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Nach Menschenknochenfund in Frankleben Menschenknochenfund in Frankleben: Puzzeln in der Rechtsmedizin - War es ein Verbrechen?

Von Dirk Skrzypczak 08.11.2016, 10:32
Nein, das sind nicht die Menschenknochen von Frankleben. Carolin Richter schaut sich Tierknochen an. Im Institut für Rechtsmedizin mit seinen Standorten in Halle und Magdeburg arbeiten unter anderem zehn Fachärzte.
Nein, das sind nicht die Menschenknochen von Frankleben. Carolin Richter schaut sich Tierknochen an. Im Institut für Rechtsmedizin mit seinen Standorten in Halle und Magdeburg arbeiten unter anderem zehn Fachärzte. Peter Wölk

Frankleben/Halle (Saale) - Hinter den gelben Backsteinmauern im Franzosenweg in Halle soll das Rätsel um die Menschenknochen aus Frankleben gelüftet werden. Ende September waren die Skelett-Teile in einer Gartenanlage beim Graben entdeckt worden. Und seitdem fragt sich nicht nur Gartenpächterin Christine Haase, ob sie bei der geplanten Vergrößerung des Teiches möglicherweise einem Verbrechen auf die Spur gekommen ist.

„Wir werden die Knochen untersuchen, sind aber nicht dazu gekommen“, sagt Professor Rüdiger Lessig, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Halle. Je nach Dringlichkeit und Tagesgeschäft werde man mit der Analyse beginnen. Und die Dringlichkeit steht im Fall von Frankleben nicht auf Platz eins der Prioritätenliste des Instituts. „Pro Jahr bearbeiten wir zwischen 20 und 30 solcher Fälle“, erklärt Lessig.

Knochen in der Asservatenkammer

Noch lagern die Knochen in der Asservatenkammer des Instituts. Carolin Richter, Fachärztin für Rechtsmedizin, erläutert der MZ, wie die Spezialisten bei ihrer Untersuchung vorgehen. „Eines kann ich gleich sagen. So wie im Fernsehen funktioniert es nicht. Je weniger Material wir zur Verfügung haben, desto weniger erfahren wir auch über die jeweilige Person“, erzählt sie.

In Frankleben sollen Knochen von möglicherweise bis zu drei Personen gefunden worden sein, die etwa 1,20 Meter tief in der Erde lagen. „Wie bei einem großen 3-D-Puzzle werden die Funde verglichen. Dann wissen wir, ob wir es tatsächlich mit mehreren Verstorbenen zu tun haben“, sagt die Ärztin. Zunächst werden die Knochen aber gereinigt und nach Beschädigungen untersucht. Frische Bruchstücke erkenne man an den relativ hellen und scharfkantigen Bruchenden.

Bestimmung des Geschlechts

Für die Bestimmung des Geschlechts gibt der Schädel Auskunft. Die Wülste über der Augenbrauenpartie sind bei Männern stärker ausgeprägt. Auch die Muskelansätze an Knochen liefern Hinweise. Verknöcherungen lassen zudem Rückschlüsse auf das ungefähre Alter der Person zu. „Aber auch hier können wir nur eine Zeitspanne angeben“, sagt Richter. Zwei Fragen sind besonders interessant: Wurden die Toten Opfer einer Straftat? Und wie lange liegen die Knochen in der Erde?

„Wir suchen an den Funden nach Spuren von Verletzungen. Es ist natürlich möglich, einen Menschen zu töten, ohne Beschädigungen etwa an Rippen oder der Wirbelsäule zu hinterlassen. Aber zumeist entdecken wir in solchen Fällen doch Hinweise auf Gewalteinwirkungen“, so Richter. Allerdings sei es schwierig, zu sagen, ob Verletzungen tödlich waren - wenn nur Knochenmaterial zur Verfügung steht.

Bestimmung der Liegezeit

Für die Bestimmung der Liegezeit wird indes die Dichte der Knochenstruktur gemessen. Je älter die Knochen sind, desto leichter werden sie. Weitere Anhaltspunkte liefert der Proteingehalt in den Knochen. Mit UV-Licht werden Schnittflächen auf ihre fluoreszierenden Eigenschaften überprüft. Anhand von Tabellen lässt sich damit dann die Liegezeit bestimmen.

Für die Rechtsmedizin ist die Grenze von 50 Jahren entscheidend. Werden die Funde jünger datiert, bleibt das Institut zuständig. Sind die Überreste älter, wird der Fall an Archäologen abgegeben. Was für Frankleben zutrifft, kann derzeit niemand sagen. (mz)

So sehen die Knochen aus, die in einem Garten in Frankleben gefunden worden. Sie hatten 1,20 Meter unter der Erdoberfläche gelegen.
So sehen die Knochen aus, die in einem Garten in Frankleben gefunden worden. Sie hatten 1,20 Meter unter der Erdoberfläche gelegen.
Peter Wölk