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Burka-Verbot Landtag Sachsen-Anhalt: Gesetz zur Vollverschleierung abgelehnt

Von Hagen Eichler 14.12.2016, 14:42
In wird es kein Verbot der Vollverschleierung geben
In wird es kein Verbot der Vollverschleierung geben dpa

Magdeburg - Die AfD-Fraktion, soviel steht schnell fest, ist entschlossen, ihren Spaß zu haben. Am Rednerpult im Landtag steht am Mittwoch ihr Vorsitzender André Poggenburg und zitiert genüsslich Angela Merkels Forderung nach dem Verbot der Gesichtsverschleierung. Jetzt, ruft Poggenburg unter dem Gelächter seiner Fraktion, jetzt könnten die CDU-Landtagsabgeordneten ihrer Parteichefin folgen und das Verbot durchsetzen. Man gebe ihnen die Chance, „sich etwas aus dem linksradikalen Koalitionskorsett zu zwängen“, sagt Poggenburg mit kaum versteckter Häme.

Poggenburg: „Ist Ihnen bewusst, dass Sie Ihre Parteilinie nicht vertreten?“

Die Christdemokraten stecken in der Klemme. Nur zu gern würden sie für das Verschleierungsverbot stimmen. Doch der Vorstoß stammt von der AfD - und die Koalitionspartner SPD und Grüne sind strikt dagegen. Der Altmärker Carsten Borchert muss den Spagat seiner Partei in Worte fassen. Er wägt Für und Wider, versucht den Konflikt zu umschiffen - am Ende muss er verkünden, dass die CDU nicht zustimmen wird.

Die AfD lässt sich von Borcherts betont leidenschaftsloser Rede nicht einlullen. „Ist Ihnen bewusst, dass Sie Ihre Parteilinie nicht vertreten?“, hakt Poggenburg nach und verweist auf Merkel. Borchert druckst herum. In der CDU gelte freie Meinungsäußerung, sagt er schließlich. Da dürfe sich auch die Parteivorsitzende äußern. Die AfD-Abgeordneten johlen - und selbst bei SPD und Grünen gelingt es nicht jedem, ernst zu bleiben. Der AfD-Abgeordnete Daniel Roi, gerade als Parlamentarischer Geschäftsführer entthront und frischgebackener Hinterbänkler, setzt den letzten Treffer, als er ein Statement der CDU-Fraktion aus dem August vorliest - damals hieß es, die Fraktion „begrüße“ ein Verbot.

„Was ist denn nun gehauen und gestochen?“, fragt Roi mit gespielter Ratlosigkeit. „Wir begrüßen sehr viel“, sagt Borchert, der sich in seiner Haut erkennbar unwohl fühlt. „Und dann prüfen wir, was wir umsetzen.“ In der CDU sacken einige vor Scham zusammen. Auf den Bänken der AfD herrscht ausgelassene Heiterkeit.

CDU-Fraktionsvize Eva Feußner sorgt für Überraschung in der Debatte

Für die Überraschung der Debatte sorgt CDU-Fraktionsvize Eva Feußner. Sie fühlt sich herausgefordert vom Argument linker, grüner und sozialdemokratischer Redner, Burkaträgerinnen gebe es in Sachsen-Anhalt kaum. Doch, widerspricht Feußner in einer Zwischenfrage an die Linken-Abgeordnete Henriette Quade. Eine Kita in ihrem Wahlkreis betreue auch Kinder von Burkaträgerinnen.

Quade zeigt sich verblüfft: „Sind Sie sicher?“ Im Saal herrscht ein Moment der Ratlosigkeit. Der SPD-Abgeordnete Jürgen Barth deutet Feußner durch Gestikulieren an, wie eine Burka aussieht, allein Feußner bleibt dabei. Sie will wissen: Wie sollen Erzieherinnen entscheiden, ob es tatsächlich die Mutter ist, die nachmittags das Kind abholt? „Ich sehe das Problem“, räumt Quade ein. Ein Verbot aber, warnt sie, werde nur dazu führen, dass solche Frauen die Wohnung überhaupt nicht mehr verließen.

Die acht anwesenden Minister und der Ministerpräsident ziehen es vor, emsig Akten zu bearbeiten - auch Innenminister Holger Stahlknecht, ein erklärter Unterstützer des Burkaverbots. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt wandert zwei Mal durch die hinteren Bänke seiner Fraktion - er muss heute sicherstellen, dass die CDU gemeinsam mit SPD und Grünen abstimmt.

Als es soweit ist, fällt das einigen sichtbar schwer. Der CDU-Agrarpolitiker Guido Heuer zögert einen Moment, bevor er mit hängendem Kopf die Stimmkarte hebt. Die Koalition stimmt geschlossen gegen den Gesetzentwurf der AfD.

Für diese ist auch das ein Erfolg. Die CDU sei die Partei der leeren Worte, urteilt Poggenburg nach der Debatte. „Das U in CDU steht nur noch für Unglaubwürdigkeit.“ (mz)