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Personalisierte Tickets Belgien will bei Zugreisen Namen einsammeln

Von Peter Riesbeck 04.01.2017, 08:41
Die in Belgien geplanten Kontrollen betrifft auch ICE-Reisende.
Die in Belgien geplanten Kontrollen betrifft auch ICE-Reisende. dpa

Brüssel/Berlin - Belgien sorgt mit einem Novum für Furore. Ab 18. Mai heißt es in Zügen nach Belgien nicht mehr nur: „Die Fahrscheine, bitte!“ Die belgischen Behörden wollen künftig auf internationalen Strecken auch die Namen der Reisenden wissen.

„Das passt nicht zu Europa“, sagt der Grünen-Abgeordnete Michael Cramer dieser Zeitung. Cramer ist Vorsitzender des Verkehrsausschusses im EU-Parlament. Und er ist sauer. Ein ICE von Berlin nach Köln werde nicht kontrolliert, der ICE von Köln nach Brüssel schon. Das sei nicht koordiniert.

Die personalisierten Tickets gelten für internationale Züge, Fähren und Busse. Bei Verstößen sollen die Betreiber bis zu 50.000 Euro zahlen. Betroffen ist auch die ICE-Verbindung der Deutschen Bahn von Brüssel über Köln nach Frankfurt. Die DB hat die Zahl der Züge seit Dezember erhöht und verkehrt seit Fahrplanwechsel täglich sieben Mal nach Frankfurt (bisher vier Mal).

Reaktion auf vereiteltem Thalys-Anschlag

Belgiens Regierung orientiert sich an den EU-Regelungen für Flugreisende. Dort werden nicht nur Namen, sondern auch die Zahlungsart erfasst. Zudem hatte die EU nach dem vereitelten Anschlag in einem Thalys von Brüssel nach Paris im August 2015 personalisierte Tickets für internationale Züge vereinbart. „Flug- und Bahnreisen sind nur schwer miteinander vergleichbar“, sagt der SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug. Er warnt auch davor die Kosten für die neuen Kontrollen einfach auf die Reisenden abzuwälzen.

Die deutsche Innenpolitik gibt sich arglos. „Bislang liegen uns keine Erkenntnisse vor, die eine Kontrolle aller Personen notwendig machen würden, die mit Bus, Bahn oder Schiff ins europäische Ausland fahren“, sagte der stellvertretende Fraktionschef der Union im Bundestag, Stephan Harbarth.

Gerade durch Deutschlands zentrale Lage und sein deshalb großes Aufkommen an grenzüberschreitendem Verkehr ließe sich eine solche Sicherheitsmaßnahme nur mit ungeheurem Aufwand realisieren, so Harbarth. „Das wäre ein Einschnitt, der nur mit einer extremen Gefahrenlage gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Lage sehe ich derzeit nicht.“

Verstoß gegen Datenschutz?

Die Opposition lehnt den Vorstoß auch aus weiteren Gründen ab: „Das Bundesverfassungsgericht hat bereits der Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten enge Grenzen gesetzt, damit die Gesamtmenge gespeicherter Privatdaten nicht zu hoch ist“, sagte der Innenpolitiker und Fraktionsvize der Grünen, Konstantin von Notz. „Nun zusätzlich die Bewegungsdaten jedes Einzelnen zu speichern, dürfte verfassungsrechtlich extrem schwierig werden.“

Gerade der Fall Amri zeige auch, dass die Behörden nicht zu wenige Daten über Gefährder haben, sondern es schwierig sei, damit adäquat umzugehen.