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Abgelehnte Asylbewerber Abgelehnte Asylbewerber: Holger Stahlknecht für Änderung der Abschiebepraxis in Sachsen-Anhalt

31.12.2016, 12:38

Magdeburg - Sachsen-Anhalt hat das selbst gesteckte Ziel steigender Ausreisen abgelehnter Asylbewerber verfehlt. Nach jüngsten Zahlen des Innenministeriums ging sowohl die Zahl der Abschiebungen als auch die Zahl der freiwilligen Ausreisen im Vergleich zum Vorjahr zurück.

Bis Mitte Dezember seien 834 Menschen abgeschoben worden, teilte das Ministerium in Magdeburg mit. Im Vorjahr waren knapp 1.000 abgelehnte Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zurückgebracht worden. Mit 1.601 Menschen reisten bis Ende November knapp 780 weniger aus als noch 2015.

Holger Stahlknecht für mehr Abschiebehaft

Innenminister Holger Stahlknecht hatte die Zahl der Ausreisen hingegen auf 3.000 bis 4.000 erhöhen wollen. Der CDU-Politiker kündigte an, verstärkt auf Abschiebehaft zu setzen. Die Abschiebepraxis soll dahingehend angepasst werden, sagte Stahlknecht der Deutschen Presse-Agentur. Wenn abgelehnte Asylbewerber nicht freiwillig ausreisten und versuchten, sich der Abschiebung zu entziehen, könne das nicht einfach toleriert werden.

Sachsen-Anhalt verfügt selbst nicht über eine Abschiebehaftanstalt. Erfolglose Asylbewerber, die zurückgeführt werden sollen, dürfen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht in normalen Gefängnissen untergebracht werden. Sachsen-Anhalt kooperiert nach Angaben des Innenministeriums daher mit Brandenburg. Eine eigene Einrichtung lohne sich nicht, sagte Stahlknecht. 2016 wurden 60 Menschen in Abschiebehaft genommen und 35 von ihnen abgeschoben.

562 Abschiebungen von abgelehnten Asyblbewerbern bislang in Sachsen-Anhalt

Die Abschiebezahlen dieses Jahres würden nicht einfach hingenommen, sagte Ministeriumssprecher Christian Fischer. Zum Halbjahr lag die Zahl der Abschiebungen mit 562 Fällen noch 70 Prozent über dem Vorjahresniveau. Dann gingen sie zurück. Hauptgründe seien, dass die abgelehnten Asylbewerber nicht zuhause angetroffen würden oder untertauchten. Auch zunehmende rechtliche Hürden erschwerten die Durchsetzung der Ausreisepflicht, so Fischer. Häufig fehlten gültige Papiere. „Rund 70 Prozent der Herkunftsländer verhalten sich bei der Passersatzbeschaffung unkooperativ.“ Aus kooperativen Herkunftsländern wie den Westbalkanstaaten gebe es hingegen kaum noch ausreisepflichtige Asylbewerber in Sachsen-Anhalt.

Das Land kündigt Abschiebetermine seit Längerem nicht mehr an, um zu verhindern, dass sich die Betroffenen entziehen. Nicht selten würden Termine allerdings über soziale Online-Netzwerke vorab publik gemacht, sagte Fischer. Rund 4000 abgelehnte Asylbewerber müssten aus Sachsen-Anhalt noch ausreisen. Seit 1. November prüft eine Taskforce in den Landkreisen alle Abschiebefälle auf konkrete Hindernisse. Die Ergebnisse soll in einigen Monaten vorliegen. Damit sollen die Städte und Kommunen bei den oft schwierigen Fällen unterstützt werden, begründete Stahlknecht.

Zuletzt hatte Sachsen-Anhalt angekündigt, sich künftig auch an den umstrittenen Sammelabschiebungen nach Afghanistan beteiligen zu wollen. In dem Land gibt es regelmäßig Anschläge und in einigen Gebieten Kämpfe zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban-Rebellen. Die Bundesregierung verteidigte eine erste Sammelrückführung Mitte Dezember damit, dass es auch sichere Landesteile gebe. (dpa)