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Affäre in der evangelischen Kirche Sachsen-Anhalt: Pfarrer bietet online Sex mit Ex

Von Hagen Eichler 30.11.2016, 17:15

Salzwedel - Für die Polizisten hatte die Hausdurchsuchung eine ungewöhnliche Adresse: Ziel am Donnerstag der vorvergangenen Woche war das Kreiskirchenamt von Salzwedel.

Die Behörde ist Dienstleister für die evangelischen Gemeinden im Altmarkkreis Salzwedel, es geht dort um Bauen, Kitas und Finanzen. Die Beamten suchten allerdings nach Schmuddelkram - und wurden fündig. Von einem Kirchenrechner aus wurde eine Frau anderen Männern zum Sex angeboten.

Pfarrer bot Ex-Geliebte über Rechner aus dem Kreiskirchenamt von Salzwedel zum Sex an

Zwei Wochen später steht fest: Verdächtig ist nicht irgendein Beamter oder Angestellter der Kirche. Verdächtig ist ein Pfarrer. Das bestätigte Staatsanwalt Thomas Kramer auf MZ-Anfrage.

Die in der Sex-Annonce angebotene Frau ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft die ehemalige Geliebte des Geistlichen.

Ins Rollen kam die Affäre, als die Frau Anrufe von interessierten Männern bekam. Die Frau ging zur Polizei, die Staatsanwaltschaft versuchte, den Urheber der Annonce zu ermitteln. Im Raum stehe die Beteiligung an einem Verbrechen, sagt Staatsanwalt Kramer, „die Aufforderung zu einem Sexkontakt mit einer Frau, die das nicht will.“

Drei Gebäude lässt die Staatsanwaltschaft durchsuchen. Im Kreiskirchenamt hat sie Erfolg. Die Polizei kopiert Daten von einem Rechner, seither werden sie untersucht. „Ausgewertet werden die Logdaten“, sagt Kramer, „das wird auch noch einige Tage dauern.“

Die evangelische Kirche reagiert mit Bestürzung auf den Fall. „Das macht einen sehr betroffen, egal, um wen es sich handelt“, sagt Propst Christoph Hackbeil, Regionalbischof für den Sprengel Stendal-Magdeburg.

Der verdächtige Pfarrer hat sich zeitgleich mit der Durchsuchung krankgemeldet. Für seine Kirchengemeinde wird Ersatzpersonal organisiert: Pfarrer im Ruhestand springen ein, auch Salzwedels Superintendent Matthias Heinrich ist im Einsatz.

Juristisch sind der Kirche die Hände gebunden, betont Friedemann Kahl, Sprecher der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). „Die Ermittlungen laufen, es gibt bislang keine Anklage. Es gilt daher die Unschuldsvermutung.“

Sollte die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, würde auch das Landeskirchenamt in Erfurt ein Disziplinarverfahren eröffnen. Kahl betont, die Vorgeschichte des Mannes habe keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten gegeben. „Für uns ist das völlig überraschend.“

Pfarrer in Salzwedel gab heimliche Sex-Annonce im Internet auf

Bei der heimlichen Sex-Annonce könnte es sich um den Racheakt eines verlassenen Liebhabers handeln. Allzu viel technischen Sachverstand hat der Verdächtige nicht bewiesen. Denn wer Erotikportale besucht, hinterlässt elektronische Spuren. Sieht die Polizei Anhaltspunkten für Straftaten, kann sie rekonstruieren, wer sich wann auf welchem Rechner eingeloggt hat.

Die evangelische Kirche spielt in der westlichen Altmark eine deutlich größere Rolle als in anderen Teilen Mitteldeutschlands. Im Altmarkkreis Salzwedel gehört ihr jeder Vierte an. Im Kirchenkreis Halle-Saalkreis sind weniger als zehn Prozent der Bevölkerung evangelisch. Nach den jüngsten Zahlen sind im Kirchenkreis Salzwedel 27 Pfarrer im Einsatz. (mz)