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Mordprozess Yangjie Li Mordprozess Yangjie Li: Tatverdächtiger beschimpft Zeugen

Von Alexander Schierholz 21.12.2016, 07:54
Der Angeklagte Sebastian F. verbarg auch heute im Gerichtssaal wieder sein Gesicht.
Der Angeklagte Sebastian F. verbarg auch heute im Gerichtssaal wieder sein Gesicht. Lutz Sebastian

Dessau - Er kam als Anwohner zu einer Routine-Befragung und wurde als Beschuldigter in einem Mordfall vorläufig festgenommen: Im Prozess um den Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li in Dessau ist am Dienstag deutlich geworden, wie der Hauptangeklagte Sebastian F. der Polizei die Suche nach ihm erspart hat.

Vor dem Landgericht Dessau schilderte ein als Zeuge geladener Polizeibeamter, wie er F.  am 23. Mai, zehn Tage nach dem Fund der Leiche der jungen Frau, in der Polizeidirektion zu dem Fall befragte.

Demnach erklärte F., er habe das Opfer nie gesehen und auch sonst keine weiteren Beobachtungen gemacht. Als die Befragung bereits beendet war und F. freiwillig eine Speichelprobe abgegeben hatte, habe er plötzlich erklärt, er wolle noch etwas mitteilen, so der Zeuge.

„Für mich war die Sache da schon so gut wie erledigt.“ Es sei F. nicht anzumerken gewesen, dass er noch etwas loswerden wolle, er habe „äußerlich ruhig“ gewirkt.

Dessau: Angeklagter im Mordfall Yangjie Li soll Sex zu Dritt zugegeben haben

Dann ließ F. die Bombe platzen: Er habe erklärt, so der Beamte, Sex mit seiner Freundin und einer jungen Chinesin gehabt zu haben. Er sei sich nicht sicher, ob es sich dabei um die später getötete Frau gehandelt habe, nun habe er Angst, dass an der Leiche DNA-Spuren von ihm gefunden werden könnten.

Die Personenbeschreibung, die er dann abgab, traf nach Angaben des Zeugen genau auf das Opfer zu. Daraufhin brach der Polizist die Befragung ab und informierte seinen Vorgesetzten. Anschließend wurde F. als Beschuldigter weiter verhört und am Ende vorläufig festgenommen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 21-Jährigen und seiner gleichaltrigen mitangeklagten Lebensgefährtin vor, Yangjie Li vergewaltigt und getötet zu haben. Beide bestreiten das. In Vernehmungen gaben sie gegenüber der Polizei an, die  junge Frau habe bei dem Sex zu dritt freiwillig mitgemacht und anschließend die damalige Wohnung des Pärchens verlassen, in der man sich getroffen hatte.

Der als Zeuge geladene Polizist beschrieb F. als „emotionslos“  und  „arrogant“ während der Vernehmung, was ihm eine Beleidigung durch den Angeklagten eintrug: „Halt deine Fresse, Junge!“ rief F. in den Gerichtssaal. Zeugen hatten ihn bereits am Montag als schwierigen Charakter beschrieben.

Prozess im Mordfall Yangjie Li in Dessau: Mutter der Angeklagten sagt vor Gericht aus

Die Mutter seiner Lebensgefährtin Xenia I. sagte am Dienstag ebenfalls als Zeugin aus und  stützte diesen Eindruck: Sie sei nicht gut mit F. klargekommen, er habe sie oft angelogen, sagte sie. In der Beziehung mit ihrer Tochter habe meist er bestimmt. „Sie hat immer auf ihn gehört.“

Als die Frau auf dem Zeugenstuhl Platz nahm, setzte ihre Tochter auf der Anklagebank die Brille ab und senkte den Kopf. Sie wischte sich Tränen aus den Augen. (mz)

Der Angeklagte Sebastian F. wird in den Prozesssaal geführt.
Der Angeklagte Sebastian F. wird in den Prozesssaal geführt.
Lutz Sebastian