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Landtag Markus Kurze: Wieso der CDU-Mann mit seiner Rede die AfD begeisterte

Von Hagen Eichler 17.12.2016, 22:30
Sachsen-Anhalt Landtagsabgeordnete Markus Kurze (l) und Ulrich Thomas (beide CDU) sitzen im Plenarsaal vom Landtag Sachsen-Anhalt in Magdeburg.
Sachsen-Anhalt Landtagsabgeordnete Markus Kurze (l) und Ulrich Thomas (beide CDU) sitzen im Plenarsaal vom Landtag Sachsen-Anhalt in Magdeburg. dpa-Zentralbild

Magdeburg - Schon mit dem ersten Satz hat der Landtagsabgeordnete Markus Kurze die Aufmerksamkeit im Plenum ganz für sich. Die AfD, sagt Kurze, treffe mit ihrer Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk „einen ganz wunden Punkt“.

Ein Großteil der Bevölkerung habe wenig Verständnis für die Rundfunkbeiträge. Es ist ein Satz, der wunderbar in die Argumentation der AfD passt, die an diesem Freitag im Landtag die Rundfunkstaatsverträge kündigen möchte. Doch zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass Kurzes Rede in vielerlei Hinsicht denkwürdig ausfallen wird.

Markus Kurze (CDU) spricht am Freitag im Landtag (Quelle: Landtag Sachsen-Anhalt)

Der Abgeordnete aus Burg nennt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk den „teuersten der Welt“ - ein System, über das sich Klagen häuften, dessen Akzeptanz schwinde. Und er übernimmt die Beschwerde der AfD über „verzerrte“ Nachrichten. Ein ARD-Mann habe selbst eingeräumt, dass die Berichterstattung über Flüchtlinge falsch war, sagt Kurze: Man habe Bilder von Kindern gezeigt, obwohl 80 Prozent der Flüchtlinge junge Männer seien. Kurze ergänzt das mit einem donnernden Nachsatz: „Junge Männer, die normalerweise ihr Land aufbauen müssten!“

Bei Beifall aus den Reihen der Regierungskoalition für Markus Kurze

So triumphierend er das auch ausruft: Aus den Reihen der Regierungskoalition rührt sich keine Hand zum Beifall. Die Gesichter in der eigenen Fraktion sind versteinert. Die AfD hingegen klopft donnernd auf die Tische, sie jubelt.

Schon während Kurze den Weg zurück zu seinem Platz sucht, beginnt unter den Abgeordneten die Debatte über das, was sie gerade erlebt haben. Es geht um die Frage: Findet Kurze, dass 80 Prozent der Flüchtlinge nicht nach Deutschland gehören? Und, noch wichtiger: War Kurze bei dieser Aussage voll zurechnungsfähig?

CDU-Politiker Markus Kurze spricht undeutlich und wechselt zwischen Laut und Leise

Sicher ist: Der 45-Jährige sprach verwaschen, wechselte zwischen Laut und Leise, an mehreren Stellen gestikulierte er übertrieben stark. Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch warf mehrfach verzweifelte Blicke Richtung CDU. Und kaum hatte Kurze nach seiner Rede den Plenarsaal verlassen, debattierte die Fraktionsspitze in der ersten Reihe mit ernsten Mienen.

Jeder im Landtag weiß, dass sich die CDU-Fraktion  am Vorabend zu ihrer Weihnachtsfeier versammelt hatte. Die Linken-Abgeordnete Kristin Heiß fragte daher bald, ob Kurze nicht einen Glühwein zu viel hatte. „Einen Liter“ zu viel, wie sie ergänzt. „Peinlich und schlimm“ sei der Auftritt gewesen, „der CDU-Kollege hätte heute Zuhause bleiben sollen.“ Aus der Koalition kommen auf Nachfrage vielsagende Blicke. „Eine inhaltliche Kritik an Kurze verbietet sich angesichts seiner heutigen Form“, sagt einer.

CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt findet den Auftritt von Markus Kurze „unerfreulich“

CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt sagt auf Nachfrage, der Auftritt sei „unerfreulich“ gewesen. Er werde das in der Fraktion thematisieren. Kurze allerdings will nicht klein beigeben. „Ich habe das gesagt, was ich bei Freunden, Bekannten und Verwandten höre“, bekräftigt er auf MZ-Nachfrage. Man versuche, ihn als unzurechnungsfähig darzustellen. „Aber ich spreche hier für das Volk.“

Der frühere Landeschef der Jungen Union hat in der CDU-Fraktion eine herausgehobene Rolle. Nach der Landtagswahl im März rückte er auf den wichtigen Posten des Parlamentarischen Geschäftsführers auf.

Zudem fühlt sich Kurze als direkt gewählter Abgeordneter von seinen Wählern getragen. Gelegentlich verweist er darauf, dass er seinen Wahlkreis mit 1.700 Stimmen Vorsprung gewonnen habe - bei Fraktionschef Borgwardt waren es knappe 46 Stimmen. Kurze ist der Medienpolitiker seiner Fraktion. Für sie sitzt er seit 2003 in der Versammlung der Landesmedienanstalt, seit einem Jahr ist er deren Vorsitzender. (mz)