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Mordfall Yangjie Li Mordfall Yangjie Li: So reagieren chinesische Reporter auf das Verbrechen

Von Lisa Garn 26.11.2016, 09:00
Großer Medienandrang im Gerichtssaal. Es sind weitere 18 Verhandlungstage angesetzt.
Großer Medienandrang im Gerichtssaal. Es sind weitere 18 Verhandlungstage angesetzt. Lutz Sebastian

Dessau - Die Details sind schwer zu ertragen. Als die Staatsanwaltschaft die Anklage verliest, den möglichen Tatablauf schildert und die massiven Verletzungen der jungen Frau, wird es manchem im Saal des Landgerichts schlecht.

Der erste Prozesstag im Mordfall Yangjie Li war nach 50 Minuten schnell vorbei. Die Anklage wurde verlesen mit ungewöhnlich vielen Details zum Tathergang, die beiden Angeklagten äußerten sich nicht.

Tiefes Mitgefühl für die Eltern von Yangjie Li

Die Eindrücke hallten noch auf den Fluren nach. „Es ist zu ekelhaft, einiges werde ich nicht schreiben können“, sagt Lei Zhou. Der 34-Jährige betreibt einen Blog auf chinesisch, in dem er nicht nur alle deutschen Medien-Berichte übersetzt und zusammengefasst hat, sondern auch selbst Interviews führte.

Er arbeitet freiberuflich als Dolmetscher, Tourguide und Journalist und hatte sich für Freitag freigenommen, um aus Berlin nach Dessau zu reisen. So umfassend und genau wie möglich will er Chinesen in Deutschland und im Heimatland informieren.

Aus Interesse, aber auch aus Pflichtgefühl. „Eine Chinesin wurde in Deutschland so grausam vergewaltigt und umgebracht. Das ist noch nie passiert und es gibt ein sehr großes Interesse an Informationen.“

Es leben viele Chinesen hier, sagt Lei Zhou, sie habe diese Tat mitgenommen. „Sie wollen so viel wie möglich wissen.“

Deshalb konnte er irgendwann den Blog nicht einfach beenden. Auch Lei Zhou hat um Yangjie Li getrauert. Als wenige Wochen nach dem Mord deutschlandweit Gedenkveranstaltungen stattfanden, war er bei jener in Berlin.

„Wir wollten bei einer ruhigen friedlichen Veranstaltung Abschied nehmen. Ich bin zwar in Deutschland geboren, aber ich fühle durch meine Herkunft eine große Nähe.“

Tiefes Mitgefühl hat Yiyuan Zhou für die Eltern der ermordeten Yangjie Li. Sie berichtet vom Prozess für New Tang Dynasty Television mit Hauptsitz in New York.

Familie von Yangjie Li will nicht nach Dessau kommen

„In China haben die meisten nur ein Kind. Die Eltern haben ihr einziges Kind verloren. Ich kann nur hoffen, dass sie diese schwere Zeit überstehen und das irgendwie verarbeiten können.“

In China gebe es eine Art Spruch, in dem die traurigsten Dinge aufgeführt sind, die Menschen geschehen können: „Dass man als junger Mensch die Eltern verliert, dass man im mittleren Alter den Partner verliert oder als älterer Mensch das eigene Kind. Was die Eltern durchleiden müssen, das können wir uns alle gar nicht vorstellen. Wie sollen sie weiter leben?“

Vielleicht sei es gut, dass die Familie Yangjie Lis weit weg von Dessau ist, von diesem Verfahren, in dem immer wieder furchtbare Details zur Sprache kommen werden, von der Stadt, in der ihr Kind umgebracht worden ist.

Deutschland gilt bei Chinesen als sicher und friedlich

Der Mord hat Yiyuan Zhou zugesetzt, seit die erste Nachricht dazu veröffentlicht wurde. Die Einzelheiten zum möglichen Tathergang und zu dem Martyrium von Yangjie Li haben ihr am Freitag den Hals zugeschnürt. Sie konnte teilweise kaum mehr mitschreiben.

„Es ist so barbarisch, so grausam, wie man es nicht fassen kann. Der Prozessbeginn wird bei vielen Chinesen eine neue Erschütterungswelle hervorrufen. Dass so etwas trauriges in Deutschland passiert, ist für viele unglaublich.“

Das Land gelte bei den Chinesen als sicher und friedlich, sogar sicherer als andere Länder in Europa. Es habe einen guten Ruf. „Die Kinder werden hierher geschickt, damit sie studieren, andere ziehen nach Deutschland.“

Gerechtigkeit für Yangjie Li

Durch den Mord sei ein Prozess in Gang gesetzt worden. „Einige machen sich Sorgen und haben Befürchtungen, ob sie oder ihr Kind in dieses Land kommen sollten.“

Yiyuan Zhou hofft auf Gerechtigkeit. „Sollte die Tat nachgewiesen werden, müssen die Angeklagten die angemessene Strafe bekommen. Und dann muss es auch darum gehen, ob nach einer so grausamen Tat überhaupt wieder die Freiheit stehen kann.“

(mz)

Blogger Lei Zhou
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