro an Entschädigungen zahlen. Für 2016, so prognostiziert Pressesprecher Volker Kamm, werden die Zahlungen unter dem Vorjahresniveau liegen.

Schadensersatzansprüche wegen netzbedingter Produktionsausfälle steigen

Dennoch: Die Schadensersatzansprüche wegen netzbedingter Produktionsausfälle steigen seit Jahren explosionsartig und haben sich nach Angaben der Bundesnetzagentur allein im Zeitraum 2009 bis 2014 mehr als verzehnfacht.

Die Netzbetreiber sind gemäß Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) verpflichtet, die Ökostrom-Erzeuger für die Produktionsausfälle zu entschädigen. Die Kosten für diese Leervergütung legen sie über die Netzentgelte auf die Energieversorger um. Am Ende verteuern sich so die Stromrechnungen der Verbraucher.

Zwar investieren die Netzbetreiber nach eigenem Bekunden, um die Leitungskapazitäten der steigenden Menge an erneuerbarer Energie anzupassen. Sachsen-Anhalt gehört bundesweit zu den Ländern mit dem höchsten Ökostrom-Anteil. 2015 lag der hierzulande bei 54 Prozent. Das ist bundesweit Platz drei. Zum Vergleich: Der entsprechende Wert für Deutschland lag gerade einmal bei 29 Prozent.

Zwölf sogenannte „Vorrangeignungsgebiete“ für die Errichtung von Windrädern

Im Burgenlandkreis sind nach Angaben des Landratsamtes derzeit 378 Windräder installiert. Das entspricht einer Gesamtleistung von 556,5 Megawatt. Weitere 14 Anlagen wurden im vergangenen Dezember genehmigt, sind aber noch nicht im Bau. Wie viele weitere Windräder derzeit noch in Planung sind, könne nicht benannt werden, da sich die Zahl permanent ändere, heißt es aus dem Landratsamt.

Zwölf sogenannte „Vorrangeignungsgebiete“ für die Errichtung von Windrädern sind im Landkreis bislang ausgewiesen – acht von ihnen bebaut. Der aktuelle Entwurf für des neuen Regionalplans sieht ein weiteres Vorranggebiet bei Profen vor.

Wer steuert das Stromnetz?

Seit 1998 dürfen die Verbraucher in Deutschland frei wählen, von wem sie ihren Strom beziehen wollen. Die Grundlage dafür bildet die damalige Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes auf Basis einer EU-Richtlinie. Die Stromerzeugung und der Betrieb der Stromnetze sollen seitdem weitgehend getrennt funktionieren.

Die Bundesnetzagentur kümmert sich seit 2005 um die Regulierung des Strommarktes und seiner Versorgungsnetze. In Deutschland werden die überregionalen Hochspannungsnetze seither von insgesamt vier sogenannten Übertragungsnetzbetreibern unterhalten – in Ostdeutschland ist das das Unternehmen 50 Hertz. Sie müssen allen Stromanbietern diskriminierungsfreien Zugang zu ihren weitreichenden Transportnetzen gewähren und dürfen dafür ein staatlich reguliertes Entgelt verlangen.

Die Verbraucher vor Ort werden über sogenannte Verteilnetzbetreiber beliefert, die die kleinteiligen Niederspannungsnetze der Kommunen unterhalten. In Zeitz tut dies etwa die Stadtwerke-Tochter Redinet Burgenland. Die Netzentgelte machen laut Bundesnetzagentur rund ein Viertel des Strompreises aus. (mz)